AnidA - Trilogie (komplett)
Eine schwarz glühende Wolke breitete sich aus und hüllte das Schmuckstück in der Hand der Magierin ein. Dunkle Blitze fuhren aus der Wolke und bedrohten die ruhig dastehende AnidA. Die junge Frau hob den Kopf und schloss ihre Augen. »Ah«, sagte sie leise. Sie breitete einladend die Arme aus und wartete. Die Blitze aus schwarzem Feuer zuckten höhnisch drohend auf ihre Brust zu und verharrten.
»Gib auf«, rief Elaina lockend. »Du hast so lange geschlafen, freue dich jetzt über dein Erwachen. Du willst doch nicht vernichtet werden, Ter'terkrin. Gib dich in meine Hand, und wir werden gemeinsam über die Welten herrschen. Deine Schwester wartet auf dich, Herz des Lichtes.«
Der helle Glanz des Kleinods verstärkte sich freudig. AnidA wartete, den Kopf zurückgelegt, mit vertrauensvoller, friedlicher Miene. Die schwarze Glut breitete sich aus und hüllte die junge Frau mit ihrem kostbaren Schatz in seine alles verschlingende Finsternis ein. Das Licht erlosch und tiefe Dunkelheit erfüllte den Saal. Elaina lachte laut und erregt, den Triumph vor Augen. Die Krähe krächzte, und das Schlagen ihrer Schwingen war in der Dunkelheit zu vernehmen.
Dann war es still. Wirbelnde Dunkelheit füllte die Luft, vielfarbige Funken sprühten durch die Finsternis, und ein sanftes Brausen erhob sich. Matt glühend schimmerte Ter'terkrin durch die Schwärze, flammte auf, durchdrang das Dunkel. Elaina schrie entsetzt und enttäuscht auf.
»Ter'nyoss, zeige deine Stärke! Deine Herrin befiehlt es dir!«
Das Licht loderte heller und strahlender als zuvor, zerteilte die Finsternis, vertrieb die zerfasernde Dunkelheit aus dem Saal. AnidA war zu Boden gesunken, die Finger fest um das flammende Kleinod geschlossen, dessen Licht mühelos ihr Fleisch durchdrang, und es wie klares Glas erscheinen ließ.
Flatternde Schwingen durchteilten die Luft. Die Schwarze Magierin stöhnte und sank in die Knie. Auf ihrer Hand saß die Krähe, eine Kralle um Ter'nyoss gelegt, und starrte in ihre matt gewordenen goldenen Augen.
»Meine alte Feindin«, flüsterte Elaina. »Du hast mich endlich doch gefunden. Verschone mich, dunkle Botin des Todes.«
Die Krähe öffnete weit den Schnabel und gab einen Schrei von sich, der die Mauern der Zitadelle erschütterte. Ter'nyoss glühte schwach auf und verlosch. Der schwarze Vogel schloss seine Krallen und sprang empor, das Herz des Todes mit sich nehmend.
»Nein!«, schrie Elaina in Todesangst. Sie streckte die Hände aus, um die Krähe zurückzuhalten, aber der Vogel hatte sich schon weit emporgeschwungen und kreiste lachend hoch über ihrem Kopf.
»Es ist vorbei«, rief die Krähe krächzend. »Ter'nyoss ist wieder bei ihrer rechtmäßigen Hüterin. Wir sehen uns niemals wieder, Magierin.« Sie schlug heftig mit den Flügeln und verschwand im Dunkel des Gebälks. Das Flügelrauschen verklang in weiter Ferne.
»Nein«, wiederholte die Schwarze Magierin wimmernd. Sie schlug die Hände vors Gesicht und kauerte sich vor dem Thron zusammen.
AnidA regte sich sacht. Ihre geschlossene Faust öffnete sich wie eine Blütenknospe und entließ das Herz der Welt, das sanft zu Boden rollte. Strahlend und klar wie ein herabgefallener Stern lag es in der Asche und verwandelte sie in Diamantenstaub. Die Lider der jungen Frau zitterten leise. Sie seufzte und öffnete die Augen, die so klar und strahlend schienen wie das Licht, das Ter'terkrin aussandte. Ohne hinzusehen, ergriff sie das Herz der Welt und stand auf. Sie kniete sich neben die Magierin, die zusammengesunken neben dem Thron hockte.
»Großmutter«, sagte AnidA leise. Sie legte die Hand mit dem sanft glühenden Silberring auf die Schulter der alten Frau. Der Ring summte leise, und die Magierin schreckte hoch. Mit zerfurchtem Gesicht blickte sie verständnislos zu ihrer Enkelin hoch.
»Was?«, stammelte sie. »Was ist ...« Sie versuchte, sich aufzusetzen, aber AnidA hielt sie zurück.
»Großmutter«, sagte sie geduldig. »Wo ist der Ausgang aus dem Labyrinth?«
Die Hexe schlug die bebenden Finger vor den Mund und krümmte sich vor Qual. »Ter'nyoss«, stöhnte sie. »Ter'nyoss!«
AnidA umarmte sie mitleidig. Der schmale Körper der alten Frau wand sich vor Schmerz. Ihr Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt, Speichel hing in den Mundwinkeln, und ihr Atem zischte durch die gebleckten Zähne.
»Die Tür«, fragte AnidA. »Großmutter, bitte! Wo ist die Tür?« Sie verlagerte ihren Griff um die Schultern der Magierin und berührte sie dabei mit dem
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