Angstpartie - Thriller
sich getäuscht hatte. Womöglich traf sich Kollek tatsächlich ohne jeden Hintergedanken mit Sophies Schwiegermutter. Vielleicht verband die beiden wirklich nur ihr kulturelles Interesse, wie Hannah behauptete. Selbst Agenten brauchten Freunde. Doch Liz’ Einschätzung nach spielten sentimentale Gefühle für Kollek keine Rolle.
Sie konzentrierte sich wieder auf das Gespräch. »Gute Idee«, sagte Wetherby gerade zu Ty.
»Wie häufig treffen Sie Kollek denn?«, fragte Liz an Bokus gewandt. Sie dachte immer noch an Hannah.
Die Frage schien den massigen Amerikaner zu ärgern. Als Oakes ihm nicht zu Hilfe kam, antwortete er knapp: »Einmal im Monat. Manchmal auch seltener.«
Ohne recht zu wissen, warum, bohrte Liz weiter. Sie folgte einfach ihrer Intuition. »Und wann haben Sie ihn vor dem Treffen im Oval zum letzten Mal gesehen?«
Bokus konnte seine Irritation nun nicht mehr verbergen. Er zögerte, dann erwiderte er unwirsch: »Im Juni. Er war eine Zeit lang nicht da.«
Seiner Antwort folgte ein kurzes Schweigen, das Wetherby schließlich beendete. »Haben wir sonst noch etwas zu besprechen, Ty?«
»Ja, eins noch. Wie Andy bestätigen wird, ist Kollek ein ziemlich nervöser Typ. Sehr vorsichtig, fast paranoid. Wenn er von diesem Gespräch auch nur den Hauch einer Ahnung bekommt, wird er den Kontakt zu uns sofort abbrechen. Das ist doch richtig, Andy?«
Bokus nickte heftig. »Er würde sofort dichtmachen.«
»Wie ich bereits sagte: Was wir hier besprechen, wird sehr vertraulich behandelt«, erklärte Wetherby. »Auf unserer Seite wird es kein Leck geben.« Deutlich betonte er jede einzelne Silbe.
»Davon gehen wir aus. Trotzdem wäre es hilfreich, wenn Sie Ihr Beschattungsteam von Kollek abziehen würden. Der Mann ist ein Profi. Wenn er merkt, dass er observiert wird, ist Schluss. Er wird annehmen, dass wir Ihnen von ihm erzählt haben. Abgesehen davon ist eine Beschattung gar nicht mehr nötig. Schließlich wissen Sie jetzt, dass er für uns arbeitet.«
Charles überlegte kurz. Dann sagte er: »In Ordnung. Ich kümmere mich darum.«
Nachdem sich die Amerikaner verabschiedet hatten, blieb Liz noch sitzen. Wetherby erhob sich, zog die Anzugjacke aus und hängte sie über die Lehne seines Sessels. Er ging zum Fenster und schaute auf die Themse hinab. »Was halten Sie davon?«, fragte er.
»Anscheinend hatten sie das Gefühl, reinen Tisch machen zu müssen. Ty Oakes blieb wohl keine andere Wahl. Sonst hätten wir davon ausgehen müssen, dass sein Londoner Abteilungsleiter eigene Ziele verfolgt.«
»Was wir ja zunächst auch taten. Aber es war fast zu erwarten, dass Ty gute Miene zu diesem undurchsichtigen Spiel machen würde. Er hat sich bemüht, so zu tun, als böte er uns einen großzügigen Handel an.«
»Und das, obwohl er kein sehr gutes Blatt auf der Hand hat.«
»Richtig. Aber es heißt, Oakes würde gern und auch gut pokern.« Wetherby lächelte kurz. »Der Mann hat Mumm, das muss man ihm lassen. Er ist ein Überlebenskünstler.«
»Das Gefühl hatte ich auch. Aber ich glaube, Andy Bokus war nicht sehr glücklich darüber, derart im Zentrum der
Aufmerksamkeit zu stehen. Vermutlich wird er sich für die Zukunft einen weniger öffentlichen Treffpunkt als das Oval suchen.«
Wetherby lachte. »Wahrscheinlich dachte er, die Öffentlichkeit sei die beste Tarnung. Hat Sherlock Holmes nicht einmal gesagt, in einem überfüllten Salon könne man sich am besten verbergen, indem man sich auf ein Sofa mitten im Raum setze, während die Verfolger in den Ecken und hinter den Vorhängen suchen?«
»Der Ratschlag taugt leider nur so lange, bis einer von ihnen müde wird und sich direkt neben den Gesuchten aufs Sofa setzt.«
Wetherby grinste anerkennend. »Jetzt wissen Sie, warum ich Detektivgeschichten nicht ernst nehmen kann.«
»Ich verstehe nicht, wie das alles mit der Bedrohung für die Syrer zusammenhängen soll. Falls überhaupt ein Zusammenhang besteht.«
»Ich glaube, wir sollten davon ausgehen, dass Bokus diesem Kollek mehr gesagt hat, als er hätte sagen sollen. Vor uns musste er natürlich vorgeben, er hätte alles unter Kontrolle und die Informationen würden nur in eine Richtung fließen. Aber ich habe da meine Zweifel. Ich hatte den Eindruck, dass die Nähe zwischen Bokus und Kollek viel größer ist, als Bokus zugeben wollte. Ich muss unbedingt herausfinden, was genau Geoffrey Fane ihm über die Quelle gesagt hat, von der die Informationen über die Syrer stammen. Falls Bokus etwas davon
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