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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Zählappell noch einmal unsere Unterkünfte zu verlassen. Wenn man sich dabei erwischen ließ, zog das unweigerlich einen Verweis nach sich. So war ich an den einen meiner Aufenthalte im Dunkelarrest gekommen. Das war, bevor Stell es geschafft hatte, in meine Baracke verlegt zu werden. Sie hatte mir bis heute nicht verraten, wie sie die Sache gedeichselt hatte, aber ich hatte da so eine Ahnung. Der Lagerkommandant war dem Vernehmen nach weiblichen Reizen nicht abgeneigt, vor allem, wenn sie in der zierlichen, blonden Variante daherkamen, und geizte dann durchaus nicht mit Vergünstigungen.
    Eine halbe Stunde nach der Kontrolle der Baracken wurde das Licht abgedreht. Ich wartete noch eine weitere halbe Stunde, dann verriet das lautstarke Rascheln und ein unterdrückter Fluch im Gang neben meinem Bett, dass die ersten sich auf den Weg machten. Ich rutschte von meinem Bett und schloss mich ihnen an. Neben mir humpelte hustend Boris auf seinen arthritischen Beinen her, einer der ältesten Internierten von Lager C. Er war seit beinahe vierzig Jahren hier, und es war abzusehen, dass er hier auch sterben würde. Ich nahm schweigend seinen Arm, um ihn zu stützen. Er dankte es mir mit einem schrägen Blick und einem mürrischen Räuspern.
    In Baracke Dreizehn wurde es bereits mehr als eng, als wir eintrafen. Natürlich kamen nicht alle Internierten des Blocks zu solchen nächtlichen Treffen. Die meisten der Älteren hatten kein großes Interesse mehr daran. Boris bildete da eine der seltenen Ausnahmen, aber das lag wohl eher daran, dass er ohnehin unter Schlaflosigkeit litt, wie er mir einmal erklärt hatte. Und er fürchtete sich nicht vor einem Verweis.
    »Ich habe so oder so noch etwa dreißig Jahre abzusitzen, meine Entlassung werde ich wohl kaum noch erleben«, krächzte er. »Aber es nimmt dem Kommandanten jedes Vergnügen daran, mich zu bestrafen. Und sie trauen sich nicht mehr, mir 'nen Schock zu verpassen, weil sie Angst haben, dass ich ihnen dann tot umfalle und doch endlich hier rauskomme, wenn auch mit den Füßen zuerst.« Er lachte sein meckerndes Lachen und stieß mir seinen spitzen Ellbogen in die Seite. Ich fragte mich, ob ich nach zwanzig Jahren hier die Sache auch derart mit Humor würde nehmen können.
    Ich quetschte mich neben Stell auf ein Bett, auf dem schon drei andere Frauen saßen, und legte meinen Arm um ihre Taille. Sie lächelte mir kurz zu und wandte ihre Aufmerksamkeit dann dem kleinen dürren Kerl zu, der sich gerade in die Mitte durchkämpfte und um Ruhe heischend die Hände hob. Ich sah sein Gesicht und die schwarze Markierung auf seinem Schockarmband und wurde neugierig. Was hatte Dix hier im Lager verloren, noch dazu mit dieser Markierung?
    »Das ist doch kein Asoz«, flüsterte ich Stell ins Ohr. Sie schüttelte unwillig den Kopf. »Politischer«, hauchte sie und legte einen Finger auf die Lippen. Ich schnalzte mit der Zunge. Politische landeten normalerweise nicht hier im Lager. Es gab ein Übergangsgefängnis für sie, von dort aus wurden sie zur Reprogrammierung zu den Zentralwelten gebracht. Nicht, dass es viele Politische gegeben hätte. Die meisten Untertanen der Kaiserin waren zufrieden damit, wenn sie von irgendwem irgendwie regiert und mit den näheren Umständen in Ruhe gelassen wurden. Heutzutage genügte es schon, wenn man den Wunsch äußerte, wählen zu dürfen, um in den Akten der Sicherheit aufzutauchen.
    Dix hatte endlich die Aufmerksamkeit, die er wünschte. Er wandte sich in die Runde und blickte jedem von uns einen Moment lang fest in die Augen. Er blinzelte kurz und fuhr sich mit der Hand durch das struppige Haar, dann glitt sein Blick weiter.
    »Meine Freunde«, begann er leise, aber mit einer Stimme, die bis in den letzten Winkel der Baracke drang, zu sprechen. »Ich bin hier, weil ich denke, dass ihr ein Recht darauf habt, zu erfahren, was draußen vor sich geht.« Er machte eine dramatische Pause.
    »Gute Show«, murmelte ich und erntete einen festen Knuff von Stell.
    Er fuhr fort: »Die Clouds von Cairon City sind im letzten Monat von den Truppen des Galaktischen Sicherheitsdienstes vollständig geräumt und danach dem Erdboden gleichgemacht worden.« Ein Ausruf des Entsetzens ging durch den Raum. Ich schloss die Augen und dachte an Tallis und ihr behagliches kleines Haus. »Alle Bewohner der Clouds, die ohne IdentiCard aufgegriffen wurden, sind verhaftet worden und warten nun auf ihren Abtransport in die Strafkolonien. Und danach«, er machte erneut eine

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