Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
mich weiter, und ich ging, folgte der Bewegung seiner bleichen Hand. Hinter uns fiel der Vorhang zu und löschte alles Licht. Die Dunkelheit schloss sich um mich wie eine Faust. An der entfernten Mauer leuchteten Fackeln, aber sie konnten der anschwellenden Dunkelheit nichts anhaben.
Jean-Claude führte mich hinein in diese Dunkelheit. »Wir wollen nicht, dass Ihr Mitarbeiter uns belauscht«, flüsterte er. Seine Stimme war wie ein Raunen des Windes, der die Vorhänge bläht.
Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen. Wie zum Teufel machte er das? »Sparen Sie sich die Effekte für jemanden, den Sie damit beeindrucken können.«
»Tapfere Worte, ma petite, aber ich genieße Ihren Pulsschlag auf der Zunge.« Das letzte Wort streifte meine Haut, als hätte er es mir in den Nacken gehaucht. Über meine Arme kroch eine Gänsehaut.
»Wenn Sie bis zum Hellwerden Spielchen treiben wollen, soll es mir recht sein, aber Irving hat gesagt, Sie besäßen Informationen über den Meistervampir, der mich angefallen hat. Stimmt das oder war es eine Lüge?«
»Ich habe Sie noch nie angelogen, ma petite.« »Ach, kommen Sie.« »Eine Teilwahrheit ist nicht dasselbe wie eine Lüge.« »Ich schätze, das hängt davon ab, wo man steht«, sagte ich.
Er erkannte das nickend an. »Sollen wir uns an die drübige Wand setzen? Da sind wir außer Hörweite.« »Sicher.«
Er kniete sich in den kleinen Lichtkreis unter einer brennenden Fackel. Das Licht war ein Vorteil für mich, und ich war froh darüber. Aber auf keinen Fall durfte er das merken.
Ich saß ihm gegenüber mit dem Rücken an die Mauer gelehnt. »Was wissen Sie also über Alejandro?«
Er blickte mich unverwandt an, mit einem eigentümlichen Ausdruck.
»Was ist?«, fragte ich. »Erzählen Sie mir alles, was gestern Nacht geschehen ist, ma petite, alles über Alejandro.«
Das klang mir zu sehr wie ein Befehl, aber da lag etwas in seinem Blick, in seiner Miene. Ein Unbehagen, beinahe Furcht. Was albern war. Was hätte Jean-Claude von Alejandro zu fürchten? ja, was? Ich berichtete alles, woran ich mich erinnerte.
Sein Gesicht wurde vollkommen ausdruckslos, schön und unwirklich wie ein Gemälde. Die Farben waren noch vorhanden, aber das Leben, die Regungen hatten sich verflüchtigt. Er schob sich einen Finger zwischen die Lippen, der langsam in seinem Mund verschwand. Er streckte mir den nassen Finger hin. Ich wich davor zurück.
»Was wollen Sie?« »Ihnen das Blut von der Wange wischen. Mehr nicht.« »Ich glaube, lieber nicht.«
Er seufzte, ein kaum vernehmlicher Laut, aber er strich mir über die Haut wie ein Lufthauch. »Sie machen immer alles so schwierig.« »Schön, dass Sie das merken.« »Ich muss Sie berühren, ma petite. Ich glaube, Alejandro hat etwas mit Ihnen gemacht.«
»Was?« Er schüttelte den Kopf. »Etwas Unmögliches.« »Keine Rätsel, Jean-Claude.« »Ich glaube, er hat Ihnen ein Zeichen aufgezwungen.« Ich starrte ihn an. »Was meinen Sie?« »Er hat Sie gezeichnet, Anita Blake, mit dem ersten Zeichen versehen, wie ich es auch getan habe.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist nicht möglich. Zwei Vampire können nicht denselben Diener haben.« »Ganz recht«, sagte er. Er bewegte sich auf mich zu. »Erlauben Sie, dass ich die These überprüfe, ma petite, bitte.« »Worin besteht diese Überprüfung?«
Er sagte leise etwas auf Französisch. Ich hatte ihn noch nie fluchen hören. »Der Morgen ist bereits angebrochen, und ich bin müde. Durch Ihre Fragerei wird eine ganz einfache Sache noch den ganzen Tag in Anspruch nehmen.« Ich hörte echten Ärger heraus, aber auch seine Müdigkeit und diese drohende Angst. Seine Angst erschreckte mich. Er sollte eigentlich ein unangreifbares Monster sein. Ein Monster sollte das andere nicht fürchten.
Ich seufzte. War es besser, es einfach hinter sich zu bringen wie eine Spritze? Vielleicht. »Also gut, wegen der Zeitnot. Aber sagen Sie mir, was mich erwartet. Sie wissen, dass ich keine Überraschungen mag.«
»Ich muss Sie berühren, um zuerst nach meinen Zeichen zu suchen, dann nach seinem. Sie hätten nicht so leicht in seinem Blick versinken dürfen. Das hätte nicht geschehen sollen.«
»Machen Sie schon«, sagte ich. »Ist meine Berührung so abstoßend, dass Sie sich darauf einstellen müssen wie auf einen Schmerz?«
Weil das genau den Tatsachen entsprach, wusste ich nicht, was ich darauf antworten sollte. »Tun
Weitere Kostenlose Bücher