Animal Tropical
Dreirad sie jede Nacht wie ein Verzweifelter bestieg. Nicht dass er sie auf dem Dreirad, sondern dass er sie bestieg. Mit Präservativ. Sie hatte mir schon gebeichtet, dass ihr bei der Abfahrt aus Buenos Aires »Freunde eine Schachtel mit Präservativen geschenkt haben, damit ich bei der Rückkehr ein paar Geschichten auftischen kann«.
»Ich denke, du willst eine Auszeit, oder nicht?«
»Ja, sicher. Aber eher geistig und emotional. Der Mann war dermaßen hartnäckig. Und er ist umwerfend, ey! Umwerfend schön! Was für Energie, wenn ich das geahnt hätte! Die ganze Nacht durch, ey. Ich bin völlig hin, kann nicht mehr. Was für Fantasie! Einmalig, der schwarze Kerl, er kennt alles!«
Während ich noch annahm, sie sei überglücklich mit ihrem black taxi driver zugange, war sie schon bis über beide Ohren in einen europäischen Diplomaten verliebt. Ein Kerl, der das genaue Gegenteil war: weiß, gebildet, mit Brille, etwas dicklich, sanft, taktvoll, schwabbelig, artig, in Anzug und Krawatte und mit schwarzen Schuhen.
Sie verwirrte mich. Allem Anschein nach wusste sie, was sie wollte. Na, schließlich gingen wir eines Tages zu dritt einen Kaffee trinken, in einer Cafeteria gegenüber vom Malecón. Wir setzten uns. Der Diplomat ging aufs Klo, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen:
»Maura, was willst du nun? Den Schönen Wilden oder den Kartesianer?«
»Der Schöne Wilde ist ganz gut für ein paar Tage …«
»Für ein paar Nächte.«
»Genau. Für ein paar Nächte. Aber er ist zu anstrengend, ey. Ich habe schon eine Vaginaentzündung, jeder einzelne Muskel in dem Bereich tut mir weh. Oh, du kannst dir nicht vorstellen, wie intensiv der Neger ist. Toller Kerl, sehr potent, aber ich kann mich doch nicht vierundzwanzig Stunden am Tag pfählen lassen.«
»Und dieser Herr?«
»Nichts.«
»Nichts?«
»Nichts.«
»Ein brutaler Wechsel.«
»Ja. Außerdem ist er ein bisschen weibisch … na ja, nicht nur ein bisschen. Ey, ich denke, er ist völlig weibisch, aber ich fahre mit ihm nach Europa, und … na ja.«
»Schon gut. Man kann nicht alles auf einmal haben.«
»So ist das, Pedro Juan. Du bist intelligent. Für einen Mann sind deine Neuronen ganz gut beieinander.«
»Und du kannst jederzeit für ein paar Tage nach Kuba kommen, wenn du dich langweilst.«
»Ja, aber ich muss mir einen Kerl suchen, der eine Nummer kleiner gebaut ist, denn der da ist überproportioniert. Der ist nicht menschlich.«
»Das wird ziemlich schwierig für dich werden. Nicht unmöglich, aber schwierig.«
Der Diplomat kam vom Klo zurück und unterbrach unser Gespräch. Ich wollte ihr gerade erklären, wie sie es anstellen könnte, jemanden mit Proportionen zu finden, die ihrer Tiefe eher entsprachen. In dem Moment kamen drei Kerle mit schwarzen Uniformen, kugelsicheren Westen und Maschinengewehren herein. Sehr ernst, sehr gestresst. Zwei von ihnen hielten sehr aufmerksam nach allen Seiten Ausschau. Der Dritte ging auf den Dollar-Automaten zu. Einer von denen, in die man einen Dollar einwirft und dann eine Minute Action gewähren, in der man versuchen kann, mit Greifzangen-Robotern ein Plüschbärchen zu fassen. Aber irgendwie schafft man das nie, und der Apparat hat den Dollar bereits verschluckt, und man sieht ihn nie wieder. Jedenfalls öffnete einer den Apparat, ohne das Maschinengewehr aus der Hand zu legen, holte alle Spielzeugbären heraus und zählte sie. Das Ergebnis kritzelte er auf einen Zettel. Er öffnete weiter unten die Eingeweide des Artefakts, zog eine ganze Anzahl von Dollars heraus. Vielleicht zwanzig, dreißig. Er steckte sie in einen Leinensack, den er zuschnürte und versiegelte, und verschloss den Automaten wieder. Dann überzeugte er sich noch einmal davon, dass alles bereit war, weiter Dollars zu schlucken, nahm die Maschinenpistole von der linken Hand in die rechte, gab den anderen ein Signal, und sie zogen sich zu dem Lastwagen zurück, der auf sie wartete: ein schwarzer gepanzerter Lieferwagen mit einem großen goldenen Wappen und dem Logo der Geldtransportfirma. Der Fahrer wartete auf seinem Posten, angespannt und aufmerksam, hatte die ganze Zeit über den Motor laufen.
Sie fuhren davon. Wir kehrten in die Wirklichkeit zurück, entspannten uns, lächelten wieder, bestellten einen Drink. Maura erzählte ihre kubanischen Abenteuer. Nicht das mit dem Neger; der Taxifahrer war Kriegsgeheimnis. Es zu enthüllen konnte sie das Leben kosten. Sie erzählte unschuldige und lustige Anekdoten. Zum Beispiel,
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