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Angstblüte (German Edition)

Angstblüte (German Edition)

Titel: Angstblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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zweiten …
    Die zweite Telefonistin: 30   000.
    Amadeus: Der meint es ernst. 35   000.
    Die zweite Telefonistin: 50   000.
    Amadeus: Ich kapituliere.
    Gundi: Fragen Sie, ob wir den Namen nennen dürfen.
    Cécile nimmt den Hörer.
    Cécile: Dürfen wir Ihren Namen hier mitteilen?
    Sie erfährt den Namen.
    Cécile: Lambert Trautmann.
    Gundi: Diego!!
    Amadeus: Das hätte ich mir denken können.
    Gundi: Er bekommt den Schmuck. Nach der Bezahlung.
    Die Frauenstimme hat wieder den Höhepunkt erreicht und bricht ab.
    Gundi: Cécile, bitte.
    Cécile hat versäumt nachzuschenken.
    Gundi: Meine Damen und Herren, das ist das Risiko der Live-Sendung. Und Sie wissen, daß ich ohne dieses Risiko mit Fernsehen überhaupt nichts zu tun haben möchte. Entweder – oder. Ja, lieber Amadeus Stengl, es tut mir leid. Ich fasse mich jetzt gleich wieder. Zum Wohl.
    Amadeus: Wir trinken auf den Herrn des Armbands und der Perle.
    Gundi: Auf den trinken wir!
    Sie trinken.
    Gundi: Du weißt, die Sage meldet, Aphrodite sei aus dem Schaum entstanden, der sich bildete, als Kronos den Penis seines Vaters Uranos, den er mit der Sichel abgesäbelt hatte, ins Meer warf.
    Amadeus: Ich weiß im Augenblick nicht, ob ich das gewußt habe. Ob ich das gewußt haben will.
    Gundi: Natürlich willst du das nicht gewußt haben. Das sind die Schönheitskosten der Frau. Bei Apollon hat genügt, daß eine leidende Leto auf Delos die heilige Palme berührte, und der universale Junge war da.
    Amadeus: Ja, gut, also, Frauen sind teurer.
    Gundi: Auf so einen Kalauer gehört: Und Männer billiger. Ich entschuldige mich. Bei Ihnen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich muß Ihnen doch Professor Amadeus Stengl präsentieren. Und ich will ihn so präsentieren, wie er noch in keiner seiner unzähligen Talk-Shows präsentiert worden ist. Ich habe es bis zu diesem Augenblick geschafft, nicht ganz, aber fast geschafft, daß er keine Witze macht. Er ist berühmt für seine Witze. Seine Schlagfertigkeit. In seinen Kreisen heißt er: Der Formulierer. Also bitte, Amadeus.
    Amadeus: Ja was, bitte, wird verlangt?
    Gundi: Keine Witze!
    Amadeus: Den lieb ich, der Unmögliches begehrt.
    Gundi: Und keine Zitate.
    Amadeus: Also ohne alles.
    Gundi: Nackt.
    Amadeus: Nackt und keine Witze, Gundi, das ist Porno total.
    Gundi: Porno mental.
    Amadeus: Ich bin schüchtern.
    Gundi: Ich habe zu kleine Hände.
    Amadeus: Du kannst mir ruhig sagen, ob du auch schüchtern bist.
    Gundi: Kein Mensch ist glaubwürdig, wenn er sagt, er sei schüchtern oder er sei nicht schüchtern. Das zu beurteilen steht nur anderen zu.
    Amadeus: Dann sag doch, ob ich schüchtern bin.
    Gundi: Ich habe mein ganzes Leben lang darunter gelitten, daß ich zu kleine Hände habe.
    Amadeus: Kein Mensch ist glaubwürdig, wenn er sagt, er habe zu kleine Hände.
    Gundi: Eben doch. Das läßt sich nämlich schlicht sehen, da schau!
    Amadeus: Eben nicht. Ob klein oder nicht klein, läßt sich sehen. Nicht aber, ob zu klein! Das zu beurteilen steht nur anderen zu.
    Gundi: Gib mir deine Hand. Eine. Die rechte oder die linke, egal.
    Amadeus: Beide!
    Gundi: Eine!!
    Amadeus: Was für eine Stimme!
    Gundi: Was für eine Hand! Du hast so viel größere Hände.
    Sie hat jetzt seine beiden Hände.
    Gundi: Könntest du einmal etwas Lautes sagen? Wenn du jetzt sagst, dir fällt nichts ein, was laut, sehr laut gesagt werden kann, gesagt werden muß, dann hören wir auf, dann ist die Sendung gelaufen, und Professor Amadeus Stengl, der Formulierer, der informierteste Wirtschaftsjournalist der Republik, kann seines Weges ziehen, quer durch alle Talk-Shows der Welt.
    Amadeus (sehr leise): Ich würde jetzt am liebsten eine rauchen.
    Gundi holt unter dem Tisch ihr berühmtes Etui heraus, bietet ihm eine an. Sagt aber: Ich habe das Rauchen öffentlich aufgegeben. Vor einer Million Zeugen.
    Amadeus: Dann kannst du es öffentlich, vor einer Million Zeugen, wieder anfangen.
    Er nimmt ihr das Etui aus der Hand, hält es ihr hin. Er zündet ihre und seine Zigarette an. Sie gehorcht nicht.
    Amadeus: Ohne dich rauch ich nicht.
    Gundi: Ich ohne dich auch nicht.
    Amadeus: Laß mich dein Verehrer sein.
    Gundi: Du bist ein berühmter Wirtschaftsjournalist.
    Amadeus: Das gebe ich zu.
    Gundi: Das Wirtschaftliche hat jetzt eine Bedeutung wie im Mittelalter die Religion.
    Amadeus: Das Wirtschaftliche ist jetzt die Religion.
    Gundi: Wenn das der Bischof hört.
    Amadeus: Der weiß das.
    Gundi: Hast du keine Angst?
    Amadeus: Doch. Als gemeldet wurde, daß die

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