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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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dramatische Pause, in der keiner es wagte, auch nur einen Finger zu rühren, »danach sind die Lager dran. Cairon wird komplett gesäubert. Man wird uns alle in die Minen von Altair IV schaffen, Freunde.«
    Es herrschte blankes Entsetzen. Keiner wagte etwas zu sagen, bis der alte Boris den Bann brach, indem er krächzend zu lachen begann.
    Der Redner blickte irritiert auf. Dann sah er den Alten an, und ein Lächeln krauste sein hässliches Gesicht. Er deutete mit dem Finger auf Boris und rief triumphierend: »Das ist der richtige Geist, Freunde! Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir lachen unseren Peinigern ins Gesicht! Nun lasst uns überlegen, was wir gegen diese Pläne des Administrators und seiner Schergen unternehmen können!«
    Ich konnte seinem Gesülze nicht länger zuhören. Ich murmelte »Entschuldigung« in Stells Ohr und rutschte von dem Bett, um mich durch die Versammelten hindurch zur Tür hinauszudrängeln. Draußen holte ich tief und hoffnungslos Luft. Was für eine idiotische, selbstmörderische Aktion! Glaubte dieser arme Irre wirklich, dass einem Haufen von Internierten mit Schockarmbändern irgendeine Art von Revolte gelingen würde, bevor einer von den Aufsehern auf den Alarmknopf drücken und das ganze Lager paralysieren konnte? Kleinere Versuche von Aufständen und Protesten hatte es in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben. Die Lagerfama berichtete in den glühendsten Farben davon, und einen hatte ich selbst, allerdings nur als Zuschauerin, miterlebt. Es gab keine Möglichkeit, sich von den Armbändern zu befreien. Das gab den Aufsehern eine vollständige Kontrolle über die Internierten, bis hin zur Exekution sämtlicher Inhaftierten mit einem einzigen Knopfdruck.
    Es würde kommen, wie es kam. Ich hätte es in der Hand gehabt, die Räumung der Clouds zu verhindern, aber ich hatte es vermasselt. Vielleicht verdiente ich alleine dafür die Minen.
    Spät in der Nacht kroch Stell stumm zu mir unter die Decke. »Warum bist du gegangen?«, flüsterte sie. »Er war großartig! Und weißt du was? Es könnte klappen. Die Computerausfälle in den letzten Wochen gehen auf sein Konto und das seiner Freunde.«
    Ich knurrte nur skeptisch. Computerabstürze waren ja gut und schön, aber bisher hatten sie nur den Produktionsbetrieb für ein paar Stunden lahmgelegt. Kein sehr beeindruckendes Ergebnis.
    Stell und ich sprachen nicht mehr über den Politischen und seine hochfliegenden Pläne. In den nächsten beiden Wochen fanden noch drei solcher Treffen statt, an denen ich nicht teilnahm. Stell war enttäuscht darüber, aber sie machte mir keine Vorwürfe. Ich hielt mich so weit wie möglich von dem irren kleinen Kerl fern, der da so blauäugig eine Lagerrevolte zu planen schien.
    Dann kam der Tag, an dem der Zentralcomputer abstürzte. Ich bemerkte es erst, als das Signal zum abendlichen Zählappell ausblieb. Es wurde unruhig im Lager, und dann erschütterte das unangenehme, außerhalb des hörbaren Bereiches liegende Schrillen mehrerer abgefeuerter Strahler meine Knochen. Ein Trupp Internierter war in die Dienstbaracke der Aufseher eingedrungen und hatte die Wachen überwältigt.
    Alle rannten durcheinander und brüllten und warteten auf die ersten Knochen brechenden Schocks, aber die blieben ebenso aus wie das Signal zum Zählappell. Hatte der krumme kleine Hund es am Ende doch geschafft? Er musste wahrhaftig Freunde drangesetzt haben, die Ahnung von dieser Computerscheiße hatten, denn er selbst war wohl kaum ...
    Jemand packte mich am Arm und riss mich in eine geschützte Ecke. Ich sah in seine lachenden Dackelaugen und umarmte ihn stürmisch. »Ich hab dein Zeichen gesehen und mich von dir fern gehalten. Wie bist du bloß hier reingekommen, noch dazu als ›Politischer‹?«
    »Wir haben jetzt keine Zeit«, sagte Dix mit einem schnellen Blick in die Runde. »Die können jeden Moment das zweite System wieder in Betrieb nehmen, und dann ist hier der Teufel los. Komm mit, Eddy!«
    Ich folgte ihm zum Verwaltungsgebäude. Wir drückten uns vorsichtig um die Ecke und blickten zum Haupttor. Die Energiebarriere um das Lager stand noch, aber in dem Moment, wo ich mich fragend zu meinem Begleiter umwandte, erschütterte ein ohrenbetäubender Knall das Lager. Der Boden bebte leise. Die Barriere flackerte kurz auf und verschwand. Jubel ertönte vom anderen Ende des Lagers, und ich konnte mir bildhaft ausmalen, wie die Internierten dort das Weite suchten.
    »Los«, befahl er, und ich rannte. Ich hörte ihn

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