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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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kam. In den letzten Jahren hatte sich mehr als einmal gezeigt, dass die vom Terrorismus und von der alltäglichen Gewalt auf den Straßen zermürbten Bürger lauthals nach drakonischen Maßnahmen schrien. Da konnten Soziologen, Jugendforscher und sonstige wohlmeinende Weltverbesserer noch so sehr mahnen und von Ursachenbekämpfung salbadern, die Massenarbeitslosigkeit würden sie damit genauso wenig wegreden können wie die permanent steigende Gewaltbereitschaft. Umdenken, das klang immer gut. Aber ein Dreiundzwanzigjähriger, der seit mehr als zehn Jahren auf der Straße lebte, dem liegt das Umpusten näher als das Umdenken.
    Ich nippte abwesend an meinem Kaffee und starrte auf den Bildschirm. Plötzlich klingelte es. Vor der Tür stand ein Kurier mit einem Päckchen. Ich fragte den Kurier nach dem Auftraggeber, da auf dem Packpapier kein Absender vermerkt war.
    »Keine Ahnung, ich hab’s von der Zentrale. Wurde mit einem Taxi gebracht«, sagte er und ging.
    Ich schloss die Tür und ging zurück ins Arbeitszimmer. Schon unterwegs riss ich das braune Packpapier auf. Kein Anschreiben, nicht einmal eine kleine Notiz. Lediglich ein USB-Stick ohne Aufkleber. Ich schob den Stick in meinen Computer. Es war nur ein einziges Dokument unter dem Titel »Überraschung« gespeichert. Ich öffnete es und sah eine digitalisierte, aber ungemein grobkörnige Videoaufnahme voller Drop-outs. Doch trotz der schlechten Bild- und Tonqualität konnte man gut erkennen, wer die beiden Darsteller in diesem höchst interessanten Kurzfilm waren. Ich nahm mein Handy und wählte Snyders Büronummer.
    Anderthalb Stunden später trafen wir uns in Snyders privater Bibliothek. Wir nahmen uns keine Zeit, Brandy einzugießen oder Havannas anzuzünden. Snyder warf den Computer an, ich gab ihm den Stick. Er öffnete den Clip.
    »… Anhörung war kein Problem. Die haben alles gefressen. Keiner kam auf … krrggnn … ich die syrische Waffe … bssskrrr … ballert habe …«
    »Die Details interessieren … bbkkrrss … nicht. Friede seiner … gnnnkkkrrr …«
    »Abmachung einhalten … bssscchh … Parker ist … grrsss … Kriegsheld, dieser Idiot … hätten seinen dummen Blick sehen … ggrraakkkr … hab ihm Grüße von Ihnen ausgerichtet, bevor … grrjjl … Licht ausgeblasen … nicht gefallen … bbllblgggrr … nein, keine Zeugennnn …«
    »Dieser Trottel, gllkkrrsss … Geld flüssig … bschsh … werden wir nach der Wahl … kein Problem … grrrrggkkkk … wenn Ihnen das reicht … Brrjknlkj … Vertrauen gegen Vertrauen … jhlkjzpnk …«
    »… zeit zu Ihren Diensten … klnjlh … zukünftige Gattin?«
    »Die heult sich die Augen … rrrskklln … dabei ist sie jetzt reich und bald die Firrrrrsss … Lady …«
    Die Aufzeichnung war zu Ende. Snyder ließ alles noch einmal durchlaufen, druckte einige Standbilder aus, besah sie mit der Lupe.
    »Halten Sie es für eine Fälschung?«, fragte ich gespannt. »Ich konnte nichts Auffälliges finden. Aber ich bin auch nicht ausgerüstet für solche Überprüfungen.«
    »Wenn, dann ist sie verdammt gut«, entgegnete Snyder, ohne aufzusehen. »Die Geschichte stinkt zum Himmel. Ich möchte verdammt noch mal gerne wissen, wer da so gut über Ihre Arbeit und den Stand der Ermittlungen informiert ist. Und Ihnen jedes Mal, wenn die Sache ins Stocken gerät, den entscheidenden Hinweis zukommen lässt. Das ist einfach … zu perfekt. Bringen Sie den Stick ins Labor zu Driscoll. Ich rufe ihn an. Sie bleiben neben ihm stehen, bis er mit seiner Untersuchung fertig ist. Ich will definitiv wissen, ob hier was manipuliert wurde.«
    Snyder überlegte kurz. »Nein, wir machen das anders. Sie fahren zu Driscoll nach Hause. Der hat das ganze Spielzeug, das er dafür braucht, auch im Keller stehen. Ein Irrer … Warten Sie.«
    Snyder wirkte ungewohnt zerstreut. Er rief Driscoll im Büro an und wechselte einige Worte mit ihm. Dann legte er auf.
    »Sie fahren jetzt sofort zu ihm, hier die Adresse.« Snyder kritzelte sie auf ein Stück Papier. »Sie rufen mich heute noch an, egal, wie viel Uhr, ist das klar?«
    »Klar, Chef.« Als ich mich schon zum Gehen wandte, hörte ich, wie Snyder eine zweite Nummer in sein Handy tippte.
    »Hallo, hier Snyder. Wäre es möglich, dass wir heute Abend einen kleinen Brandy bei mir zu Hause trinken? … Ach, das überrascht … Ja? Übermorgen? Wunderbar. Ich würde mich sehr freuen … so um acht? Fein.«
    Ich drehte mich noch einmal um. Snyder saß an seinem Tisch, hatte mich

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