Angstpartie - Thriller
Moment, als sie sich umgewandt hatte. Was hinterher passiert war, wusste sie nicht mehr. Nur dass sie absichtlich
angefahren worden war, stand für sie fest. Doch niemand wusste, von wem und warum.
Der Anschlag war sicher nicht leicht zu planen gewesen. Jemand hatte ihr folgen müssen, um herauszufinden, wo sie wohnte. Wie lange hatte man sie beschattet und auf sie gewartet? Sie hätte die Nacht schließlich auch in Harwich verbringen oder statt mit der U-Bahn mit dem Auto zur Arbeit fahren können. Wahrscheinlich wäre es dann einfach auf einen anderen Tag verschoben worden. Mit Schaudern dachte Liz daran, dass wer immer es auch getan hatte, es noch einmal versuchen könnte.
Sie vermochte an nichts anderes mehr zu denken. Es musste irgendeine Verbindung zu ihrer Arbeit geben. Sie überlegte, was sie in den letzten Monaten getan hatte, fand aber nichts, das die Attacke auf sie erklärte. Handelte es sich um irgendeine Art von Racheakt? Neil Armitage - jener Wissenschaftler, der Geheimnisse an die Russen verraten und gegen den sie ausgesagt hatte - war sicher nicht gut auf sie zu sprechen. Aber er saß hinter Gittern. Und abgesehen davon wusste er gar nicht, wer sie war.
Womit nur »das syrische Komplott« übrig blieb, wie Liz diesen Fall im Stillen nannte. Liz konnte sich dabei allerdings nicht viele Personen vorstellen, die sie aus dem Weg schaffen wollten - eigentlich nur zwei: Chris Marcham und Sami Veshara. Möglicherweise auch die Syrer selbst.
Marcham benahm sich tatsächlich äußerst merkwürdig, und sie hatte gespürt, dass er etwas verbarg. Doch er schien ziemlich chaotisch zu sein - sie dachte an das Durcheinander in seinem Haus. Ein minutiös vorbereiteter Mordplan passte nicht zu ihm. Außerdem hatte er kein Motiv und die Mittel zur Durchführung fehlten ihm ebenfalls.
Ganz im Gegensatz zu Sami Veshara, der hinter der respektablen Maske eines Lebensmittel-Importeurs besonders
üble Geschäfte betrieb. Gewalt war ihm sicher nicht fremd, aber anders als Marcham hatte er nicht den Hauch einer Ahnung, dass Liz Nachforschungen über ihn anstellte. Vielleicht hatte er den Fischkutter beobachten lassen, jemand war Zeuge der Verhaftungen geworden und hatte Liz dabei gesehen. Aber würde Veshara deshalb einen Killer auf sie ansetzen? Nicht innerhalb so kurzer Zeit, das ergab keinen Sinn. Vor allem deshalb nicht, weil das Funktaxi bereits in ihrer Straße gewartet hatte, als sie von Essex zurückgekommen war.
Und die Syrer? Wie konnten die wissen, wer sie war und wo sie arbeitete? Und warum sollten sie Liz beiseiteschaffen wollen, falls sie es wussten?
Während der zweiten Woche im Krankenhaus hatte Liz ständig darüber nachgedacht, war aber zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Als Charles sie das nächste Mal besuchte, begann sie gerade, sich wieder halbwegs wie ein Mensch zu fühlen. Sie versuchte, mit ihm darüber zu sprechen, doch er wich aus. »Damit warten wir noch, bis es Ihnen wieder besser geht«, sagte er, obwohl Liz energisch darauf hinwies, dass ihr Gehirn nicht unter dem Unfall gelitten habe. Selbst Peggy wollte weder über Liz’Ermittlungsarbeit noch darüber sprechen, wie es im Thames House während Liz’Abwesenheit weiterging.
Liz hörte die Türglocke. Ihre Mutter sprang auf. Einen Augenblick später kam sie mit Edward zurück, der eine Einkaufstasche schleppte. »Ich habe Ihnen die Zeitungen mitgebracht.« Er wedelte mit dem Guardian und der Daily Mail .
»Ich helfe, die Sachen wegräumen«, sagte Liz und erhob sich unsicher.
»Du bleibst sitzen!«, befahl ihre Mutter. »Ich mache dir erst mal eine schöne Tasse Tee.«
»Hör auf, mich wie eine Schwerkranke zu behandeln. Mir geht es blendend«, fauchte Liz - obwohl sie wusste, dass dem nicht so war. Es ärgerte sie, dass jeder sie in Watte packte. Sie hatte langsam genug davon.
»Das ist ein gutes Zeichen«, stellte Edward fest. »Ein übellauniger Patient ist meist auf dem Weg der Besserung.«
Erst wollte sich Liz ereifern. Wie kam er dazu, sich einzumischen? Doch Edwards Augen blitzten so schelmisch, dass sie schließlich sogar lachen musste - es war das erste Mal seit dem Unfall.
»Und wieder ein Fortschritt«, bemerkte Edward schmunzelnd. Diesmal lachten sie zu dritt. »Ich mache das schon«, sagte er zu Susan. Während er die Einkäufe in der Küche verstaute, warf Liz einen Blick in die Zeitungen.
Mit einem Tablett, auf dem zwei Tassen und ein hohes Glas standen, kam Edward bald darauf in den Garten zurück.
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