Animal Tropical
Tag nach Kurts Abreise kam Ingrid. Sie sind befreundet. Kurt bat mich, ihr Havanna zu zeigen. Eines Abends kam sie mit ihrem dreizehnjährigen Sohn zu mir. Bei einer Tasse Kaffee und einem Glas Rum unterhielten wir uns. Sie bat mich, meine Toilette aufsuchen zu dürfen. Selbstverständlich habe ich ein Spähloch direkt hinter der Klosettschüssel. Von da spionierte ich sie aus. Schöner Arsch. Sehr schöner Arsch. Köstlicher Arsch. Ich schenkte ihr mehr Rum ein, legte Musik auf, und wir tanzten. Unmöglich. Ingrid hüpfte ungestüm hin und her. Armando Manzanero sang: »Von dir lerne ich, dass die Woche mehr als sieben Tage hat …«, aber sie sprang auf und ab und lachte und hüpfte weiter. Sie wollte auf Kuba Spaß haben. Ich schenkte ihr mehr Rum ein und versuchte sie so weit in den Griff zu bekommen, dass ich ihr meinen Schwanz zwischen die Schenkel stecken konnte. Aber sie hüpfte nur weiter blöde umher und grinste, und ihr Gesicht wurde rot wie eine Tomate. Ich legte ihr die Hände auf den Po. Sie bemerkte es nicht. Ich konnte nicht länger an mich halten und packte sie bei der Möse. Sie war riesengroß. Viel Masse. Ihr gefiel die Handgreiflichkeit ganz und gar nicht, und zitternd sagte sie zu mir: »O nein, der Junge. Es tut mir Leid, wirklich sehr Leid, entschuldigen Sie mich, adiós!« Und sie stürmte die Treppe hinunter, das Gör am Handgelenk hinter sich her zerrend. Ich wollte nur ein guter Fremdenführer sein, sie sollte Spaß auf kubanische Art haben. Ich hatte getan, was ich konnte.
So tauchen sie auf. Ein jeder mit seiner Geschichte. Einige haben die Schmutzige Trilogie gelesen und wollen mir etwas aus ihrem Leben erzählen. Manchmal lassen sie mir Briefe da, Kassetten mit Musik, sind ganz entzückt und warten darauf, dass der Tiger sie anspringt und in Stücke reißt. Aber nein. Ich kann den Schwanz nicht in alle feuchten, behaarten Löcher stecken, die vorbeikommen. Gut, ich kann natürlich, aber ich will nicht auf jeden Wunsch eingehen wie ein Cabaretsänger. Vielleicht bin ich es leid, mich von der übrig gelassenen Beute anderer zu ernähren. Als Junge war ich ein Geier und vertilgte jedes Aas. Und zwar mit Genuss. Ich verschlang alles Faulige, und es schmeckte mir wie Käse mit Guavenkompott. Mit den Jahren wird man selektiver und zum Gourmet. Ingrid beispielsweise machte mich geil, weil ich ihr durch das Loch zugesehen hatte, war aber, mit etwas Abstand besehen, zu korpulent für meinen Geschmack, zu weiß, mit zu dicken Fettpolstern. Sie war eine gemächliche Frau, liebenswert, langsam und mit guten Manieren. Bestimmt war sie eine Frau, die ihre Schreie unterdrückt, wenn man ihn ihr reinsteckt, weil Schreien nicht von guter Erziehung zeugt. Alle Erziehung zielt darauf ab, sich zu beherrschen. Also höchstens mal ein diskreter Seufzer. Man entwickelt für so etwas einen sechsten Sinn … sie war kein guter Fick. Andere sind zu maskulin oder zu dominant und massiv. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Sie sind nichts für mich. Es laufen viele solcher Frauen rum: völlig abgestumpft. Sie gähnen und langweilen sich. Manchmal kommt es ihnen in den Sinn, Katzen oder Hunde aufzuziehen, und sie wissen nicht, was sie tun sollen. Einige halten ein Abenteuer mit einem primitiven und brutalen Macho für nützlich. Sie fabrizieren sich einen Macho im Kopf und machen sich auf, ihn zu suchen. Denn natürlich gibt es nie einen in ihrer Nähe. Sie nehmen an, dass sie das Zeug dazu haben, weil sie sich als junges Mädchen mit einem Rucksack und wenig Geld auf die Flucht in den Süden machten. So wurden sie Hippies. Und sie glaubten daran. Inmitten dieses unendlich weiten Meeres gibt es einige, die aus sich heraus leuchten. Sehr wenige, aber manchmal findet man sie.
Zum Beispiel Maura. Sie ist intelligent und beherrscht ihre Umgebung. Verloren ist sie nicht, wirkt jedenfalls nicht so. Weder ist sie verrückt noch ängstlich, sie kennt keine Furcht. So wirkt sie jedenfalls, sage ich noch einmal. Als eine lange Beziehung von dreizehn Jahren zerbricht, nimmt sie sich Zeit, um sich zu erholen. Sie ist die Freundin eines alten Freundes, der in den sehr schwierigen (noch schwierigeren) Jahren nach Havanna kam und mich mit folgenden Worten aufmunterte: »Fahr mit Ana nach Malaga, hier drehst du nur durch.« Daraufhin tauchte dann Maura mit einem Brief meines Freundes auf. Angeblich wollte sie sich eine Auszeit nehmen. Die ersten Tage war sie langweilig. Dann erzählte sie mir, dass ein Neger von einem
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