Angstfalle
Der Anblick des kräftigen, gesunden Grüns tat ihr gut und lenkte sie ab. Sorgfältig goss sie jedes einzelne Gewächs nach seinen Bedürfnissen, mal viel Wasser, mal wenig, entfernte welke Blätter, sodass sie noch gesünder und schöner aussahen.
Nachdem sie alle versorgt hatte, überfiel sie wieder ihre Trauer. In jedem Zimmer, das sie betrat, sah sie Käthe, wie sie lachte, wie sie die Weihnachtsdekorationen befestigte oder wie sie das Buch über Stalker in den Händen hielt – das Buch, das ihr zum Verhängnis werden sollte, weil Trixi meinte es unbedingt an Silvester abgeben zu müssen. Es gab keinen Winkel in diesen Zimmern, der nicht an die Freundin erinnerte.
Da klingelte es an der Tür. Kurz darauf standen zwei Kriminalbeamte im Flur.
»Ich bin Hauptkommissar Forseti, das ist Oberkommissar Erik Tenes«, stellte der Ältere von beiden vor. Warum tat er das? Trixi erinnerte sich noch an die Namen. Schließlich litt sie nicht an Alzheimer, sondern trauerte um ihre Freundin.
Die beiden Beamten folgten ihr ins Wohnzimmer.
»Ihre Freundin wurde vor dem Kellereingang ermordet und dann in den Keller geschleppt. Die Spuren vor dem Haus waren für das bloße Auge nicht zu erkennen, weil der Täter sie mit frischem Schnee verdeckt hat. «
Trixi spürte einen Kloß im Hals.
»Was hatte Ihre Freundin in der Dunkelheit vor Ihrem Haus gemacht?«
»Wir waren verabredet. Sie wollte mich zu Hause abholen, aber ich hatte in der Stadt meinen Bus verpasst, deshalb kam ich zu spät.«
»Das bedeutet, dass Ihre Freundin auf Sie gewartet hat?«
Trixi nickte.
»Wie lange?«
»Ich traf ungefähr eine Viertelstunde später als verabredet ein.«
»Das war genügend Zeit, die Spuren zu verwischen«, sprach Forseti leise zu Erik Tenes.
»Vermutlich hat der Täter erst nach genauem Hinsehen festgestellt, dass er die Falsche erwischt hatte«, schaltete sich Trixi ein.
»Nicht so hastig«, besänftigte Forseti die junge Frau.
Eine Weile herrschte Stille, bis er fragte: »Warum sollte Ihnen jemand nach dem Leben trachten? Sie führen ein alltägliches Leben, gehen einer normalen Arbeit nach und besitzen keine Reichtümer. Wir müssen jeder Spur, jedem Hinweis nachgehen, um den Täter zu fassen. Bei unseren Ermittlungen wäre ein Motiv sehr hilfreich.«
»Ich werde seit Monaten verfolgt. Es gab eine Todesdrohung, aber das müssten Sie ja wissen. Ich bin zur Polizei gegangen, wurde aber nicht ernst genommen.«
»Das stimmt so nicht! Alle Anzeigen werden bei uns erfasst. Egal bei welcher Polizeidienststelle sie eingehen«, korrigierte Forseti.
»Sein Motiv ist mir selbst nicht klar. Einerseits lädt er mich zum Essen ein, erzählt mir, dass ich die Frau seines Lebens bin und andererseits will er mich töten. Ich befürchte, ein Stalking-Opfer zu sein. Das alles habe ich Kriminalkommissar Diez schon gesagt. Anstatt zu helfen, hat er mich für verrückt erklärt.«
»Das haben wir überprüft. Sie sprachen von einem Schneemann. Bei uns gehen ständig Anzeigen ein, die sich am Ende als schlechte Scherze herausstellen. Für meinen Mitarbeiter klang Ihre Anzeige leider nicht glaubwürdig. Dass das eine Fehleinschätzung war, tut uns leid. Trotzdem muss ich klarstellen, dass es uns schwer fällt, aus Ihren Angaben etwas Stichhaltiges zu entnehmen!«
»Sehr witzig«, murrte Trixi. »Wer hinter diesen Drohungen steckt, habe ich Ihrem Kollegen auch erzählt!«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie den Mann, gegen den sich Ihre Anzeige richtet, für den Mörder Ihrer Freundin halten?«
»Genau das«, wurde Trixi immer aufgeregter. »Es ist Roland Berkes. Er arbeitet für den Internationalen Paketdienst und beliefert regelmäßig unseren Friseursalon. Vor einigen Monaten fing er damit an, mir Avancen zu machen, mich zu belästigen, mich immer wieder zum Essen einzuladen. Aber mein ›Nein‹ wollte er einfach nicht akzeptieren. Er legte mir Geschenke vor die Tür, hängte einen Weihnachtsmann an die Hauswand, schmückte mir einen Weihnachtsbaum mit allem drum und dran, während ich arbeiten war. Als ich nicht auf seine Wünsche reagiert habe, legte er mir sogar tote Tiere vor die Haustür.«
Dass das kleine Kätzchen durch ihre Schuld erfroren war, erwähnte sie nicht.
»Wenn Roland Berkes regelmäßig Lieferungen in Ihrem Friseursalon abgibt, kennt er Ihre Kollegin Käthe doch. Ihm wäre diese Verwechslung nicht unterlaufen«, stellte Forseti klar.
»Es war dunkel und ihre Haare waren gefärbt«, beharrte Trixi.
»Hat er Käthe
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