Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
würdigte sie keiner Antwort. Ida ließ nicht locker. »Warum habt Ihr mir die Kette nicht einfach gegeben, als ich zuletzt hier war? Hattet Ihr Sorge, dass ich Euch dann nicht angemessen bezahlen würde?«
    Marten schob den Rest des Essens in seinen Mund, warf die Pfanne wortlos auf den Herd zurück und stapfte aus der Küche. Ida hörte, wie er sich im Schankraum geräuschvoll umherbewegte, eine Bank verrückte, mit Krügen klapperte, und seufzte entmutigt. Sie erhob sich, ging hinüber in den Schankraum, wo Marten brütend an einem der stillen Tische hockte, und sagte kalt: »Wir hatten eine Abmachung, Wirt. Entweder Ihr besorgt mir, was ich haben will, oder Ihr bringt mich hinüber in den Hort. Denkt darüber nach. Gute Nacht.«
    Sie hatte schon halb die Treppe zu den Gästekammern erklommen, als ein wütender Fluch sie innehalten ließ. Etwas scharrte über den Boden. Ein Krug zerschellte dicht neben ihrem Kopf an der Wand und überschüttete sie mit Scherben und scharf riechendem Schnaps. Ida wandte sich nicht um. »Wir reden morgen darüber«, sagte sie schroff und setzte unbeirrt ihren Weg fort.
    »Fahr zur Hölle!«, scholl es hinter ihr her. Sie schloss die Tür und holte tief Luft. Das würde noch ein ordentliches Stück Arbeit werden. Hoffentlich setzte der Kerl sich nicht über Nacht ab. Sie öffnete die Tür einen Spalt breit und hielt ihre Ohren offen. Aber die Geräusche, die von unten heraufdrangen, deuteten nur darauf hin, dass der Wirt sich zügig weiter volllaufen ließ. Einigermaßen beruhigt legte Ida sich aufs Bett. Sie wagte zwar nicht, sich auszuziehen, aber zumindest ein wenig Schlaf wollte sie sich gönnen.
    Die Nacht wurde entsprechend unruhig. Immer wieder schrak sie aus ihrem oberflächlichen Schlummer und lauschte den schweren Schritten, die durch die Gaststube stapften, Martens betrunkenen und weinerlichen Selbstgesprächen, dem Poltern von Möbeln und zerbrechendem Geschirr.
    Spät in der Nacht wurde es endlich ruhig im Haus. Sie trat auf den Treppenabsatz und blickte in den Gastraum. Im Kamin verglomm das Feuer. In seiner Nähe auf dem Boden machte sie einen massigen Körper aus und hörte das schwere Atmen und gelegentliche Schnarchen des Wirtes. Beruhigt kehrte sie in ihre Kammer zurück und erlaubte sich den Luxus eines kurzen, tiefen Schlummers.

    Ihre innere Unruhe ließ sie bei Sonnenaufgang erwachen. Sie stahl sich leise die Treppe hinunter, obwohl den schnarchenden Wirt wahrscheinlich noch nicht einmal eine durch die Gaststube getriebene Rinderherde aufgeweckt hätte. Ida öffnete die Tür zur Gasse und blickte hinaus. Das Haus am anderen Ende, das gestern noch vollständig sichtbar gewesen war, war teilweise in der Nebelbank verschwunden. Ida zog den Kopf zurück und ging in die Küche, um sich ums Frühstück zu kümmern.
    »Das riecht ja grauenvoll«, knurrte Marten statt eines Morgengrußes und taperte durch die Küche in den Hof. Ida hörte die Pumpe kreischen, gefolgt von einigen herzhaften Flüchen in Martens heiserem Bass.
    Wenig später stand der Wirt wieder in der Küche, mit nacktem Oberkörper, das kurz geschorene Haar tropfnass. Er griff nach einem Handtuch und begann sich abzutrocknen. Ida wandte grinsend ihren Blick von dem bemerkenswerten Anblick ab und widmete sich wieder dem Herd.
    »Ich habe außer Eiern und Brot nichts mehr gefunden. Sind Rühreier in Ordnung?«
    »Falls Ihr es noch schafft, sie aus der Pfanne zu kratzen, ehe sie ganz zu Kohle geworden sind«, antwortete er dumpf unter seinem Handtuch her. Er stapfte aus der Küche und die Treppe hinauf. Ida verteilte die leicht angebrannten Eier auf Brotscheiben und stellte sie auf den Tisch.
    »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«, fragte sie, als Marten in einem frischen Hemd wieder in die Küche kam.
    »Vor dem späten Mittag wird es kaum hier sein«, erwiderte er brummig und griff nach der Gabel.
    »Was werdet Ihr jetzt tun? Euch irgendwo anders niederlassen?«, fragte Ida neugierig.
    Marten kaute mit langen Zähnen auf dem Rührei herum. »Also, vom Kochen versteht Ihr nichts«, mäkelte er. »Jemand, der sogar ein simples Rührei versauen kann, sollte besser die Finger ganz davon lassen.« Ida grinste, und er blickte sie finster an. »Das war kein Scherz«, polterte er.
    »Nun«, sagte Ida friedlich. »Mein Ehrgeiz, was das Herstellen von Rühreiern angeht, ist auch nicht besonders ausgeprägt. Ab heute Mittag dürft Ihr gerne wieder an den Herd.« Er schnaubte verächtlich und schob sich das Brot in

Weitere Kostenlose Bücher