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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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fort. »Ob zum Guten oder zum Schlechten, kann niemand sagen. Es ist weiterhin sicher, dass es bald geschehen wird, sehr bald schon. Es hieß: ›Fügt zusammen, was getrennt war, wenn unter dem Katzenstern die Nebel wandern und die schwarzen Mauern sich beleben.‹ Der Katzenstern ist ein sehr heller, rötlicher Stern, der sich von Zeit zu Zeit an unserem Himmel zeigt, von Ost nach West zieht und wieder für Jahrhunderte verschwindet.«
    »Ein Komet«, murmelte ich. Ylenia sah mich fragend an, aber als ich nicht weitersprach, setzte sie ihren Vortrag fort. »Dieser Katzenstern müsste, wenn die Aufzeichnungen meines Ordens Recht behalten, bald, wahrscheinlich schon in wenigen Wochen, wieder am Himmel zu sehen sein.«
    Mirin nickte und bemerkte: »Er begann seine Wanderung, als das letzte Tochternest gegründet wurde. Etwa zum Beginn der Kolbanblüte müsste er wieder am Dach der Welt erscheinen.«
    Ylenia nickte. »Das trifft sich mit den Berechnungen in den alten Aufzeichnungen des Ordens. Jetzt kommen wir zum zweiten Teil, zu der Aussage, dass die ›schwarzen Mauern sich beleben‹. Wir haben lange darüber diskutiert, was das bedeuten könnte, und sind zu einem Schluss gekommen, der mir Kopfschmerzen bereitet.« Sie verstummte und sah beinahe hilflos zu Tallis hinüber. Mirin, der Grennach, löste zum ersten Mal seinen Blick von uns und schloss die Augen. Er begann mit klarer, singender Stimme zu sprechen. Die beiden Frauen lauschten angespannt seinen Worten.
    »Ja«, murmelte Ylenia. »Das ist die richtige Stelle, das habe ich gemeint. Danke, Mirin. Tallis, du glaubst immer noch, dass wir mit unserer Vermutung richtig liegen?«
    »Die Schwarze Zitadelle«, sagte Tallis leise. »Du hast Mellis' Bericht darüber gehört, und du hast gehört, was Dorkas dazu gesagt hat. Es gibt wieder einen Magier in der Schwarzen Zitadelle.«
    »Und jemand sorgt dafür, dass die Nebelgrenze wandert«, setzte Ylenia hinzu. Ich sah verwirrt von der einen zur anderen und hoffte auf eine Erklärung, aber die blieb aus.
    Wieder räusperte sich Mirin. »Ich würde Ter'firan gerne einmal sehen, damit ich mich daran erinnern kann«, sagte er fast schüchtern.
    Ylenia nickte und sah mich an. Ich hob ratlos die Schultern, und sie lachte ärgerlich auf. »Entschuldige, Nichte. Ich vergesse immer, dass du ihre Sprache nicht sprichst. Ter'firan ist das Schmuckstück, das deiner Großmutter gehört hat, das Herz des Wassers.«
    Ich wühlte ein wenig unentschlossen mit der Linken in den Taschen meiner Jacke herum. Es widerstrebte mir ungeheuer, die Brosche aus der Hand zu geben oder auch nur von fremden Augen begutachten zu lassen. Mir war jedes Mal, als würde mir mein eigenes Herz aus dem lebendigen Leib gerissen und öffentlich zur Schau gestellt. Aber Ylenia hielt fordernd ihre Hand auf und fixierte mich mit sanfter Unnachgiebigkeit; es blieb mir wohl kaum eine andere Wahl, als die Brosche herauszurücken.
    Ich ließ die kleine Holzkrähe achtlos in den Schoß fallen, um besser an meine Innentasche zu kommen. Tallis seufzte erschreckt. Sie berührte das Schnitzwerk sacht mit zwei Fingern und sah Ylenia an. Meine Tante gab einen erstickten Laut von sich. »Die Sturmkrähe«, sagte sie tonlos. »Ihr Schöpfer, helft!« Tallis sagte hastig etwas in der Grennach-Sprache, und Mirin setzte mit seiner ruhigen, tiefen Stimme eine beruhigend klingende Bemerkung hinzu.
    »Das glaubt ihr«, sagte Ylenia heftig. »Ihr Grennach seht die Krähe mit viel zu nachsichtigen Augen, Iovve weiß warum! Jedes Mal, wenn sie auftaucht, zieht sie unweigerlich das schwärzeste Unglück nach sich. Ich will nicht dulden, dass meine Nichte davon betroffen wird, kannst du das nicht verstehen?«
    Ich presste meine Finger um die eingewickelte Brosche und saß ganz still. Ylenia schien in ihrer Erregung nicht zu bemerken, dass sie nicht Grennach sprach, und dass ich sie verstehen konnte.
    Tallis richtete sich hoch auf. »Du sprichst, ohne zu verstehen, Nesttochter«, sagte sie streng. »Du urteilst über etwas, das du nicht beurteilen kannst. Ihr Menschen seid immer noch Kinder, auch wenn ihr uns an Körpergröße und an Zahl übertrefft. Vergesst nie, wer euch gelehrt hat, die Welt so zu sehen, wie ihr sie mit euren armseligen Sinnen niemals hättet erfassen können! Es ist nicht an euch, darüber zu richten, wer unsere Freunde sind und wer unsere Feinde.«
    Ich starrte gebannt auf meine alte Freundin und erkannte sie kaum wieder. Tallis, so klein sie war, schien meine

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