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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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kalt werden sollte ...« Er sprach nicht weiter und löschte das Licht. Ida hörte das Stroh rascheln und suchte eine bequemere Stellung auf dem harten Boden. Unangenehme Kühle stieg von dem gestampften Lehm auf. Sie wickelte sich eng in ihre Decke, und müde, wie sie war, schlief sie auch sofort ein.
    Mitten in der Nacht wurde sie wach, weil ihre Zähne aufeinanderschlugen. Das Feuer war völlig ausgegangen, und vom Fluss her kroch winterlicher Frost in den Raum. Ida richtete sich leise auf und tappte auf eiskalten Füßen zu ihren Satteltaschen hinüber. Wenn sie auch noch ihr Reservehemd überzog, würde sie das vielleicht warm genug halten, dass sie wieder einschlafen konnte.
    Es raschelte leise, und Marten brummte verschlafen: »Jetzt seid doch nicht so dickköpfig, Ida. Hier ist wirklich Platz genug für zwei und wärmer ist es auch. Kommt, Ihr habt mein Wort, dass ich Euch nicht einmal ansehen werde. Großes Ritterehrenwort, Prinzessin.«
    Ida knirschte erbittert mit den Zähnen. Dann siegte ihre Gänsehaut über ihren Stolz. Sie packte ihre Decke und kroch wortlos zu Marten auf das Strohlager. Er rückte beiseite, und sie streckte sich neben ihm aus, strengstens darauf bedacht, mindestens einen Fußbreit Raum zwischen ihnen zu lassen. Er lachte gedämpft und zog die Decke wieder über seine Ohren. Ida lag noch eine Weile mit offenen Augen da und starrte ins Dunkle, während Martens Atemzüge neben ihr langsamer und tiefer wurden. Von seinem schweren Körper strahlte Wärme aus wie von einem bullernden Ofen und taute ihre erstarrten Glieder auf. Idas Lider wurden schwer. Sie grub sich wohlig tiefer ins Stroh und schlief ein.
    Als die ersten Strahlen der Sonne durch das winzige Fenster kitzelnd auf ihre Nase fielen, wusste sie für einen langen, friedlichen Moment nicht, wo sie war. Sie lag angeschmiegt an einen massigen, ruhig atmenden Körper, ihren Kopf in einer fremden Armbeuge und mit einem schweren Arm quer über ihrer Brust.
    »Hmmm«, murmelte sie schläfrig und schob den lästigen Arm fort. Sein Besitzer brummte und rollte ein Stückchen zur Seite. Ida seufzte zufrieden und schlief wieder ein.
    Als sie das nächste Mal erwachte, war sie allein. Ida streckte sich und gähnte. Dann rollte sie ihre Decke zusammen und schnürte sie auf ihre Satteltasche. Stirnrunzelnd fischte sie die Kleider auf, die sie sich gestern aus der Lade gesucht hatte, und begann sich anzukleiden. Während sie noch mit dem ungewohnten Verschluss des weiten und nahezu knielangen Oberteils kämpfte, schwang die Tür weit auf, und Marten stapfte hinein, einen Eimer mit Wasser in der Hand.
    »Gut geschlafen?«, fragte er und schob sich an ihr vorbei zum Herd.
    »Ausgezeichnet«, erwiderte Ida stirnrunzelnd. Sie hielt eine lange, schreiend grüne Schärpe hoch und fragte: »Wo gehört die hin? Um den Kopf?«
    Marten blickte auf und rieb sich nachdenklich über die Nase. »Wie wäre es Euch denn am liebsten?«, fragte er. »Normalerweise bindet man sich so was um den Bauch, aber wenn Ihr sie lieber um den Kopf gewickelt tragen würdet – bitte, tut Euch keinen Zwang an.«
    Ida ließ die Schärpe fallen und stemmte die Hände in die Seiten. Sie funkelte den dicken Wirt erbost an. »Und Ihr?«, fragte sie wütend. »Wollt Ihr Euch nicht auch lieber den Landessitten gemäß kleiden? Oder regelt Ihr das ebenfalls per Bestechungsgeld?«
    Marten grunzte vergnügt. Dann kniete er sich mit weit gespreizten Beinen auf den Boden, um das Herdfeuer in Gang zu setzen. Die schäbige schwarze Hose spannte über seinem ausladenden Gesäß und den feisten Schenkeln, und sein schwerer Bauch drohte, die durch die Kniebeuge arg belasteten Knöpfe einfach abzusprengen.
    Der dicke Mann kam umständlich wieder auf die Füße und stellte den Wasserkessel auf den Herd. Ida hatte sich der Lade mit den Kleidern zugewandt und wühlte darin herum. Es gab da ein erstaunliches Sortiment vom derbsten Leinenkittel bis hin zu kostbaren Hemden aus feinsten, bestickten Seidenstoffen. Sie fragte sich, was der Wirt wohl damit anfangen mochte. Eine voluminös geschnittene dunkelblaue Hose und ein weites, helles Hemd in der Hand drehte sie sich zu Marten um und hielt sie ihm entgegen. »Wäre das nicht etwas für Euch?«
    Er drehte den Kopf, blickte auf die Kleider und kehrte wieder zu seinen Frühstücksvorbereitungen zurück. »Zu klein«, sagte er kurz. Ida wendete die Stücke ungläubig in den Händen und wandte sich wieder der Lade zu. »Gebt Euch keine Mühe,

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