Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
Vom Netzwerk:
Polly.
    Flossie schob die Unterlippe vor und begann zu weinen. Rose lief zu ihr, um sie hochzunehmen.
    »Was ist denn das?«, fragte sie und hob eine Tablette aus dem Gras auf.
    »Oh, danke.« Polly nahm sie ihr aus der Hand. »Der Deckel ist abgegangen, als sie damit gespielt hat. Ich dachte, ich hätte alle wiedergefunden.«
    »Ich hab mich am Knie verletzt, Mum, schau mal«, sagte Nico und zog an ihrem Arm.
    »Autsch. Tut es sehr weh?«
    »Klar«, antwortete er.
    »Macht nichts, hier kommt Doktor Gareth«, verkündete Polly. Die Hand schützend über den Augen, sah sie zu, wie Gareth mit einem großen blauen Erste-Hilfe-Kasten aus Plastik unter dem Arm über die Steinmauer setzte. »Groß, stark, tüchtig.«
    »Bist du sicher, dass du alle Pillen aufgesammelt hast, Poll?«, fragte Rose. »Floss steckt im Moment alles in den Mund.«
    »Ja, ja, Rose. Entspann dich. Siehst du, sie lacht schon wieder.«
    Als Flossie sah, wie ihr Vater auf sie zugelaufen kam, begann sie, über das ganze Gesicht zu strahlen, und streckte beide Ärmchen nach ihm aus.
    »Vielleicht zeigst du deinem Dad mal, wie toll du stehen kannst, Floss«, sagte Polly, fasste sie um die Taille und stellte sie auf die Füße.
    »Ich weiß nicht, ob das gut für ihre Beine ist, Polly«, meinte Rose. Flossie schwankte hin und her, versuchte, einen Schritt zu machen, und fiel auf den Hintern. Alle bis auf Nico applaudierten lachend.
    »He, was ist mit meinem Knie?«, beschwerte er sich und sah sie der Reihe nach an.

16
    S ie kamen erst bei Einbruch der Dunkelheit zurück. Ihre Gesichter kribbelten vom Tag in der Sonne. Rose, die ein wenig mehr Cava getrunken hatte, als gut für sie gewesen wäre, breitete die Reste vom Picknick auf dem Wohnzimmertisch aus, und die Kinder durften ausnahmsweise vor dem Fernseher zu Abend essen, während sich die Erwachsenen in die Küche zurückzogen, um noch eine Flasche zu öffnen.
    Sie zündeten die Kerzen an und machten es sich in ihrem goldenen Schein gemütlich.
    »Ich bin so froh, dass ich hier bin«, sagte Polly und schlang sich die Arme um den Körper. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, irgendwo anders zu sein als hier bei euch, meinen zwei besten Freunden auf der ganzen Welt.«
    Gareth blickte schmunzelnd in sein Glas, das er in seinen großen Händen hin- und herdrehte. Dann sah er auf und hob es hoch.
    »Auf eine tolle Zeit.«
    Sie stießen an.
    Gegen zehn Uhr waren die Kinder auf dem Sofa eingeschlafen. Auf ihren Gesichtern klebten noch Spuren der Eton Mess, die Rose aus Resten von Baiser, Schlagsahne und Erdbeeren zusammengerührt hatte. Gemeinsam trugen sie die drei nach oben in ihre Betten.
    »Zähne putzen können sie auch morgen früh noch, Rose«, meinte Gareth.
    »Ja, ja«, erwiderte sie.
    Als sie wieder unten waren, nahm Polly Rose und Gareth zusammen in die Arme.
    »Schlaft gut, ihr beiden. Und noch mal danke schön.«
    »Ganz ehrlich«, sagte Rose. »Hör auf, dich ständig zu bedanken, in Ordnung? Ab jetzt sind wir alle drei gleichberechtigt.«
    »Sehe ich genauso«, fügte Gareth hinzu.
    Sie begleiteten Polly noch bis zur Tür und sahen von der Schwelle aus zu, wie sie die gewundenen Stufen zum Nebengebäude hochlief.
    »Solange sie da oben wohnen bleibt«, flüsterte Gareth Rose ins Ohr.
    Sie lächelte und lehnte sich an ihn.
    »Ich muss Flossie noch stillen, dann komme ich hoch«, sagte sie.
    »Ich warte auf dich.«
    Als sie ins Schlafzimmer kam, lag Gareth mit ausgestreckten Armen auf dem Rücken und schnarchte.
    Der Arme, dachte Rose. Er ist es nicht gewohnt, den ganzen Tag zwei Jungs hinterherzujagen.
    *
    Gegen vier Uhr morgens wurde Rose wach. Zum allerersten Mal überhaupt hatte sich Flossie nicht wie sonst um zwei Uhr gemeldet, weil sie Hunger hatte. Zunächst machte sich Rose darüber keine Gedanken. Anna hatte ihr schlaflose Nächte beschert, bis sie zwei war; vielleicht meinte Flossie es ein wenig besser mit ihnen.
    Durch die klare Nacht war das Haus ausgekühlt, und Rose konnte ihren Atem sehen, als sie durch den Flur zu Flossies Zimmer schlich. Auf dem Gras draußen leuchtete ein Überzug aus Reif.
    Sie beugte sich über Flossies Bettchen, und die Kälte aus der Luft fuhr ihr tief in den Magen. Ihre Tochter lag völlig reglos da. Sie atmete in flachen, rasselnden Stößen, ihr Gesicht war schweißnass. Hastig nahm Rose sie hoch. Flossies Haut glühte, und sie lag schlaff in ihren Armen. Rose legte sie zurück ins Bettchen und knöpfte den Strampler auf. Auf Flossies Brust war ein

Weitere Kostenlose Bücher