Angstpartie - Thriller
durch.
»Fane«, sagte die Stimme in dem überheblichen Ton, den Charles so irritierend fand.
»Ich bin’s, Geoffrey, Charles Wetherby. Liz Carlyle wurde von einem Auto angefahren.«
»O nein! Geht es ihr gut?«
Wenigstens klang seine Besorgnis echt, dachte Charles, obwohl er im Augenblick keinerlei Wert darauf legte, seine Sorge um Liz ausgerechnet mit Geoffrey Fane zu teilen. »Es geht um folgendes, Geoffrey: Die Polizei meint, es sei vielleicht kein Unfall gewesen. Es sieht aus, als hätte sie jemand absichtlich angefahren.«
»Sind Sie sicher?«
»Es gibt eine Zeugin, und der Wagen fuhr danach einfach weiter.«
»Aber wer sollte so etwas tun?«
»Deshalb rufe ich an.« Charles’ Stimme klang nun kühl. »Gibt es irgendetwas, das Sie uns verschwiegen haben? Als Sie die Informationen Ihrer Quelle an uns weitergaben, haben Sie mit keinem Wort erwähnt, dass für meine Leute irgendeine Gefahr bestehen könnte.«
»Immer mit der Ruhe, Charles. Zu einer solchen Annahme gab es keinen Grund, und soweit ich es sehe, hat sich das auch nicht geändert. Vielleicht hat es gar nichts mit unserem Fall zu tun.«
»Unsinn.« Charles′ Blut kam in Wallung. Er stellte sich Fane in seinem Büro hoch oben im Zentralgebäude des MI6 wie in einem Adlerhorst vor, lässig in dem gepolsterten
Ledersessel lehnend, in dem er so gern saß. Dieser Gedanke provozierte ihn. »Keiner der anderen Fälle, an denen Liz im Moment arbeitet, birgt irgendein Gefährdungspotenzial.«
»Ich weiß, Sie sind besorgt …«
»Besorgt? Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie bleibende Schäden davonträgt, und wir wussten nichts von einer Bedrohung! Falls Sie auch nur geahnt haben, dass so etwas passieren könnte, waren Sie verpflichtet, es uns mitzuteilen.«
»Ich kenne meine Verpflichtungen«, versetzte Fane.
»Wenn Sie Informationen zurückgehalten haben, muss ich es jetzt erfahren! Ist das klar? Andernfalls werde ich davon ausgehen, dass Sie eine meiner Mitarbeiterinnen wissentlich und völlig unnötig einem großen Risiko ausgesetzt haben.«
Sie wussten beide, wie schwer dieser Vorwurf wog. Charles wollte noch etwas hinzufügen, verzichtete dann aber darauf. Er hatte seinen Standpunkt unmissverständlich klargemacht.
Charles spürte, dass sich Fane bemühte, ruhig zu bleiben. »Ich glaube, ich habe Sie verstanden, Charles«, sagte er bedächtig. »Ich melde mich wieder.«
23
Fane legte den Hörer auf. Die Nachricht machte ihm mehr zu schaffen, als er gezeigt hatte. Liz Carlyle war ihm nicht gleichgültig. Dieser Unfall oder Anschlag - was es auch gewesen sein mochte - ging ihm unter die Haut. Genau wie Charles war er fast sicher, dass die Sache
etwas mit ihren Ermittlungen zu tun hatte, und die hatte er in Gang gebracht. Vorwürfe machte er sich deshalb nicht. Die Informationen aus Zypern hatte er von Berufswegen weitergeben müssen.
Trotzdem nagte ein Gedanke an ihm. Obwohl Charles sehr aufgebracht gewesen war, hatte er nicht ausgesprochen, was sie doch beide wussten: Bereits mehrfach waren Mitarbeiter des MI5 in Fällen, an denen Fane beteiligt war, gefährdet worden. Beim letzten Mal war das sogar tödlich ausgegangen - möglicherweise auch deshalb, weil Fane nicht alle Karten auf den Tisch gelegt hatte.
Irgendwo musste es eine undichte Stelle geben, und das hatte Liz beinahe das Leben gekostet. Wo konnte sich dieses Leck befinden? Er dachte nach. Nicht in Vauxhall Cross, dessen war er sicher. Höchstens vier Personen in diesem Gebäude wussten überhaupt, dass Liz an dem Fall arbeitete. Und nur zwei, er selbst und Bruno Mackay, kannten die Details.
Nein, die undichte Stelle musste irgendwo anders sein. Das Thames House kam infrage. Oder der andere Dienst, den er außer dem MI5 noch informiert hatte: die amerikanischen Kollegen am Grosvenor Square.
Er griff zum Telefon und wählte einen Anschluss im Haus. »Bruno? Geoffrey hier. Haben Sie einen Augenblick Zeit?«
Wenige Minuten später stand Mackay in einem schneidigen Blazer und Clubkrawatte in Fanes Büro. »Irgendjemand hat es auf Liz Carlyle abgesehen. Sie wurde angefahren«, sagte Fane unumwunden.
Bruno Mackay war ausnahmsweise sprachlos. Er riss entsetzt die Augen auf.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Fane. »Das ist schockierend. Sie ist verletzt, aber anscheinend hat sie noch Glück im Unglück gehabt. Das Problem ist, dass sie an dem Fall mit
den Syrern arbeitet, und ich glaube, irgendwo hat irgendwer etwas ausgeplaudert. Eine andere Erklärung gibt es nicht.
Weitere Kostenlose Bücher