Anidas Prophezeiung
der vergangenen Nacht ein Shuttle auf den Kopf gefallen war. Sie ignorierte meinen Einwand und begann mich zu betatschen.
»He«, protestierte ich und schlug ihre Hände weg. »Was fällt Ihnen ein?« Eine ungute Ahnung kroch in mir hoch. Wie weggetreten war ich letzte Nacht wirklich gewesen? »Entschuldigung, kennen wir uns näher?«, fragte ich vorsichtig. Sie grinste und zog mir wieder das Nachthemd hoch. Anscheinend kannten wir uns näher.
Ihre Hände betasteten allerdings eher sachlich meine Rippen. »Tut das noch weh?«, fragte sie. Ach du Scheiße, eine MediTec. Das hier musste ein Hospital sein. Wie war ich denen nur in die Hände gefallen? Hatte ich im Suff einen Unfall gebaut?
»Bitte, ich habe keinen müden Galacent, um Sie zu bezahlen.« Ich versuchte aufzustehen. »Am besten lassen Sie mich gleich gehen, ehe die Rechnung so hoch wird, dass ...« Sie drückte mich zurück ins Bett. Kräftig war sie, das musste man ihr lassen.
»Immer mit der Ruhe. Du hast sicher Kopfschmerzen, hm? Wie steht es mit Schwindel? Schmerzen in den Gliedmaßen?«
»Sie haben mich nicht verstanden«, erwiderte ich mit aller Geduld, die ich aufbringen konnte. »Ich bin blank wie eine Carobianische Sumpfunke. Ich habe keine Möglichkeit, die Behandlung zu bezahlen, kapiert?«
»Das wird auch nicht nötig sein«, sagte jemand von der Tür her. »Gudren ist eine Freundin, Eddy.«
»Tallis, dem Himmel sei Dank«, sagte ich aus tiefstem Herzen. »Kannst du mir sagen, was hier los ...« Meine Stimme kündigte mir mit einem peinlichen Quietscher vorläufig ihren Dienst auf. Gudren hatte sich taktvoll etwas zurückgezogen und mir volle Sicht auf Tallis und die ebenso winzige, rothaarige Frau ermöglicht, die sie begleitete. Beide standen dicht nebeneinander, beide trugen alberne Kleider und beide hatten einen ... einen ... Schweif, der fröhlich den Boden fegte. Einer in Rot und einer in Schwarz, beide sehr lang, sehr buschig und – nun ja, sehr ›schweifig‹. Nichts, was ich ohne weiteres am harmlosen Hinterteil einer alten Freundin vermutet hätte.
Tallis registrierte meine langsam hervorquellenden Augen und griff hastig nach meiner Hand. »Kind, keine Panik, ich bitte dich. Das ist alles völlig in Ordnung, du bist unter Freundinnen, du hast das Lager glücklicherweise hinter dir ...«
Das Lager. Ich ächzte und fiel zurück auf das Kopfkissen, wobei ich mich schon wieder an der dussligen Brosche stach.
Die MediTec kam wieder zum Bett und schob Tallis nicht sehr sanft beiseite. »Das nennst du ›nicht beunruhigen‹? Hab ich dir nicht gesagt, du sollst vorsichtig sein? Die Kleine ist zum ersten Mal seit über einer Woche ansprechbar und du gehst gleich mit dem Holzhammer auf sie los.«
Die rothaarige Frau – Frau? Mit einem Schweif? – kicherte leise und machte eine unterdrückte Bemerkung, die ich nicht verstand. Tallis sah sie vernichtend an und knurrte: »Du warst schon immer mein vorlautester Nachkömmling, Mellis. Schämst du dich nicht darüber, wie ungebührlich du mit deiner Nestältesten sprichst?« Mellis grinste unverschämt und tippte wortlos mit einem scharfen, gekrümmten Fingernagel gegen den Ring in ihrem Ohrläppchen. Ich schloss die Augen. Das war mir alles zu wild. Vielleicht würde ich ja in einer normalen Welt wieder wach, wenn ich das nächste Mal die Augen öffnete.
Aber als ich das nächste Mal die Augen öffnete, sah ich mir selbst ins Gesicht. Zwar waren die Kopfschmerzen inzwischen zu einem dumpfen Pochen abgeklungen, aber anscheinend wirkte da noch ein Rest von dem nach, was ich getrunken – oder geraucht? – hatte. Das Gesicht verzog sich zu einem etwas unsicheren Lächeln. Ich grinste unwillkürlich zurück.
»Du hast mich aus diesem schrecklichen Eisblock rausgezogen, nicht?«, hörte ich mich zu meiner eigenen Überraschung sagen.
Die Frau mit meinem Gesicht nickte. »Ich freue mich, dass du wach bist«, sagte sie mit meiner Stimme. »Lass dir bloß Zeit, dich an mich zu gewöhnen. Ich habe auch eine Woche dafür gebraucht.«
Ich entschied, dass ich nicht mehr schlief, auch nicht träumte und anscheinend auch nicht mehr betrunken war, und richtete mich vorsichtig auf. Die Frau wich ein wenig zurück und ließ mich nicht aus den Augen. »Hallo«, sagte ich wenig einfallsreich. »Ich heiße Eddy.«
»Hallo Eddy«, erwiderte sie mit einem winzigen Lächeln. »Ich heiße Ida.« Wir schüttelten uns feierlich und ein bisschen verlegen die Hände.
»Wo ... wer ... äh ...«, begann ich
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