Angstpartie - Thriller
israelischen Botschaft. Seither war Hannah viel beschäftigt, offenbar traf sie sich häufig mit Mr Kollek. Die beiden besuchten Konzerte, Restaurants, gingen spazieren und einmal sogar in den Zoo.
Wirklich überraschend war diese neue Entwicklung nicht, dachte Sophie, während sie sich wieder an das Times 2 Kreuzworträtsel machte. Mr Kollek schien in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von Saul zu sein. Er wirkte intelligent und kultiviert und er sah unverschämt gut aus. War dieser Mann auf ein erotisches Abenteuer mit Hannah aus? Sicher nicht. Bislang hatte sie keine einzige Nacht außer Haus verbracht. Wollte er an ihr Geld? Gut, Hannah hatte sich von Saul mit Klauen und Zähnen eine ansehnliche Summe erkämpft. Sophie wusste, dass ihr fast zwanzig Millionen Dollar zugesprochen worden waren.
Doch wenn Kollek es auf ihr Geld abgesehen hatte, stellte er sich reichlich seltsam an. Hannah hatte ihr erzählt, dass er stets darauf bestand, die Rechnungen zu übernehmen. Andererseits rechtfertigten zwanzig Millionen solch ein umsichtiges, taktisch kluges Vorgehen. Dieser alarmierende Gedanke bewog Sophie, nicht länger schweigend zuzusehen.
Bei einem Spaziergang um den Hundeteich auf der Heide, bei dem sie abwechselnd den Kinderwagen schoben, schnitt sie das Thema an. Die Sonne lugte hinter den Wolken hervor und wärmte die Luft. Sophie zog ihren Pullover aus und kam sich in Jeans und einem alten T-Shirt neben der mit lässiger Eleganz in Leinenhose und Seidenbluse gekleideten Hannah plötzlich fast gammelig vor.
Sophie bemühte sich, ihre Frage beiläufig klingen zu lassen. »Was macht dein Bekannter in der israelischen Botschaft eigentlich genau?«
Um Hannahs Lippen spielte ein Lächeln. »Er ist Handelsattaché. Kein sehr hochrangiger, aber er ist ja noch jung.«
»Dann ist er also nur ein Bekannter?«
»Ja. Was sollte er denn sonst sein? Ich habe sicher gewisse Schwächen, aber junge Gespielen gehören nicht dazu. Außerdem nehme ich kaum an, dass er auf diese Art an mir interessiert ist. Und falls du glaubst, er habe es auf mein Geld abgesehen, kannst du beruhigt sein. Er scheint selbst recht wohlhabend zu sein, und weiß außerdem nichts von meinem Vermögen. Nein, ich glaube, er fühlt sich hier einfach nur einsam. Die Engländer sind nicht immer sehr offen - Anwesende natürlich ausgenommen. Und Israelis sind heutzutage nicht allzu beliebt. Wir haben eben einige gemeinsame Interessen - Musik zum Beispiel.«
Sophie wusste, dass sie erleichtert sein sollte. Doch das Gespräch machte sie nur noch misstrauischer. Sie verstand
einfach nicht, warum Kollek so viel Zeit mit einer zwanzig Jahre älteren Frau verbrachte, wenn er dabei nicht die üblichen niederen Ziele eines Gigolos verfolgte. Doch wie sollte sie das Hannah erklären, ohne ihr zu nahezutreten?
Schon seit ein paar Tagen ließ ihr die Sache keine Ruhe mehr. Während sich vor dem Fenster ein paar Amseln zu den Blaumeisen gesellten, beschloss sie, etwas zu unternehmen. Damals, als sie noch berufstätig gewesen war, hätte sie selbst Nachforschungen angestellt. Doch nun fühlte sie sich machtlos. Augenblick, dachte sie, es musste doch jemanden von früher geben, der ihr weiterhelfen konnte. Selbst wenn diese Person ihr nur riet, sie solle sich nicht in fremde Angelegenheiten mischen und sich keine Gedanken machen. Ihr fiel ein, dass es da tatsächlich jemanden gab - so etwas wie eine Freundin, die sie zwar seit einiger Zeit nicht gesehen hatte, aber gut genug kannte, um sie in dieser Sache anzurufen. Jemanden, auf dessen Urteil sie sich verlassen konnte - und das war im Augenblick wichtiger als alle moralische Unterstützung. Sie stand auf und ging entschlossen zu dem Wandtelefon neben der Küchentür.
»Liz Carlyle«, sagte Liz mechanisch ins Telefon. Sie war gerade in den Bericht eines leitenden Agenten vertieft.
»Liz? Sophie Margolis am Apparat.«
»Ach, hallo«, erwiderte Liz überrascht. Sie hatte Sophie ewig nicht gesehen. Es musste sechs oder sieben Jahre her sein, dass sie den Dienst verlassen hatte. Anfangs waren sie noch in Verbindung geblieben und hatten sich wenigstens hin und wieder zum Lunch getroffen. Zur Geburt von Sophies erstem Kind hatte Liz ihr ein Geschenk geschickt. Wie hieß der Kleine doch gleich? Ja genau, Zack. Gab es nicht inzwischen ein zweites Kind? Liz spürte einen Anflug
von schlechtem Gewissen, weil sie diesmal nichts von sich hören lassen hatte.
Ein paar Minuten lang plauderten sie. Sophie erzählte Liz
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