Angstfalle
wurde der Film: Wir sind keine Engel ausgestrahlt – auch ein Klassiker, der Trixi große Freude machte. So konnte sie den Heiligabend gut überstehen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, sah sie, dass es wieder geschneit hatte. Im Wohnzimmer zog Trixi die Rollläden hoch. Sie warf einen Blick hinunter in den Hof. Der Nikolaus war weg – und somit wieder ein Beweisstück. Aber damit nicht genug. Der Schneemann stand wieder da. Wieder trug er den schwarzen Zylinder, wieder war er mit der Plastiksense durchbohrt und die Rosenblätter hinterließen den Eindruck einer Blutlache.
Wütend stapfte sie in Hausschuhen und Pyjama durch den hohen Schnee in den Hof. Ihr erster Kontrollgang führte zur alten Kellertür. Tatsächlich. Sie stand offen. Die Holzkiste war leer. Von nun an musste sie effektiver vorgehen. Sie zerstörte den Schneemann, legte Sense und Zylinder zur Seite, und beschloss zur Polizei zu gehen, was in Schlafanzug und Hausschuhen allerdings nicht ratsam wäre. Schnatternd vor Kälte eilte sie hinein, und zog sich an.
Als sie das Haus verließ, war nichts mehr da. Wie versteinert stand sie da. Wie war das möglich? Endlich hätte sie etwas vorweisen können, was diesem grausamen Spuk ein Ende bereitete – nun war diese Hoffnung auch wieder zunichte. Wurde sie auf Schritt und Tritt beobachtet? Der Gedanke war so schrecklich, dass sie trotz ihrer warmen Kluft zu zittern begann.
5
Am Morgen hatte Anke den Eindruck, sie seien eingeschneit. Die Scheibe war fast vollständig mit einer Schneeschicht bedeckt. Das Zimmer wirkte dunkel, obwohl es schon Tag war.
»Gab es einen Schneesturm?«
»Nein! Der Wind hat den Schnee gegen die Scheibe gedrückt. Deshalb sieht es so aus. Aber keine Sorge, sonst ist alles wie immer«, antwortete Martha schmunzelnd.
Zufrieden zog Anke sich an. Es fiel ihr immer schwerer die Strümpfe über ihre Füße zu ziehen. Deshalb blieb sie dabei liegen und ließ sich Zeit. Als sie die Küche betrat, saßen Kullmann und Martha schon beim Frühstück. Es duftete verlockend nach Kaffee. Seit einigen Monaten konnte sie das belebende Getränk wieder genießen. Die Zeit, als allein schon der Geruch Übelkeit in ihr auslöste, war schrecklich für sie. Ohne Kaffee wurde sie gar nicht richtig wach. Sie freute sich über den reichlich gedeckten Frühstückstisch und die beiden frohgelaunten Menschen, die dort saßen.
Schwerfällig ließ sie sich auf das Sofa sinken.
»Ach, tut das gut«, ächzte sie. »Ich fühle mich wie hundert.«
Bis zum Nachmittag saßen sie am Tisch und redeten. Martha erzählte von vergangenen Weihnachtsfesten. Das war so unterhaltsam, dass niemand bemerkte, wie schnell die Zeit verging. »Wie hast du früher gefeiert?«, fragte Kullmann.
»Als Einzelkind hat man wenig Unterhaltung.«
»Aber man steht im Mittelpunkt«, überlegte Martha.
»Bei meiner Oma drehte sich immer alles um mich, das stimmt«, erinnerte sich Anke wehmütig. »Ich war immer bei ihr, wenn meine Eltern auf Dienstreise waren. Aber leider war sie schon sehr alt. Als sie starb, änderte sich einiges für unsere Familie. Meine Mutter konnte Vater nicht mehr begleiten, sondern musste bei mir bleiben. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ihr das leicht fiel.«
Kullmann und Martha schwiegen. Was hätten sie auch dazu sagen sollen?
Martha unterbrach die Stille: »Ich werde mich endlich um unser Weihnachtsessen kümmern. Oder wollt ihr heute Abend fasten?«
»Oh nein!«
»Auf keinen Fall.«
Kullmann verschwand für kurze Zeit im Nachbarzimmer. Als er zurückkehrte, hielt er eine gestopfte Pfeife in seiner Hand.
Anke schaute ihn erstaunt an und fragte: »Seit wann rauchst du?«
»Manchmal muss ich meinen Lastern frönen«, grinste er. »Du wirst gleich merken, wie gut dieser Tabak duftet.«
Er sollte recht behalten.
»Das ist wie ein Joint. Gleich bin ich high.«
Kullmann lachte verschmitzt.
Der Abend begann mit einem guten Essen. Martha hatte Hühnerfrikassee gekocht, vorher gab es Suppe, danach das köstliche Fleisch in Pasteten mit Reis und Kartoffeln. Als Nachspeise tischte sie Tiramisu ohne Alkohol auf.
Die Harmonie in diesem Haus begeisterte Anke immer wieder. Hier fiel kein lautes, unbedachtes Wort, es gab keinen Vorwurf, kein Drängen. Wann hatte sie sich einmal so wohl gefühlt?
Während Martha die Küche aufräumte, setzte Kullmann sich Anke gegenüber und stopfte seine Pfeife erneut.
»Du frönst deinem Laster mit Leidenschaft.«
»Ja! Das ist für mich die einzige
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