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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Herzen der Welt, das sie immer noch in ihrer Hand hielt. Elaina schrie und bäumte sich heftig auf. Auf ihren blutig gebissenen Lippen stand rosiger Schaum. Ihre Augen verdrehten sich, und sie krallte ihre Finger tief in AnidAs Rücken. Mit einem krächzenden Seufzer schloss sie die Augen und wurde schlaff.
    »Großmutter«, rief die junge Frau angstvoll. Das bleiche Gesicht der Schwarzen Magierin zeigte einen erstaunten Ausdruck. AnidA tastete nach ihrem Puls und neigte den Kopf, um ihren Atem zu spüren. »Großmutter«, wiederholte sie traurig. Sie ließ den leblosen Körper zu Boden sinken und schlug die Hände vors Gesicht.

    Sie saß lange Zeit neben der Toten. Endlich hob ein tiefer Atemzug ihre Brust. Sie seufzte und stand auf. Mit geschlossenen Augen und Ter'terkrin in der Faust drehte sie sich suchend um ihre Achse.
    »Wohin?«, fragte sie leise. »Wohin nur?«
    Lauschend neigte sie den Kopf. Ein nahezu unhörbares Krächzen ließ sie herumfahren. »Dort entlang?«, flüsterte sie und tat einen zögernden Schritt, bevor sie mit steigender Sicherheit losging.
    Dort entlang.

~ 18 ~

    Lautloser Regen fiel auf die spätherbstliche Landschaft, und ein sanftes graues Licht lag über dem tiefen schwarzen Wasser des Sees. Hoch gewachsen, schlank und schweigend wie ein Baum stand eine hell gekleidete Frau am Ufer und blickte zu den ausgeglühten dunklen Ruinen der Zitadelle. Sie zog fröstelnd ihren Umhang enger um den Leib und wandte sich mit einem lautlosen Seufzer ab. Das hohe Gras hinterließ dunkle Nässeflecken auf den weißen Kleidern, während sie sich ihren Weg zum Waldrand bahnte.
    Ein heiserer Vogelschrei ließ sie innehalten und sich suchend umwenden. Ihre Augen durchforschten die neblig trübe, feuchte Luft. Auf einem Stein am Seeufer schien eine dunkle Gestalt zu hocken, aber dabei konnte es sich ebenso gut um eine Sinnestäuschung handeln, wie schon so oft in den letzten Tagen. Mehr als einmal war sie hoffnungsvoll auf eine solche Erscheinung zugelaufen und hatte dann enttäuscht auf einen verkrüppelten regennassen Busch niedergeblickt.
    Mit einem resignierten Kopfschütteln setzte sie ihren Weg zum Waldrand fort. Wieder schrie der Vogel, und wieder stockten ihre Schritte. Sie lachte auf, ärgerlich über sich selbst und gewiss, dass erneut eine schmerzliche Enttäuschung auf sie wartete. Amüsiert über ihre Torheit ging sie auf die still dahockende Silhouette zu.
    Mit angehaltenem Atem trat sie hinter die Sitzende und starrte ungläubig auf das dreifarbige Haar, das feucht und struppig um den gesenkten Kopf stand. Eine schäbige dunkle Lederjacke hing um den schmalen Körper, der tief zusammengekauert auf dem nassen Stein hockte. Die Frau starrte reglos auf ihre Hand und schien die Annäherung der anderen nicht bemerkt zu haben.
    »Eddy?«, rief die Erste unsicher. Die Sitzende stieß einen leise seufzenden Atemzug aus und hob das Gesicht, ohne den Kopf zu drehen. »Eddy«, wiederholte die Rufende lauter und erfreut.
    Die Angesprochene drehte den Kopf und sah ohne Überraschung zu der anderen Frau auf. »Tante Ylen«, erwiderte sie matt.
    Die Weiße Hexe kniete sich in den nassen Sand und griff nach den Schultern der jungen Frau. Sie blickte in die wechselhaften Augen ihrer Nichte und blinzelte ungläubig. »Aber ...«, murmelte sie verwirrt. »Du bist nicht ... du bist ...«
    »AnidA«, entgegnete die junge Frau müde und senkte den Blick wieder auf ihre Hand. Der Silberring glänzte in einem bösartigen Grün.
    Ylenia berührte ihre Nichte an der Schläfe. Sie verharrte kurz, zog dann mit einem Aufschrei ihre Hand zurück und schüttelte die Finger, als hätte sie sich verbrannt. »Wie ist das nur möglich?«, fragte sie streng beherrscht. »Kind, was ist dort drinnen mit euch passiert? Wer hat euch das angetan?«
    AnidA lachte, ein scharfes und freudloses Geräusch. Ihre Augen, über die Wolkenschatten zu ziehen schienen, fixierten Ylenia mit irritierender Intensität. »Uns?«, fragte sie belustigt. »Wen meinst du mit ›uns‹?« Sie hob die Hand und bewegte sacht die Finger. Der Ring schimmerte weich im Licht. »Es hat niemals zwei Ringe gegeben«, sagte sie gedankenverloren. Ylenia musterte sie, verwirrt ob des scheinbaren Themenwechsels.
    AnidA rieb mit dem Daumen über den Ring, schob ihn zum Knöchel hoch, zögerte. Ihre Augen glommen in einem nachtdunklen Ton. »Verstehst du?«, drängte sie. »Es war immer nur dieser eine Ring. Ein Ring, Tante Ylen!«
    Die Weiße Hexe begann zu

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