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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Reaktion über den Rand hinweg. Ich fragte möglichst gleichmütig: »Welcher Clip?«
    Nun mischte sich Snyder, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, ein: »Der Clip auf dem Stick, den Sie mir gebracht haben, Pete. Der mit dem aufschlussreichen Gespräch zwischen dem Präsidenten und Walcott.«
    Ich war alarmiert. Was lief hier ab? Hatte Snyder die Seiten gewechselt? Wollte er seine Hände in Unschuld waschen und mich ans Messer liefern? Ich beschloss, erst einmal gar nichts zu sagen, bis ich mehr Koordinaten über die bestehende Situation hatte.
    »Die Aufnahmen sind gefälscht, Pete«, fügte Snyder mit ruhiger Stimme und undurchdringlicher Miene hinzu.
    »Das kann ich nicht beurteilen. Aber wie Sie wissen, habe ich das überprüfen lassen. Von einem Spezialisten. Dem besten.«
    Ich wollte Driscolls Namen nicht nennen, bevor ich nicht wusste, was los war.
    »Sie meinen Driscoll«, ergänzte Snyder. »Der hat die Echtheit bestätigt. Darauf müsste man sich verlassen können.«
    »Wieso glauben Sie dann an eine Fälschung?« Ich wandte mich ausschließlich an Snyder, hoffte, in seiner Miene einen Hinweis auf die geänderten Spielregeln zu entdecken.
    »Ich habe es ihm gesagt«, mischte sich March ein.
    Ich schwieg, denn ich hatte das sichere Gefühl, dass im Moment jedes Wort ein Wort in die falsche Richtung sein könnte.
    »Driscoll hat die Aufnahmen gefälscht, Pete«, ergänzte Snyder.
    Langsam wurde ich ärgerlich. Ich fühlte mich wie ein Pingpongball, der von March und Snyder über die Tischplatte geschlagen wurde.
    »Kann ich vielleicht mal ein paar Puzzlestücke mehr bekommen? Driscoll hat zwar bestimmt das Equipment und auch die Fähigkeiten für eine solche Fälschung, aber, verdammt noch mal, er hat kein Motiv!«
    »Vielleicht hat ihn jemand beauftragt«, orakelte March.
    Ich schaute wieder fragend zu Snyder. Doch der blieb bei seinem Pokerface. Also entschloss ich mich für einen Frontalangriff: »Driscoll ist absolut vertrauenswürdig. Er ist Snyders Mann, March. Wollen Sie damit sagen, Snyder hätte Driscoll zu der Fälschung angestiftet?«
    Snyder seufzte. »Pete, es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass alle meine Männer, wie Sie so schön sagen, auch meine Männer sind.«
    »Driscoll ist mein Mann.« Marchs Miene war vollkommen ungerührt.
    »Dann haben logischerweise Sie Driscoll die Fälschung in Auftrag gegeben, oder was?«, fragte ich höhnisch.
    »Langsam geraten Ihre grauen Zellen in Schweiß, was, Pete?«
    Ich fasste es nicht! March war der unsichtbare Dritte, der mir bei meinen Recherchen die entscheidenden Tipps gegeben hatte. Verdammt. March. Ein Ausbund an emotionsloser Pflichterfüllung. Wie kam der dazu? Er musste ein höllisch guter Hacker sein. Hatte ich March falsch eingeschätzt? Oder spielte der jetzt ein doppeltes Spiel? Wie lange wusste Snyder schon Bescheid?
    »Sie gehen mir auf den Wecker«, knurrte ich. Plötzlich begann March verhalten zu grinsen. Auch Snyders Betonmiene geriet in Bewegung, seine Hängebacken rollten auf und nieder.
    »Verzeihen Sie mir, Pete«, bat March. »Aber ich konnte mir Ihr dummes Gesicht einfach nicht entgehen lassen. Sie stellen sich jetzt bestimmt eine Menge Fragen. Aber eines vorweg: Ich weiß, dass Sie mich für einen kalten Korrektheitsfanatiker halten. Das stimmt. Ich bin in die Politik gegangen, weil ich schon immer fasziniert war von der grundsätzlichen Machbarkeit des Möglichen. Dennoch ist Politik für mich ganz traditionell das fortwährende moralische Experiment, die beste aller möglichen Welten zu schaffen. Macht ohne Moral ist für mich keine dauerhafte Basis. Ich bin insofern ein kühler Korrektheitsfanatiker, als ich es für meine Pflicht halte, ein krankes Hirn auszutauschen, bevor es in den ganzen Körper metastasiert. Und dabei bleibe ich vollkommen sachlich und emotionslos. So, wie Sie mich vermutlich einschätzen, Pete.«
    »Die Mittel, die Sie zur Operation einsetzen, gelten nicht als traditionell moralisch. Fälschung etwa«, wandte ich ein. Noch war ich mir nicht sicher. Ich schwankte zwischen der aufkeimenden Hoffnung, March trauen zu können, und dem berufsbedingten Misstrauen, das gerade in schwer überschaubaren Situationen doppelt geboten war.
    »Man muss mit den Mitteln arbeiten, die zur Verfügung stehen. Und mit den erfolgversprechendsten. Wenn ich es für erforderlich halte, heiligt der Zweck die Mittel.«
    Ich lachte kurz und trocken auf. »Ist es nicht so, dass Sie durch das neue Antiterrorprogramm eine

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