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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Euch an«, hörte sie ihn brabbeln. »Jetzt hat's die Schmiede erwischt. Das Haus meines Vaters, einfach so weg. Un' danach ist die Schenke dran, ach, es ist doch ein Jammer. Mein Geburtshaus, müsst ihr wissen.« Er schniefte jämmerlich. »Hat mei'm Großpa gehört. Meine Großma war Hebamme, hat mich auf die Welt geholt, jawohl. Da im Wirtshaus, oben im ersten Stock. Marten nicht, der is' in der Schmiede zur Welt gekommen. Hatte es schrecklich eilig, der Junge.« Er putzte sich lautstark die Nase und griff nach dem kleinen Tonkrug, den er zwischen seine feisten Schenkel geklemmt hielt.
    Ida kehrte an seine Seite zurück, den Beutel mit Geld in der Hand. »Ihr seid ja sturzbesoffen, Mann«, sagte sie nicht unfreundlich. »Ihr redet kompletten Schwachsinn. Simon ist in der Schmiede zur Welt gekommen, nicht Marten. Marten seid Ihr doch selber, alter Saufkopp.«
    Er sah sie traurig an und wischte sich wieder mit seinen fleischigen Handballen über die Augen. »Ja, da habt Ihr wohl Recht«, murmelte er schwach. »Ihr seid schon 'ne ganz Schlaue, was, Prinzessin? Simon, ja, klar, Simon. Habt Ihr mein Geld?«
    Der scharfe Blick, der sie aus seinen grünlichen Augen traf, war alles andere als betrunken. Ida schüttelte den Kopf und hielt ihm den Beutel hin. »Gebt mir die Kette«, befahl sie schroff. Er ließ den Beutel nicht aus den Augen, während er ihr die Kette reichte, und grabschte gierig danach, noch ehe er sie in ihre Handfläche fallen ließ.
    Während er das Geld zählte, betrachtete Ida die Kette ihrer Mutter. Sie war es wirklich. Bis eben hatte sie damit gerechnet, dass Marten versuchen würde, sie hereinzulegen, aber das hier war Lady Aurikas Kette, ohne Zweifel.
    »Wie habt ihr es geschafft, sie von Simon zu bekommen?«, fragte sie.
    Marten sah nicht von den Geldstücken auf. »War'n Kinderspiel«, sagte er mürrisch. »Ich hab gedroht, ihm die Fresse einzuschlagen, da hat er sie mir gegeben.«
    »Habt Ihr ihn nach Albuin gefragt?«, bohrte Ida. Der dicke Mann schüttelte stumm den Kopf und fegte die Geldstücke wieder in den Beutel zurück. »Warum nicht?«, fragte Ida ungeduldig. »Er war unsere einzige Fährte, Mann! Ihr solltet ihn ausfragen, das war unsere Abmachung!«
    »Er hätte eh' nix gewusst«, murmelte Marten.
    Ida starrte ihn an, seine seltsam schuldbewusste Miene, und begriff. »Du hinterhältiger Mistkerl! Du hast mich angelogen. Du hast Simon gar nicht getroffen. Du hattest die Kette schon die ganze Zeit!«
    Marten starrte sie reglos an. Sie ließ ihre zum Schlag geballte Faust sinken und flüsterte: »Du hattest sie wirklich! Wie kann das sein?«
    Er machte sich los und wandte den Blick wieder dem langsam im Nebel versinkenden Ort zu. »Simon ist tot«, sagte er tonlos. »Schon seit Jahren, Prinzessin.«
    Ida setzte sich mit weichen Knien neben ihn auf den Felsbrocken. Beide starrten schweigend ins Tal, während die Abendsonne den bedrohlichen Anblick in einen weichen goldenen Schein tauchte. Marten hielt Ida stumm den Tonkrug hin, den sie ebenso wortlos in Empfang nahm. Sie trank einen großen Schluck von dem scharfen Schnaps, gab Marten den Krug zurück und atmete langsam durch, während sie nur mühsam ihren Zorn bezwang.
    »Bekomme ich eine Erklärung?«, fragte sie ruhig. Der dicke Wirt setzte den Krug an und leerte ihn in wenigen Zügen. Dann wischte er sich den Mund und die Augen und schüttelte den massigen Kopf.
    »Heut nich' mehr, Prinzessin«, sagte er mit schwerer Zunge. »Kommt, lasst uns gehen. Wenn die Sonne erst mal untergegangen is', geht's nich' mehr so flott weiter mit dem verdammten Nebel. Wir können noch eine Nacht in mei'm Haus schlafen.« Seine Stimme versagte, und er atmete schluchzend. Ida sah, dass er mit den Tränen kämpfte, und wandte sich angewidert ab.
    »Wo ist Euer Pferd?«, fragte sie, während sie in den Sattel stieg. Marten wuchtete sich auf die Füße und stand leise schwankend da, mit vorgerecktem Bauch, die riesigen Pranken in die Seiten gestemmt.
    »Mein Pferd?«, erwiderte er mit einem scharfen Lachen. »Sollte ich dem armen Gaul denn zumuten, mich hier raufzuschleppen? Ich bin auf meinen eigenen Füßen hier, und so komm' ich auch zurück. Reitet nur schon vor, Prinzessin, Ihr wisst ja, wo's ist.«

    Es war eigenartig, direkt auf die drohende Nebelwand zuzureiten. Ida fühlte sich ganz und gar nicht wohl in ihrer Haut. Sogar ihre Stute war nervöser als sonst. Ihre Hufe klapperten laut über das unebene Pflaster, und der Schall brach sich

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