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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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auf einen niedrigen Schemel und zog die Stiefel aus. Während sie ihre Beine ausstreckte, sah sie sich in dem niedrigen Raum um und fragte sich etwas unbehaglich, ob sie gezwungen sein würde, mit ihrem Begleiter das Strohlager zu teilen. Lieber würde sie im Stall bei den Pferden übernachten. Sie stand auf und ging zum Herd hinüber, auf dessen gemauerter Umrandung ein Laib Brot und ein Tontopf mit Butter standen.
    »Finger weg von meinem Herd«, warnte der Wirt, der wieder eingetreten war, den Arm voller Feuerholz. »Wagt es nicht, auch nur den Versuch zu machen, ein Essen zu bereiten, ich sage es Euch im Guten!« Ida lachte und zog sich mit erhobenen Händen wieder an den kleinen Tisch zurück.
    »Wenn Ihr Euch unbedingt nützlich machen wollt, dann seht in dem Kasten dort nach, ob etwas Passendes zum Anziehen für Euch da ist.« Marten deutete mit einem Furcht erregenden Messer in eine Ecke des Raumes. Er wandte sich wieder um und schälte flink und geschickt die dunkelroten, faustgroßen Knollen, die er aus einem Korb am Fenster genommen hatte.
    Ida hob den Deckel des Kastens und holte einige seltsam geschnittene Kleidungsstücke heraus. »Wie trägt man das?«, fragte sie ratlos und hielt ein unförmiges Stück hoch, bei dem sie sich noch nicht einmal sicher war, wo oben und wo unten war, von hinten und vorne ganz zu schweigen.
    Marten sah sich kurz um und schälte dann weiter. »Gar nicht«, sagte er knapp. »Außer Ihr legt Wert darauf, mit einer Binde um die Augen zu reisen. Das sind Frauenkleider, Prinzessin.« Er begann die Knollen zu vierteln und in eine Kasserolle zu schichten.
    Ida ließ das Kleid fallen und wühlte sich weiter durch den Inhalt der Lade. »Wie meint Ihr das?«, fragte sie nebenbei und begutachtete kritisch eine weite, dunkelgrüne Hose, die sie an die Tracht der Grennach erinnerte.
    Marten seufzte und schrubbte Kartoffeln in einem kleinen Zuber mit Wasser sauber. »Ihr habt wirklich keine Ahnung, wie es im Nebelhort aussieht, nicht wahr? Und Ihr wolltet alleine dorthin.« Er schnaubte abfällig und wischte sich die Hände an der Hose ab, ehe er nach den Eiern griff, die er von Korlebek mitgebracht hatte, und sie in eine kleine Tonschüssel schlug. Er hackte eine Hand voll Kräuter fein und gab sie dazu.
    »Spart Euch Euren herablassenden Ton.« Ida schlüpfte in eine taillenkurze, bestickte Jacke. »Ich hätte schon herausgefunden, wie ich mich dort verhalten muss.«
    Marten leckte seinen dicken Zeigefinger ab, schnalzte missbilligend mit der Zunge und griff nach dem Salztopf. »Das bezweifele ich nicht, aber es hätte eine schmerzhafte Erfahrung werden können.« Er goss das Gemisch über den Inhalt der Kasserolle, stellte sie auf den Herd und wandte sich zu Ida um. »Lasst sehen.« Er musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Ja, das könnte gehen. Ihr seid ja glücklicherweise nicht allzu üppig gebaut. Wenn wir den kleinen Rest noch wegbinden, geht Ihr ohne weiteres als Mann durch.«
    Ida funkelte ihn wütend an. »Was für ein Glück, dass wir Euren fetten Bauch nicht wegbinden müssen!« Sie zog die Jacke wieder aus und warf sie in den Kasten zurück. Marten zuckte gleichmütig mit den Achseln und wandte sich wieder seinem Herd zu.
    Bis die ersten verlockenden Düfte durch den Raum zogen, wahrte Ida ihr verstimmtes Schweigen. Dann, als Marten den Deckel von der Kasserolle hob und beiden einen tiefen Teller daraus füllte, konnte sie nicht mehr an sich halten. Das Wasser lief ihr allein beim Geruch des Essens im Munde zusammen. Sie griff nach dem Löffel, den er ihr schweigend hinhielt, probierte einen Bissen und seufzte selig. »Mann, Ihr würdet ein Vermögen verdienen, wenn Ihr in Nortenne ein Gasthaus führen würdet. Die Leute würden sich um Eure Küche prügeln!«
    Das Gesicht des dicken Mannes wurde weich. »Ja, das ist mein Traum«, bekannte er ein wenig verlegen. »Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich nur noch für andere kochen werde, wenn ich einmal zu alt bin, um ... nun, um das zu tun, was ich jetzt mache.«
    »Aber warum denn erst, wenn Ihr alt seid? Warum nicht jetzt schon?«, wunderte sich Ida und leckte genießerisch ihren Löffel ab, ehe sie aufstand, um sich eine zweite Portion zu holen.
    Marten hörte auf zu kauen, den Löffel erstarrt in der Luft. Er sah ausgesprochen verdutzt aus. Ida sah ihn an und begann heftig zu lachen. Er runzelte beleidigt die Stirn, aber dann steckte Idas Lachen ihn an. »Stellt mir lieber nicht solche Fragen, Prinzessin«,

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