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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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gestrenge Miene, aber ein winziger Kringel in ihren Mundwinkeln verriet sie.
    »Ach, lass gut sein und hör auf, das arme Kind zu quälen«, schalt Marisa gutmütig. »Komm, Kleines, lass dich nicht ärgern. Iss lieber deinen Teller leer, du wirst es brauchen.« Sie stand auf und holte den Teekessel, der an einem Haken über dem Feuer hing. Dorkas senkte amüsiert die Augenlider und lehnte sich entspannt zurück. Ihre groben Hände ruhten auf ihren Schenkeln, und sie musterte Ida immer noch unverwandt, aber mit einem sanfteren Blick als zuvor.
    »Wie alt bist du?«, fragte sie.
    »Fünfzehn, ich werde sechzehn im Sandmond.«
    Dorkas nickte und rieb nachdenklich mit dem Daumen über die Narbe auf ihrer Wange. »Was meinst du, Marisa?«
    Die Hebamme hatte die Teebecher aufgefüllt und hängte nun den Kessel wieder fort. Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze trocken und sah Ida mit schief gelegtem Kopf prüfend an. Ida erwiderte den Blick mit einer gehörigen Prise Trotz und wurde mit einem warmen Lächeln belohnt. »Sie ist ein gutes Mädchen, wenn auch starrsinnig und mit einem frechen Mundwerk gesegnet.« Marisa gluckste. »Sie wird gut ins Haus passen, Dorkas. Sehr gut wird sie ins Haus passen.«
    Die beiden älteren Frauen brachen in Gelächter aus. Ida wand sich rot vor Scham und Zorn in ihrem Sitz. Sie fühlte sich ausgelacht und überlegte, ob sie einfach gehen sollte.
    Dorkas legte ihr eine schwere Hand auf die Schulter und schüttelte sie leicht. Ihre Augen hatten sich spöttisch verengt.
    »Friede, Ida. Ich bekomme ja Angst, dass du mir an die Gurgel springst, wenn du so dreinschaust.« Sie wechselte einen verständnisinnigen Blick mit Marisa. »Musst du noch Sachen von zu Hause holen, oder bist du reisefertig?«
    Ida riss die Augen auf. »Aber – aber –«, stotterte sie. Marisa lachte leise und löffelte Honig in ihren Becher.
    »Aber ich muss doch zuerst mit ihnen reden. Mein Vater ... Tante Ysabet ... Ich kann doch nicht einfach so Knall auf Fall mit dir gehen!«
    Dorkas seufzte und stützte das Kinn in die Hand. »Glaubst du, dein Vater wird dir ohne Umstände die Erlaubnis geben, mit einer Gildenfrau nach Nortenne zu gehen?«, fragte sie gelassen. Idas Kiefer klappte herunter.
    »Nein«, krächzte sie schließlich. »Nein, natürlich nicht. Er wird toben und schreien und mich auf mein Zimmer schicken – ach du meine Güte!« Ihr Blick glitt unglücklich von Dorkas' Katzenlächeln zu Marisas mitfühlendem Gesicht.
    »Das ist der erste Preis, den du zahlen musst, wenn du zu uns gehören willst«, sagte Dorkas nicht unfreundlich. »Die erste Bindung, die gelöst wird, die erste von vielen. Wenn du das nicht fertig bringst, bist du daheim besser aufgehoben, Kleine. Geh nun nach Hause. Ich reise morgen im Morgengrauen ab, mit dir oder ohne dich. Und denk daran, nicht jede Neue bekommt den Luxus einer Eskorte zum Mutterhaus. Die meisten müssen alleine dorthin finden.« Sie erhob sich und reckte ihre stämmigen Glieder. »Ich würde mich jetzt gerne etwas hinlegen, Marisa. Ist deine Gastkammer frei?«
    Marisa ging mit der Gildenfrau hinaus und ließ Ida zerschmettert am Tisch zurück. Sie starrte auf die altersdunkle Tischplatte mit all ihren Kerben und Schrunden. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander wie Herbstlaub in einem Sturm. Sie hörte in ihrer tiefen Versunkenheit nicht, wie Marisa wieder die Küche betrat, und schrak deshalb heftig zusammen, als die alte Frau ihr tröstend eine Hand auf die Schulter legte.
    »Geh heim, Kind«, murmelte sie sanft. »Schlaf noch einmal darüber, und tu dann morgen, was du für richtig hältst. Vergiss nicht, es gibt immer mehr als nur einen Weg zum Ziel.«

    Tante Ysabet schalt sie heftig aus, weil sie sich davongemacht hatte. Ida stand mit hängenden Armen vor ihr und sah so verzagt und unglücklich drein, dass der Wortschwall der Tante zu versiegen begann und der Zorn in ihrem runden Gesicht einem besorgten Ausdruck Platz machte. Sie legte Ida eine mollige Hand auf die Stirn und schüttelte den Kopf.
    »Was hast du nur, Ida? Fühlst du dich schlecht? Fieber hast du keines, aber man weiß ja nie ... Am besten ist, du legst dich in dein Bett.«
    »Nein, es ist nichts, Tante Ysa«, wehrte das Mädchen hastig ab. »Ich bin ganz gesund, wirklich. Ach, Tante ...« Sie brach in hilflose Tränen aus.
    »Sofort ins Bett mit dir«, befahl Ysabet energisch und schob sie zur Treppe. »Ich koche Tee und mache dir einen Brustwickel. Ach, ihr Kinder, immer

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