Angstspiel
gemobbt. Sie hat überlebt. Ein neues Leben im alten kann anfangen. Vielleicht.
Dann Musik. Wieder die Stimme von Philipp.
»Dein Leben gibt es nicht mehr.« Sie verhallt langsam.
»Und das verschicken wir jetzt«, triumphiert Luise.
Wir haben es zwei Mal versendet. An Julchen. Und an Merlin. Der ist ja neuerdings bei der Schülerzeitung.
Zwei Klicks haben gereicht. Ich kann wieder zur Schule gehen.
Der Platz neben mir ist frei, Julchen ist mit ihrer Familie weggezogen. Vielleicht will Lilly ja neben mir sitzen, wenn sie wiederkommt. Aber eigentlich ist es mir auch egal. Auch, was aus Philipp geworden ist, aus ihm wird. Merlin hat Luise erzählt, dass Philipp schon mal angezeigt worden war von zwei Omas, denen er ihre eigenen Todesanzeigen auf den Nachttisch gelegt hatte. Er hat wohl einfach gerne gequält. Die Strafanzeige von mir ist die dritte. Wir führten Diskussionen, die kleine Ewigkeiten dauerten. Luise blieb hart. Dann hatte sie mich irgendwann so weit. Wie immer, hatte Luise einfach nicht lockergelassen. Und irgendwann habe ich dann auch wirklich eingesehen, dass ich es für mich und für andere potenzielle Opfer einfach tun musste. Zusammen mit Mama, Papa und Lu bin ich bei der Polizei gewesen. Nachdem ich alles erzählt hatte, tat ich mir selber fast leid. Aber ich war auch ein bisschen stolz auf mich. Ich hatte überlebt.
Erst viele Wochen später habe ich mich getraut. Zuerst wollte ich eine E-Mail schreiben. Doch das macht mir einfach keinen Spaß mehr. Also bin ich direkt in die Blumenstraße gefahren. Arne war nur kurz erstaunt mich zu sehen. Am Abend habe ich mein Fenster angehaucht, ein Herz reingemalt. Sieht ganz gut aus.
Anmerkung
Die Songtexte auf den Seiten 34 und 86 entstammen dem Lied »Das Leben rast vorbei« aus dem Album Ich und Ich von Ich und Ich (2005, Universal Music GmbH).
Der Songtext auf Seite 325 entstammt dem Lied »Für dich tu ich fast alles« aus dem Album Die Tänzerin von Ulla Meinecke (1995, Rca Local, Sony Music).
Birgit Schlieper, geboren 1968 in Iserlohn, hat Amerikanistik, Romanistik und Anglistik studiert, ihr Studium aber abgebrochen, als ihr ein Zeitungsvolontariat angeboten wurde. Seitdem schreibt sie unaufhörlich: von Einkaufszetteln und Post-its über Reportagen bis zum Tagebuch und Gedichten, für Nachrichtenagenturen, die SZ, in Lehrbüchern für den Deutschunterricht - und für cbt.
Von Birgit Schlieper sind ebenfalls bei cbt erschienen:
Polnisch für Anfänger (30291)
Immer tiefer (30368)
Herzenssucht (30446)
Schmerzspuren (30576)
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