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Angstschrei: Thriller

Angstschrei: Thriller

Titel: Angstschrei: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Hayman
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nackten Mann gehandelt hat. Als der Kollege sie gebeten hat, diesen Mann zu beschreiben, war sie dazu nicht in der Lage. Sie sagte nur, dass sein Gesicht aus zuckenden Flammen bestand und seine Augen Eiszapfen waren.«
    » Das ist alles? Keine weiteren Einzelheiten?«
    » Das Gespräch wurde leider nicht protokolliert, aber soweit wir wissen, war das alles. Sie hat die Aussagen etliche Male wiederholt.«
    Wolfe seufzte. » Sie halluziniert. Was entweder bedeutet, dass sie ihre Medikamente abgesetzt hat oder dass der Schock die Wirkung mindert.«
    » Kommt das vor?«
    » Das kann es, ja, unter extremen Stressbedingungen. Ich habe mir schon am Mittwoch Sorgen gemacht, als sie nicht zu ihrer Sitzung erschienen ist.«
    » Wann haben Sie das letzte Mal mit ihr gesprochen?«
    » Vor zwei Wochen. Kurz vor Weihnachten. Abbys Sitzungen finden immer mittwochs um elf Uhr statt. Das muss dann der, warten Sie mal…«, erneut blätterte er in seinem Kalender, » …einundzwanzigste Dezember gewesen sein.«
    » Was war denn mit dem darauffolgenden Mittwoch? Dem achtundzwanzigsten?«
    » Zwischen Weihnachten und Neujahr war meine Praxis geschlossen.«
    » Und in dieser Woche? Am Mittwoch? Da ist sie nicht aufgetaucht?«
    » Genau. Ich habe mich gefragt, warum nicht.«
    » Haben Sie sich erkundigt?«
    » Meine Sekretärin hat bei ihr angerufen, hat sie aber nicht erreicht.«
    » Hat Abby schon öfter eine Sitzung verpasst?«
    » Ja. Zweimal. Beide Male war sie zu der Überzeugung gelangt, ihre Medikamente absetzen zu können.«
    » Aber warum sollte sie das wollen?«
    » Weil sie dachte, sie sei gesund. Sie hat sich normal gefühlt. Ich will es Ihnen ein bisschen ausführlicher erläutern. Abby bekommt ein Medikament namens Zyprexa. Das ist ein starkes Antipsychotikum. Sie nimmt die höchste Dosis, die ich generell verschreibe. Es schlägt gut an. Unterdrückt die meisten Symptome. Allerdings hat es auch eine Reihe von Nebenwirkungen. Die erste besteht in einer starken Gewichtszunahme. Darunter leidet Abby. Das ist nicht besonders verwunderlich. Körperlich attraktiv zu sein ist für eine Frau Anfang zwanzig von großer Bedeutung. Sobald sie also anfängt, sich wieder normal zu fühlen, sobald die Symptome der Psychose ausbleiben, sagt sie sich: › Hey, das Zeug brauche ich jetzt nicht mehr‹ und reduziert entweder die Dosis oder setzt sie, wie in einem Fall, gleich komplett ab. Da sie in letzter Zeit keine psychotischen Schübe mehr gehabt hat, ist es sehr gut möglich, dass genau dieser Fall wieder eingetreten ist.«
    » Und was passiert dann?«
    » Es hängt davon ab, wie lange sie schon auf die Medikamente verzichtet hat, aber es hat ja den Anschein, als würde sie bereits halluzinieren. Die Tatsache, dass sie einen Mord beobachtet hat, hat vermutlich ein emotionales Trauma bewirkt, das diese Halluzinationen ebenfalls ausgelöst oder zusätzlich verstärkt haben könnte. Abby hat bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich. Gut möglich, dass sie es noch einmal versucht. Ich denke, wir müssen sie so schnell wie möglich finden.«
    » Sie haben recht. Aus zwei Gründen.«
    » Was ist denn der zweite?«
    » Wir sind vielleicht nicht die Einzigen, die nach ihr suchen.«

21
    Lächelnd blickte Andy Barker auf das Thermometer vor seinem Fenster. Nach Wochen bitterer Kälte bewegte es sich endlich in die richtige Richtung. Gott sei Dank. Hoffentlich hielt es auch an. Von Anfang Oktober bis Ende Mai waren seine Fenster immer dicht verschlossen, alle Luftschlitze mit schützendem Klebeband verdeckt, die Vorhänge Tag und Nacht zugezogen. Dieselben gefütterten braunen Seidenvorhänge, die seine Mutter vor über vierzig Jahren aufgehängt hatte, als Andy noch ein kleiner Junge gewesen war. Und trotzdem fand die Kälte immer einen Weg, in die Wohnung einzudringen.
    Wenn er mehr Fett am Leib gehabt hätte, dann wären die Winter in Maine vielleicht nicht ganz so schlimm gewesen, nicht einmal so schwere Winter wie dieser jetzt. Wenn Wale durch ihre Speckschicht warmgehalten wurden, dann musste das doch auch für Menschen gelten, oder? Diese ganzen aufgedunsenen Fettsäcke, die durch das Einkaufszentrum wabbelten, die spürten die Kälte wahrscheinlich nicht einmal. Jedenfalls nicht so wie er.
    Andy hatte keinerlei persönliche Erfahrungen mit Körperfett. Als er ein Kind war, hatte Mimsy ihn pausenlos gedrängt, etwas zu essen. » Ist nur zu deinem Besten«, hatte sie immer gesagt. » Damit du groß und stark wirst.« Aber ganz egal, wie

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