AnidA - Trilogie (komplett)
Worten ihrer Herrin gelauscht hatte, und schob sie zur Tür. »Komm, meine Alte, beruhige dich. Wir kümmern uns um Eddy. Komm.«
Die Tür schloss sich hinter den beiden, und Ida blickte wieder aus dem Fenster, ohne etwas von der Aussicht aufzunehmen. Ihre Finger drehten unablässig an dem schmalen Silberring, der an ihrer rechten Hand schimmerte, und in ihren Augen standen unvergossene Tränen.
Eddys im Tode noch dürrer wirkende Gestalt lag zusammengekrümmt neben der alten Blutbuche. Ihre Hände waren in den harten Boden gekrallt, und ihre Augen starrten blicklos in den klaren Herbstmorgen. Sie hoben den Leichnam auf und brachten ihn ins Haus. Die weinende Elaina war die Erste, die die kleine Ratte vermisste, die so lange Eddys Vertraute gewesen war.
»Sie muss fortgelaufen sein, als Tante Eddy starb«, sagte sie trostlos. »Das arme Tierchen, sie ist doch nicht daran gewöhnt, sich alleine durchzuschlagen. Vater, wir sollten sie suchen. Ach, es ist alles so furchtbar!«
»Ihr braucht nicht nach ihr zu suchen, Chloe ist sicher mit ihr gegangen«, erklang Idas klare Stimme an der Küchentür. »Eddy hätte sie niemals zurückgelassen.«
»Mutter«, sagte Elaina erschreckt. »Geht es dir gut?«
»Ausgezeichnet, Kind. Was ist mit dem Frühstück?«, erwiderte Ida und ging zum Herd. Sie hob den Wasserkessel von seinem Haken und begann mit ruhigen Händen, Tee zu bereiten. Simon machte seiner Tochter verzweifelte Zeichen.
Elaina nickte grimmig und trat zu ihrer Mutter. »Komm, Mutter, du solltest dich wieder hinlegen. Der Schock war zu groß für dich.« Sie fasste Ida fürsorglich um die Schultern. Die machte sich frei.
»Dummes Zeug«, sagte sie unwillig. »Nun macht doch nicht einen solchen Wirbel um die Sache!« Sie goss den Tee auf und begann Scheiben von einem großen Brotlaib zu säbeln. Simon und Elaina wechselten einen hilflosen Blick.
»Wir haben Tante Eddy in Großtante Ysabets altes Zimmer gebracht«, sagte Elaina nach einer Weile peinlicher Stille. »Dort können alle gut von ihr Abschied nehmen. Dorkas hat darum gebeten, die Nachtwache übernehmen zu dürfen. Wenn es dir recht ist, Mutter ...« Ida machte ein unverbindliches Geräusch und stellte Butter und Käse auf den Tisch.
»Ich habe auch schon den Orden benachrichtigt«, fuhr Elaina mit steigender Verzweiflung fort. Simon hockte zusammengesunken auf der Küchenbank, das Gesicht in den Händen vergraben. »Aber ich denke, es wird zu lange dauern, bis eine der älteren Schwestern hier sein kann. Wenn du es erlaubst, würde ich deshalb gerne selbst den Ritus der Reise leiten.« Sie wartete einen Moment, aber Ida antwortete nicht. Selbstvergessen vor sich hinsummend füllte sie etwas Quittengelee aus dem großen Tontopf in eine Schale.
»Mutter!«, sagte Elaina mahnend. »Hörst du mir überhaupt zu?«
»Aber ja, Kind, ich habe jedes Wort gehört.« Ida bückte sich, um im Schrank nach dem Beerenkompott vom Vortag zu suchen.
»Das hier lag auf Tante Eddys Brust«, sagte Elaina laut. »Sollen wir es ihr ins Grab mitgeben?«
Simon ließ die Hände sinken und blickte mit rot geränderten Augen auf die kleine Holzkrähe in der Hand seiner Tochter. Der Schnabel war zu einem höhnischen Krächzen geöffnet, und in den Krallen funkelte schwarz und boshaft eine geschliffene Perle.
Ida legte sorgsam das Messer hin, das sie in der Hand hielt und griff nach der Krähe. Ihr Gesicht zeigte sekundenlang einen heftigen Anflug von grimmigem Schmerz und Zorn. Mit einem wütenden Zischen warf sie die Holzkrähe auf den Steinboden und zerstampfte sie hasserfüllt mit dem Absatz zu tausend Splittern.
Simon und Elaina hatten schreckerstarrt zugesehen. Erst, als Ida sich gelassen umwandte und den Brotkorb auf den Tisch stellte, sprang Simon auf und griff nach ihrem Arm. »Prinzessin«, sagte er gequält. »Liebes, komm mit mir. Du brauchst Ruhe, mein Herz. Wir gehen auf dein Zimmer, komm.«
Ida machte sich sanft, aber bestimmt frei. »Hör auf, Simon«, sagte sie mild. »Hört beide auf. Macht mit Eddys Körper, was ihr für richtig haltet, aber erwartet nicht, dass ich mich in irgendeiner Weise an Zeremonien beteilige, die ich für überflüssig und zudem ausgesprochen geschmacklos halte, in Anbetracht dessen, dass meine Schwester immer noch lebt. Ich möchte jetzt bitte frühstücken, wenn ihr es erlaubt.«
Sie setzte sich an den Küchentisch und ließ Simon und seine Tochter in sprachloser Erstarrung einfach stehen. Endlich zuckte Elaina fatalistisch
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