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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Conrad bissig. Doch es war unübersehbar, dass er am Haken zappelte.
    »Wolltest du nicht schon immer mal einen Präsidenten umlegen? Irgendeinen? Ist ein gelungenes Attentat auf den Präsidenten nicht so etwas wie die Goldmedaille bei der Terroristenolympiade?«
    Conrad warf mir einen kalten Blick zu. Nun versuchte keiner mehr, dem anderen auch nur einen Rest von Freundschaft vorzugaukeln. Die Karten lagen auf dem Tisch.
    Ich fuhr fort: »Du könntest es propagandistisch für dich ausschlachten. Bei deinem demagogischen Talent würdest du hinterher glatt als Retter der Menschheit dastehen. Wir würden dir nämlich eine Kopie des Programms zukommen lassen, das du der Öffentlichkeit als Menetekel präsentieren darfst. Du könntest allen zeigen, was du verhindert hast. Du hättest sozusagen ein moralisch einigermaßen sauberes Motiv für deinen Mord. Wie klingt das für dich?«
    »Wie soll es ablaufen?«
    »Ich bin hier, weil du der Einzige bist, den ich kenne, der an diesen neuen Flüssigsprengstoff rankommt. Mit normalen Waffen ist nichts auszurichten, das ist dir sicher klar. Und wenn du über die Ratten Bescheid weißt, dann weißt du ja auch, wo das Problem für die Terroristen sitzt.«
    »Klar«, entgegnete Conrad. »An den Ratten kommen wir nicht vorbei. Die machen ihren Job perfekt. Eine Patrouille von denen, und die schönste Vorbereitung, der beste Plan ist im Arsch. Und der Präsident geht nicht mal mehr aufs Klo ohne eine dieser verdammten Ratten. Vor allem seit dem Anschlag bei Noxville. Hat uns auch ’ne Ratte versaut. Aber du kannst weder alle Ratten umbringen, noch kommst du wegen dieser Weiber an den Präsidenten ran.«
    »Eben.« Ich sah deutlich, wie es in Conrad arbeitete.
    Plötzlich begriff er. »Willst du mir damit sagen, dass die Ratten dich hergeschickt haben?«
    Ich nickte. Conrad pfiff durch die Zähne.
    »Meine Fresse!«, flüsterte er.

42. Muffins und Pullover
    Lucy, 43, Sensor Stufe 10
    Seit Katya von ihrem Kontrollgang durchs Weiße Haus zurückgekommen war, saß ich mit ihr und Erykah im Wohnzimmer. Draußen schneite es. Die Temperatur war wieder unter null gefallen. Wir nahmen ein zweites Frühstück, bestehend aus Milch und Blaubeermuffins, zu uns. Als wir gerade zusammenräumen wollten, betrat Evelyn atemlos die Wohnung und warf uns triumphierend einige Tüten zu. Ihre Wangen waren gerötet von der Kälte draußen, in ihrem Haar und auf dem Mantel schmolzen ein paar Schneeflocken.
    »Schaut mal. Ein Pulli, drei Paar Socken, ein T-Shirt und zwei sündhaft teure Lippenstifte«, verkündete sie mit frischem Besitzerstolz. Katya und Erykah nickten amüsiert.
    »Ich wollte mir eigentlich noch Slips kaufen, aber es war mir peinlich, weil George dabei war und mich keine Sekunde aus den Augen gelassen hat.« Dann flitzte sie hinaus in den Flur, um Mantel, Schuhe und Schal abzulegen.
    »Und wo ist dein George jetzt? Sitzt er auf der anderen Straßenseite im Auto und passt auf, dass du nicht abhaust?«, rief Katya ihr hinterher.
    »Hoffentlich hat er Standheizung.«
    Ev kam zurück ins Wohnzimmer und warf sich neben Erykah aufs Sofa. Sie schaute auf den Tisch.
    »Gibt’s noch Milch?«
    »In der Küche.«
    Ev stand auf und verschwand in der Küche.
    »Die kann einen echt nervös machen mit ihrem Herumgerenne«, fand Erykah.
    Katya lachte. »Lass sie doch. Wie warst du denn drauf, als du zum ersten Mal aus dem Lager herauskamst?«
    »Das hat Jahre gedauert, wie du weißt. Und dann bin ich keineswegs wie von der Hummel gestochen in der Gegend rumgerast und hab mir Pullis gekauft. Ich lag zwei Tage und zwei Nächte im Bett. Mit einer wunderschönen Inderin.«
    Ev kam mit der Milch zurück.
    »Ist der Pulli nicht traumhaft?«, fragte sie mich. Ich begutachtete die Neuerwerbung gerade anerkennend.
    »Sehr hübsch. Vor allem die Elche auf dem Rollkragen. Oder sind das Rentiere? Ein bisschen zu warm für Roswell, findest du nicht?«
    »Schon«, erwiderte Ev, und ein kleiner Schatten zog über ihr Gesicht. »Aber jetzt bin ich ja erst einmal in Washington. Und hier ist es schließlich verdammt kalt.« Dann fügte sie kleinlaut hinzu: »Am liebsten würde ich ganz hierbleiben.«
    »Das geht aber nicht«, sagte Katya milde.
    »Ich weiß.«
    »Gar nichts weißt du«, belehrte Katya sie in gespielt strengem Ton.
    »Was meinst du damit?«
    Ich warf Katya einen warnenden Blick zu. Wir hatten beschlossen, Evely nichts von unserem Plan zu sagen, sondern sie im gegebenen Moment vor vollendete Tatsachen zu

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