Animal Tropical
Kräutertee, Stille und eine undurchdringliche Dunkelheit rings um das Haus.
23
In Göteborg lief alles wie geplant: Ich zog mir eine weiße Hose an und ein tropisches Karnevalshemd und ging mit einer geruchsstarken Zigarre umher. Vorsorglich hatte ich einige Salsa-Kassetten mitgebracht. Man wollte gar keine Musik spielen, und das Ganze war viel zu feierlich, und zwar in einem Maße, dass die anderen drei Maler wie Staffage wirkten. Darüber hinaus trugen sie Anzug und Krawatte und schwarze Schuhe. Also veranstaltete ich einen Aufstand, der einem Künstler erster Klasse alle Ehre gemacht hätte, und bald darauf kam eine gute Musikanlage zum Vorschein. Ich legte meine Kassetten ein. Es gab nur Wein. Ich verlangte, man solle ein paar Flaschen Rum kaufen. Heftig wies der Galerist meinen zweiten Aufstand zurück. So viel Geld wollte er auf keinen Fall investieren. Na schön. Dann eben mit Wein. Ich zog meine karibische Show ab. Wie gerne bin ich doch der König des Mambo. Ich tanzte mit den wagemutigsten Damen Salsa und amüsierte mich herrlich. Kein Leichtes in Göteborg. Nahezu unmöglich. Doch ich hatte Spaß in Göteborg, wenngleich ich glaube, dass ich es mit dem Trinken etwas übertrieb. Eine Dame mit laszivem Gesicht und Perlen und Schmuck bis zu den Titten erschien. Sie interessierte sich für drei Bilder. Wir tanzten und sprachen miteinander. In ihrer Sammlung hatte sie einen Warhol und einen Rauschenberg und einen was weiß ich. Na ja. Geld wie Heu. Und ich warf mich in die Brust, um ihr meine bescheidenen Bildchen zu verkaufen. Sie wollte mit mir zusammen zu Abend essen. Unmöglich. Agneta trank literweise Mineralwasser und wich nicht eine Minute von meiner Seite. Ich stellte sie als meine Agentin für Europa vor. Ich war etwas angetrunken, sie aber nicht, und rasch fügte sie hinzu:
»Wir haben eine sehr schöne Beziehung. Ich bin zugleich seine Freundin und Repräsentantin.«
Unglaublicherweise tat sie so, als sei sie angetrunken, und sagte denselben Satz zuerst auf Englisch, dann auf Französisch und wiederholte ihn noch einmal auf Schwedisch! In einer Minute war die laszive Dame verschwunden. Das Ende der Geschichte ist, dass ich ein einziges belangloses Bild verkaufte. Himmel, Arsch und Zwirn! So kann man nicht leben, mit diesem Unglücksgeist, der mich durch ganz Schweden verfolgt. Hinterher komme ich nach Kuba zurück, und alle denken, ich hätte die Taschen voller Geld; wenn ich dann keine Wahnsinnsparty schmeiße, um meine Rückkehr zu feiern, wird es heißen, ich sei ein Knauser und Raffer. Ach, du grausame Welt, wie ungerecht bist du doch.
Wir kehrten nach Stockholm zurück, und am nächsten Tag brachte ich sie in ein Tätowierungsstudio. Es liegt in der Nähe des Hauses, im Keller. Das Übliche: Die Wände sind von tausenden von Zeichnungen bedeckt. Es gibt Piercings und ein Terrarium mit einer düsteren, unbeweglichen Schwarzen Witwe, die ein paar Grashüpfer belauert. Ein alter Jackpot-Automat. Heavy Metal dröhnt in voller Lautstärke, überall Trophäen, die sich der Typ bei europäischen Tätowierungswettkämpfen verdient hat. Einschlägige Zeitschriften. Bronstein, der Besitzer und Zeichner, ist ein Wikinger-Saurier mit Tätowierungen bis unter die Lider. Wir sahen uns um, erkundigten uns nach den Preisen und gingen wieder. Ich will Agneta ein rotes Herz eingravieren lassen mit einer Banderole, auf der »Pedro Juan« steht. Auf einer Brust, zwei Millimeter neben dem Nippel. Wow! Eigentlich sollte sie besagen: »Pedro Juan ist mein Kerl«, aber im Moment will ich das Täubchen nicht verschrecken. Später werde ich ihr eine andere machen lassen, die ganz eindeutig ist. Mir selbst würde ein großer Adler mit ausgebreiteten Flügeln gefallen oder ein brüllender Panter. In Schwarz, auf dem linken Arm, ganz oben an der Schulter. Beim Hinausgehen reden wir darüber:
»Der schwarze Adler würde mir für dich gefallen, aber nicht so groß.«
»Kleiner passt eher zu einer Frau.«
»So groß ist vulgär.«
»Bin ich etwa ein vornehmer Herr? Mit diesem Gesicht? Der Wichser vom Dach?«
»Oh, ich weiß nicht, Pedro Juan …«
»Du hättest es lieber, wenn ich dem Rotary und dem Lion’s Club angehören würde wie dein Vater.«
»Nein, nein, aber bitte auch nicht so vulgär.«
»Jeder ist so, wie er ist. Und hör auf zu nerven, sonst raste ich aus, kaufe Tinte und mache dir die Tätowierung selbst.«
»Du? Du hast doch gar nicht das Werkzeug.«
»Wie im Gefängnis: mit einer Nadel.«
»Das
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