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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Keine Angst haben.
    »Linda, ich werde dich nicht anrühren. Wenn ich Bock auf Sex hätte, gäbe es genug Bewerberinnen. Das hier ist auch keine Entführung. Dafür haben deine Eltern nicht genug Kohle. Und ich werde dir auch sonst kein Haar krümmen. Das könnte mir im Zweifelsfall das Genick auf der Karriere zum Arzt brechen. Und irgendwann will ich ja mal die Praxis von meinem Vater übernehmen. Also reg dich nicht auf. Ich will nur mit dir reden.«

    Ich habe die Hand immer noch auf der Türklinke. Ich spüre einen feuchten Film zwischen meinen Fingern und dem kalten Metall.
    »Wenn du nur mit mir reden wolltest, hättest du mich anrufen können.«
    Er lacht. »Du bist echt eine Kämpferin, was? Damit hast du es mir in den letzten Wochen auch echt schwer gemacht. Aber irgendwie wurde die Sache dadurch auch spannend. Ich musste mich richtig anstrengen.«
    »Die Sache?«
    »Das Experiment.«
    Ich versuche parallel zu überlegen. Wie kann ich hier raus? Und wo könnte ich hin? Wo könnte ich hin, wo Philipp mich nicht fände? Was kann ich sagen, um den Moment zu dehnen? Ich muss Zeit gewinnen. Ich weiß nicht, wofür. Fühle mich wie in einem Beitrag von »Aktenzeichen XY … ungelöst«.
    »Was für ein Experiment?«
    »Das will ich dir doch erklären. Komm mit. Ich habe nur ein paar Fragen an dich.«
    Ich folge ihm. Es tut weh, als ich die Klinke loslasse. Meine Finger sind steif, so verkrampft hatten sie sich festgekrallt. Ich taumele die ersten Schritte. Aber ich folge ihm die Treppe hinauf. Habe ich eine andere Chance? In mir macht sich eine Art Taubheit breit. Wenn es jetzt vorbei sein soll, dann ist es so. Ich kann nicht mehr. Und immerhin habe ich mich von Luise verabschiedet. Der Gedanke an sie durchbohrt die taube Schicht in mir. Wie ein kurzer Stromstoß.
    Wir gehen in Philipps Zimmer. Er setzt sich an den Schreibtisch, fährt den Computer hoch. Ich stehe im Türrahmen. Draußen ist es inzwischen dunkel geworden.
    »Ich möchte einfach nur, dass du ein paar Fragen ganz ehrlich beantwortest.«

    Er klingt jetzt ganz sachlich. Ich traue mich nicht, ihn anzusehen. Ich habe Angst, ihn zu provozieren. Diesen Menschen, der sich als der nette Bruder von Julchen in mein Leben geschlichen hat.
    Er findet offenbar das Dokument, das er gesucht hat. Er liest die erste Frage vor.
    »Hast du in den vergangenen Wochen an Selbstmord gedacht?«
    Vor der Antwort auf diese Frage ist eine Mauer.
    Ich will nicht. Ich will nicht antworten. Ich stoße mich vom Türrahmen ab, haste nach einem Stuhl und setze mich ganz gerade hin.
    »Solange ich nicht weiß, um was für ein Experiment es hier geht, sage ich gar nichts.«
    Ich bin selber erstaunt, dass meine Stimme so hart klingt. Dass sie gar nicht zittert.
    Er guckt genervt hoch. Dann lehnt er sich zurück.
    »Vielleicht ist es wirklich sinnvoll, du weißt, worum es geht. Vielleicht kannst du dann konkreter antworten.«
    »Ich höre.«
    Er grinst.
    »Am Anfang stand eigentlich ein Streit. Mein Vater und ich hatten mal wieder Krach. Er hat behauptet, dass niemand ohne andere Menschen leben könne. Es ging mal wieder darum, dass ich keine Rücksicht nehme, zu egoistisch bin und dieser ganze Sermon. Es ging um den Menschen als soziales Wesen. Er kam mir echt mit diesem alten Experiment, für das Säuglinge ohne Liebe und Zuwendung aufgezogen wurden. Ich habe gesagt, dass Menschen, die stark genug sind, auf jeden Fall auf andere verzichten könnten. Das war die Ausgangslage.«
    Ich gucke ihn immer noch nicht an. Aber ich sehe ihn vor mir. Philipp im »Fusion«. Philipp in der Skihalle. Philipp, der mich nach Hause fährt. Spieleabend mit Philipp.
Er war andauernd in meiner Nähe. Julchen hatte ihn wie einen Parasiten in mein Leben geschleppt. Was alles hat sie ihm erzählt?
    »Was war mit den Babys?«
    »Die sind gestorben. Aber ich glaube, dass starke Menschen durchaus alleine klarkommen können ohne diesen Quatsch von Gesellschaft und so. Wölfe sind auch Rudeltiere irgendwie und trotzdem ist jeder für sich.«
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Als Julchen dich das erste Mal mit nach Hause gebracht hat, dachte ich schon, dass du vielleicht stark genug für so ein Experiment bist. Du hast so was Kühles. Das fand ich gut. Und dann war es halt Zufall, dass mir die alte Hebamme von dir und deiner Schwester erzählt hat.«
    »Du kennst Frau Knorr?«
    »Kennen vielleicht nicht gerade. Als Zivi musste ich ein paar Mal hin. Und irgendwann lief mal so ein Zwillingsding im Radio. Da hat

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