Angst
sich im Bereich Ausführung um einen der Handelsbildschirme. Der Quant, der davorsaß, räumte seinen Schreibtisch, damit sie einen besseren Blick auf den Monitor hatten.
»Das ist also unser VIXAL -4 in Aktion«, sagte Hoffmann. Er trat einen Schritt zurück, damit die Investoren näher an das Terminal herantreten konnten. Er blieb stehen, damit keiner seine Kopfverletzung sehen konnte. »Der Algorithmus wählt die Trades aus. Die offenen Orders stehen im Fenster links, die ausgeführten Orders rechts.« Er beugte sich etwas vor, um die Zahlen lesen zu können. »Hier zum Beispiel«, sagte er. »Das sind …« Er stutzte. Der Umfang des Trades überraschte ihn. Einen Moment lang glaubte er, die Dezimalstelle wäre verrutscht. »Hier sehen Sie, dass wir eineinhalb Millionen Verkaufsoptionen für Accenture zu zweiundfünfzig Dollar das Stück haben.«
»Wow«, sagte Easterbrook. »Ganz schön happige Wette auf eine Short-Position. Wisst ihr was über Accenture, was wir nicht wissen?«
»Steuerlicher Gewinn im zweiten Quartal um drei Prozent gesunken«, ratterte Klein aus dem Gedächtnis herunter. »Einnahmen sechzig Cent pro Aktie: nicht großartig, aber ich verstehe die Logik der Position nicht.«
»Nun ja«, sagte Quarry. »Irgendeine Logik wird schon dahinterstecken, sonst hätte sich VIXAL die Optionen nicht gesichert. Zeig ihnen einen anderen Trade, Alex.«
Hoffmann zeigte auf einen anderen Bildschirm. »Okay. Hier – können Sie es alle sehen? –, hier ist eine andere Short-Position, die wir uns heute Morgen gesichert haben: zwölfeinhalb Millionen Verkaufsoptionen für Vista Airways zu 7,28 Euro das Stück.«
Visa Airways war eine umsatzstarke Billigfluglinie, auf die keiner der Anwesenden auch nur im Traum getippt hätte.
»Zwölfeinhalb Millionen?«, wiederholte Easterbrook. »Ganz schön fetter Brocken vom Markt. Eure Maschine hat wirklich Nerven wie Drahtseile, das muss man ihr lassen.«
»Ach was, Bill«, sagte Quarry. »So groß ist das Risiko nun auch wieder nicht. Aktien von Fluglinien sind heutzutage alle fragil. Mit der Position kann ich wirklich ruhig schlafen.« Aber er klang defensiv. Auch er hatte gesehen, dass die europäischen Märkte stiegen, dachte Hoffmann: Wenn eine technische Erholung über den Atlantik schwapp te, konnten sie von einer anschwellenden Flut erfasst werden und würden am Ende die Optionen mit Verlust verkaufen müssen.
»Vista Airways hatte im letzten Quartal zwölf Prozent Passagierzuwachs und eine nach oben korrigierte Gewinnerwartung von neun Prozent«, sagte Klein. »Außerdem haben die sich gerade erst einen neuen Flugzeugpark angeschafft. Den Sinn dieser Position verstehe ich auch nicht.«
»Wynn Resorts«, las Hoffmann vom nächsten Schirm ab. »Eine Zwei-Millionen-Short-Position zu 124.« Er runzelte verwirrt die Stirn. Diese gewaltigen Einsätze auf sinkende Kurse widersprachen dem üblichen komplexen Muster der von VIXAL gesteuerten Trades.
»Also dieser Trade verblüfft mich nun wirklich«, sagte Klein. »Die hatten im ersten Quartal ein Wachstum von 740 Millionen auf 909 Millionen mit einer Bardividende von fünfundzwanzig Cent pro Aktie. Außerdem haben sie dieses fabelhafte neue Resort in Macau. Das ist praktisch eine Lizenz zum Gelddrucken, die haben da allein an den Spieltischen im ersten Quartal zwanzig Milliarden umgesetzt. Darf ich mal?« Ohne die Erlaubnis abzuwarten, beugte er sich neben Hoffmann nach vorn, nahm die Maus und fing an, durch die aktuellen Trades zu klicken. Sein Anzug roch wie eine ganze Trockenreinigung. Hoffmann musste den Kopf abwenden. »Procter & Gamble, sechs Millionen Short-Positionen zu 62 … Exelon, drei Millionen Short-Positionen zu 41,50 … Plus die Optionen … Scheiße, Hoffmann, kracht da bald ein Asteroid auf die Erde, oder was?«
Sein Gesicht klebte förmlich am Bildschirm. Er zog ein Notizbuch aus der Innentasche und fing an, Zahlen aufzuschreiben, worauf Quarry die Hand ausstreckte und ihm das Büchlein geschickt aus der Hand zog. »Ezra, wie unartig«, sagte er. »Sie wissen doch, das ist ein papierloses Büro.« Er riss die Seite heraus, knüllte sie zusammen und steckte sie in die Tasche.
»Eine Frage, Alex«, sagte François de Gombart-Tonnelle, Elmiras Liebhaber. »Bei der Ausführung so großer Short-Positionen, muss da der Mensch noch eingreifen, oder erledigt das der Algorithmus selbstständig?«
»Selbstständig«, sagte Hoffmann. Er löschte die Ein zelheiten der Trades vom Bildschirm. »Erst
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