Angstfalle
passte. An dem Artikelangebot konnte sie ablesen, wie lange das Foto schon angeboten wurde.
Das Interesse war erschreckend groß, denn das letzte Gebot lag schon bei neunundachtzig Euro. Sie musste überbieten, damit sie das beschämende Foto zurückbekam. Die Restzeit für das Angebot betrug nur noch einen Tag eine Stunde und drei Minuten. Deshalb war das Foto ganz oben auf der Liste zu sehen.
Sie merkte sich die Uhrzeit, damit sie am nächsten Tag zur gleichen Zeit vor dem Computer sitzen und mitbieten konnte. Sie musste das Foto selbst ersteigern, dann war der Schaden – oder die Blamage – nicht ganz so groß, wie ihr Übeltäter sich das erhoffte.
Der folgende Tag war für Trixi die reinste Qual. Bei jedem Mann, der den Salon betrat, befürchtete sie, dass er das Foto gesehen hatte und sie wiedererkannte. Jede Geste, jeder Blick schienen ihr ein Hinweis darauf zu sein. Das konnte ja heiter werden. Hoffentlich bekam sie nicht noch eine ausgereifte Paranoia.
Daniela bemerkte natürlich ihr Verhalten. Ob sie auch davon wusste? Sie sprach Trixi mit keiner Silbe auf ihre Nervosität an.
Nach Feierabend hatte Trixi nur noch ein Ziel: den Computer. Sie fuhr den Rechner hoch und schaute sich die Gebote an: weit über hundert Euro. Das war schrecklich. Nun musste sie ihren letzten Cent berappen, um diesen Albtraum zu beenden.
Sie begann zu bieten. Sie musste durchhalten.
Einige Gegenspieler boten fleißig mit. Es war wie auf einer Auktion. Sie musste viel Geld ausgeben, um Schlimmeres zu verhindern.
Es dauerte bis in die Nacht hinein, dann war der Kauf endlich abgeschlossen. Sie war die glückliche Gewinnerin. Sie vereinbarte mit dem Verkäufer, das Foto selbst abzuholen, weil sie sich damit die Versandkosten sparen konnte.
Ebay-Eddy begrüßte sie mit lallender Stimme: »Kaufen Sie Ihre eigenen Sachen wieder zurück. So kommen Sie aber nie zu Geld!«
Mit dieser Aussage konnte sie nichts anfangen. Sie sah auch keinen Sinn darin, genauer nachzufragen. Der Mann war sturzbetrunken. Mit seinen trüben Augen warf er ihr lüsterne Blicke zu. Sie wollte sich nicht länger als nötig dort aufhalten und machte sich schnellstmöglich auf und davon, hoffend, dass damit diese unangenehme Angelegenheit aus der Welt war.
Tatsächlich kehrte die ersehnte Ruhe ein.
Aber es dauerte nicht lange, da tauchte Kommissar Forseti im Friseursalon auf.
Trixi trat ihm mit einem Frisierumhang entgegen, doch er wehrte ab: »Ich bin dienstlich hier. Wir sind im Fall Ihrer Freundin noch nicht weitergekommen.«
Verkrampft hielt Trixi den Frisierumhang fest.
»Außerdem ist Roland Berkes gestorben.«
»Stand ja in der Zeitung!«, fand sie ihre Stimme wieder.
»Ich wollte von Ihnen wissen, ob Sie in letzter Zeit wieder in Ihrem Haus belästigt wurden?«
»Nein«, antwortete Trixi.
»Nein?«
»Seit Roland Berkes tot ist, hat es keine weiteren Vorfälle mehr gegeben«, präzisierte Trixi.
»Wie kann das sein?«, hakte Forseti nach.
Trixi stutzte. Sie hatte doch Kommissar Diez angerufen und ihn um Hilfe angefleht, als Roland Berkes ihr eine Ratte ins Haus gesetzte hatte. War dieser Vorfall für den Kommissar Diez so unwichtig, dass er seinem Chef nichts davon mitgeteilt hatte?
»Was soll diese Frage? Weiß denn bei der Polizei der eine nicht, was der andere macht? Nachdem Sie Roland Berkes freigelassen hatten, ging der Terror weiter!«
»Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass jede Anzeige bei uns erfasst wird. Aber Ihre angebliche Ruhe – seit Roland Berkes Tod – gibt mir schon zu denken!«
Er wusste von dem Nacktfoto, war Trixis prompte Erkenntnis. Warum spannte er sie so auf die Folter?
»Nach Ihren Angaben wurden Sie auf jede erdenkliche Art und Weise belästigt und bedroht. So etwas hinterlässt Spuren. Aber von Roland Berkes haben wir keine in ihrem Haus gefunden. Also kommt er für Ihre Anschuldigungen nicht in Frage. Wenn jetzt keine Belästigungen mehr stattfinden, dann muss ich ernsthaft am Wahrheitsgehalt Ihrer Anzeigen zweifeln!«
Trixi brach der Schweiß aus.
Also steckte doch Bruno Dold hinter all den Gemeinheiten – inklusive der mit dem Nacktfoto. Aber das würde sie nicht erwähnen. Sie war stolz auf sich, dass sie das Problem so unauffällig wie möglich gelöst hatte.
Forsetis Blick war eindringlich, was Trixi sofort ahnen ließ, dass er mehr wusste, als er zugab. Sie musste auf der Hut sein.
»Gibt es in Ihrer Vergangenheit jemanden, den Sie verärgert haben, oder mit dem Sie sich heftig
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