Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
Vom Netzwerk:
Richtung seiner Mutter.
    »Hört auf!« Yannis presste die Hände über die Ohren und kniff die Augen zusammen.
    »Das machst du immer – du benutzt uns immer so, wie es dir passt! Du siehst nie mal was aus unserer Sicht!«, ereiferte sich Nico.
    »Nico, sei still. Sofort.« Gareth erhob sich, um den kleinen drahtigen Jungen mit seiner beachtlichen Größe einzuschüchtern.
    »Halt die Fresse!« Nico wirbelte zu ihm herum. »Du bist nicht mein Papa!«
    »Dessen bin ich mir durchaus im Klaren, Nico«, erwiderte Gareth. »Und jetzt kommst du mit mir raus in den Garten, und wir unterhalten uns mal ein bisschen.«
    »Das hättest du wohl gerne, Arschgesicht.«
    Anna schnappte erschrocken nach Luft. Rose sah sie an und erbleichte. Warum unternahm Polly nichts?
    »Jetzt reicht’s aber!«, brüllte Gareth. Er packte Nico am Arm und zerrte ihn hinter sich her zur Hintertür hinaus.
    Alle hatten aufgehört zu essen. Yannis hatte das Gesicht hinter den Händen versteckt, Anna saß da und starrte mit bebender Lippe auf ihren Teller. Rose, die Gareth noch nie so energisch erlebt hatte, warf einen Blick auf Polly und war entsetzt, als sie das Gespenst eines Lächelns auf deren Gesicht sah.
    »Er hat’s verdient«, meinte Polly. »Es wird immer schlimmer mit ihm.«
    »Er kann seine Gefühle sehr klar benennen, finde ich«, sagte Rose.
    »Er hat doch keine Ahnung«, schnappte Polly. »Er muss gerade sagen, dass ich die Dinge nicht aus seiner Perspektive betrachte!«
    »Er ist neun, Polly!«
    »Und wie, bitte schön, soll ich sonst für uns sorgen? Das ist alles, was ich kann, Rose – das benutzen, was hier drin ist.« Sie schlug sich auf die Brust, direkt über dem Herzen. »Das ist die einzige Art, wie ich Geld verdienen kann.«
    Rose fand, dass Polly den Kern der Sache vollkommen missverstanden hatte, indem sie wieder mal alles auf sich bezog, aber sie hatte nicht die Kraft, die Diskussion fortzusetzen.
    Nach einer Weile kamen Gareth und Nico zurück in die Küche. Gareth hatte Nico den Arm um die Schultern gelegt. Der Junge wirkte kleiner und schmächtiger denn je.
    »Nico tut es leid, Polly«, sagte Gareth. »Stimmt’s, Nico?«
    »Ja«, antwortete Nico. »Tut mir leid, Polly .«
    Polly hielt ihm die Hand hin, und Nico schüttelte sie. Dann setzte er sich schweigend an seinen Platz.
    »Also«, fragte Polly fröhlich, »wer will noch Nachtisch? Es gibt heute was ganz Besonderes von unserer kleinen Rose in spe.« Sie deutete auf Anna, die aufstand und anfing, den Tisch abzuräumen.
    »Ist doch bloß Schokoeis.« Anna wurde rot.
    »Aber selbstgemachtes«, flüsterte Yannis Rose zu. »Anna hat das ganz allein gemacht.«
    »Sie ist ein tolles, kluges Mädchen.« Rose schenkte ihrer Tochter ein Lächeln.
    Das Schokoladeneis hatte einen Saucenstrudel in der Mitte und schmeckte köstlich. Nach dem Essen setzte Polly Kaffee auf.
    »Gareth hat mir gezeigt, wie ich es machen muss«, sagte sie.
    »Es gibt nur eine Methode«, warf Gareth ein und hielt den Zeigefinger in die Höhe.
    »Ich nehme Tee«, sagte Rose. »Und ich bin hundemüde. Jungs, wenn es euch nichts ausmacht« – sie wandte sich an Nico und Yannis –, »würde ich Anna heute Abend gern allein ins Bett bringen. Nur ich, sie und Flossie. Ausnahmsweise, weil wir so lange weg waren.«
    Yannis nickte, aber Nico, dem die Auseinandersetzung mit Gareth immer noch in den Knochen saß, schlang sich bloß die Arme um den Körper und zuckte mit den Schultern.
    »Ich nehme die beiden für heute Nacht mit rüber«, verkündete Polly. »Damit ihr eure Ruhe habt. Aber erst räumen wir auf. Kommt, Jungs.«
    »Na komm, Nico«, sagte Gareth. »Haken wir die Sache ab, okay?«
    Zögerlich stand Nico auf und gesellte sich zu Polly, Gareth und Yannis an die Spüle. Es dauerte nicht lange, und sie sangen, angeführt von Gareth, lautstark »Ninety-nine bottles of beer on the wall«. Alles schien vergessen.
    Rose beobachtete die Szene häuslicher Eintracht und fragte sich, was geschehen war. Vor dem Krankenhausaufenthalt hatte sie das Gefühl gehabt, sich um alles selbst kümmern zu müssen. Und jetzt fasste auf einmal jeder mit an. Es lief wie eine gutgeölte Maschine. War sie wirklich so sehr im Weg?
    Sie setzte Anna und Flossie zusammen in die Badewanne. Flossie war gut gelaunt, aber ein wenig benommen, als müsse sie sich erst wieder an alles gewöhnen. Zumindest versuchte Rose, es so zu sehen. Dennoch war es schön, endlich wieder ihren beiden Töchtern zusammen beim Baden zuschauen zu

Weitere Kostenlose Bücher