Angst
viel?«
»Ich weiß es nicht. Kommt drauf an, wie man rechnet.«
»Versuch’s mal. Irgendeine Zahl.«
»In Dollar? Über den Daumen? Ich weiß es wirklich nicht. Eine Milliarde, vielleicht auch zweihundert Millionen mehr.«
»Eine Milliarde Dollar? Über den Daumen? « Einen Augenblick lang war sie zu verblüfft, um ein Wort herauszubringen. »Weißt du, was? Vergiss es. Es ist vorbei. Was mich angeht, will ich nur noch eins: raus aus dieser beschissenen Stadt, in der kein Mensch sich um irgendwas anderes schert als um Geld.«
Sie drehte sich um.
»Was ist vorbei?« Wieder packte er sie am Arm, doch diesmal kraftlos, ohne Überzeugung. Sie fuhr herum und schlug ihm ins Gesicht. Nicht hart, es war nur ein warnender, symbolischer Klaps, aber er ließ sie sofort los. Nie zuvor war etwas Derartiges zwischen ihnen vorgefallen.
»Mach das nie wieder!«, fuhr sie ihn wütend an und stieß mit dem Zeigefinger in Richtung seines Gesichts. »Fass nie wieder so meinen Arm an!«
Das war es. Sie drehte sich um und war weg. Mit schnellen Schritten ging sie die Straße hinunter und verschwand um die nächste Ecke. Hoffmann stand da, hielt sich die Backe und konnte die Katastrophe, die so blitzartig über ihn hereingebrochen war, nicht begreifen.
Leclerc hatte gemütlich in seinem Wagen gesessen und alles beobachtet. Das Geschehen hatte sich vor seinen Augen wie ein Film in einem Autokino abgespult. Jetzt drehte sich Hoffmann langsam um und ging zur Galerie zurück. Er unterhielt sich kurz mit einem der beiden Bodyguards, die mit verschränkten Armen vor dem Eingang standen, und machte dann eine matte Handbewegung, die offenbar bedeutete, dass der Angesprochene seiner Frau folgen solle. Der Bodyguard machte sich auf den Weg. Dann ging Hoffmann mit dem anderen Bodyguard hinein. Durch das große Fenster konnte Leclerc genau sehen, was nun geschah. Die Galerie war inzwischen fast leer. Hoffmann ging zu Bertrand und fing an, ihn zu beschimpfen. Er zog sein Handy aus der Tasche und fuchtelte damit vor dem Gesicht des Galeriebesitzers herum. Bertrand warf die Hände in die Luft, Hoffmann packte ihn am Revers seines Jacketts und stieß ihn gegen die Wand.
»Herrgott, und was jetzt?«, brummte Leclerc. Er sah, dass Bertrand sich dem Griff Hoffmanns zu entwinden versuchte und dass Hoffmann Bertrand mit ausgestrecktem Arm festhielt, bevor er ihn abermals wegstieß, diesmal schon gröber. Leclerc fluchte leise, öffnete die Wagentür und stieg aus. Die Knie taten ihm weh. Während er mit ungelenken Schritten die Straße überquerte, grübelte er zum wiederholten Mal über sein hartes Schicksal nach: dass er sich kaum noch an seinen Fünfzigsten erinnern konnte und schon hart auf die sechzig zuging und sich immer noch mit solchen Sachen herumschlagen musste.
Als Leclerc die Galerie betrat, hatte Hoffmanns massiger Bodyguard zwischen seinem Auftraggeber und dem Galeriebesitzer Stellung bezogen. Bertrand strich sich das Jackett glatt, und währenddessen schleuderten sich die bei den Kontrahenten lautstark Beleidigungen an den Kopf. Hinter ihnen starrte der hingerichtete Mörder teilnahmslos geradeaus.
»Meine Herren«, sagte Leclerc. »Ich darf doch sehr bitten.« Er zeigte dem Bodyguard seinen Dienstausweis. Der schaute erst den Ausweis und danach Leclerc an und verdrehte dann ganz leicht die Augen. »Also wirklich, Doktor Hoffmann. Ist das eine Art, sich zu benehmen? Nach allem, was Sie heute durchgemacht haben, würde ich Sie nur ungern festnehmen. Aber wenn Sie mir keine Wahl lassen … Also, was ist hier los?«
»Meine Frau ist außer sich«, sagte Hoffmann. »Und zwar deshalb, weil dieser Herr sich aufgeführt hat wie ein ausgewachsener Volltrottel …«
»Das ist doch …«, mischte Bertrand sich ein. »Ausgewachsener Volltrottel? Ich habe alle ihre Werke verkauft, am ersten Tag ihrer ersten Ausstellung, und dafür fällt der Kerl jetzt über mich her.«
»Ich will nur eins«, schrie Hoffmann mit einer Stimme, die – so Leclercs Eindruck – jeden Augenblick ins Hysterische umkippen konnte. »Ich will die Kontonummer des Käufers.«
»Und ich habe ihm gesagt, dass das überhaupt nicht infrage kommt. Das sind vertrauliche Informationen.«
Leclerc wandte sich wieder an Hoffmann. »Warum ist die Kontonummer so wichtig?«
»Irgendwer ist eindeutig darauf aus, mich zu vernichten«, sagte Hoffmann, der sich bemühte, seine Stimme im Zaum zu halten. »Ich habe die Nummer eines Bankkontos, über das ein Buch bezahlt wurde, das
Weitere Kostenlose Bücher