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Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Titel: Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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aber die Konturen waren vertraut. Im Dunkeln sah er aus wie Philipp. Philipp war außer ihm der einzige Mensch, den ich bisher mit den Monstern verkehren gesehen hatte.
     
    Philipp endete in Ketten. Blut floss in einem hellroten Strom seine Brust hinunter. Es tropfte auf den Boden wie Regen. Die nackte Wirbelsäule glänzte nass im Fackelschein. Man hatte ihm die Kehle rausgerissen. Ich taumelte gegen die Wand wie nach einem Faustschlag. Ich bekam kaum Luft. Jemand flüsterte in einem fort oh Gott oh Gott oh Gott, und das war ich. Ich stieg die Stufen hinab, den Rücken an die Wand gedrückt. Ich konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Konnte nicht wegsehen. Nicht atmen. Nicht schreien. In seinen Augen spiegelten sich die Fackeln, schufen die Illusion von Bewegung. Ein Schrei stieg in mir auf und brach aus meiner Kehle: »Philipp!« Mir kroch etwas Kaltes den Rücken hinauf. Ich saß in meinem Wagen mit dem Gespenst meiner Schuld. Sein Tod war nicht mein Verschulden gewesen. Ich hatte ihn ganz sicher nicht umgebracht, aber ... aber ich fühlte mich trotzdem schuldig. Jemand hätte ihn retten müssen, und weil ich als Letzte die Gelegenheit dazu hatte, hätte ich diejenige sein sollen. Schuld ist eine blendende Angelegenheit.
     
    »Was wollen Sie von mir, Richard?«, fragte ich. »Ich will überhaupt nichts«, sagte er. »Lügen ist hässlich, Richard.«
     
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich lüge?« »Geschärfter Instinkt«, erklärte ich. »Ist es wirklich so lange her, dass ein Mann höflich mit Ihnen plaudern wollte?«
     
    Ich wollte ihm einen Blick zuschießen und beschloss dann, es nicht zu tun. Es war tatsächlich so lange her. »Der letzte Mann, der mit mir geflirtet hat, wurde ermordet. Da wird eine Frau ein bisschen vorsichtig.«
     
    Er schwieg eine Minute. »In Ordnung, aber ich möchte trotzdem mehr über Sie erfahren.« »Warum?« »Warum nicht?«
     
    Darauf fiel mir nichts ein. »Woher weiß ich, dass Jean-Claude Ihnen nicht gesagt hat, Sie sollen sich mit mir anfreunden?« »Warum sollte er das tun?«
     
    Ich zuckte die Achseln. »Gut, fangen wir einfach neu an. Wir tun so, als wären wir uns im Sportcenter begegnet.« »Sportcenter?« Er lächelte. »Sportcenter. Ich fand, dass Sie großartig aussahen in Ihrem Badeanzug.«
     
    »Trainingsanzug«, korrigierte ich. Er nickte. »Sie haben süß ausgesehen in Ihrem Trainingsanzug.« »Großartig auszusehen gefiel mir besser.« »Wenn ich Sie mir im Badeanzug vorstellen darf, können Sie großartig aussehen, beim Trainingsanzug geht nur süß.« »Na schön.«
     
    »Wir haben uns angenehm unterhalten, und dann habe ich Sie eingeladen.« Ich musste ihn ansehen. »Laden Sie mich gerade ein?« »Ja.« Ich schüttelte den Kopf und schaute wieder auf die Straße. »Das halte ich für keine gute Idee.«
     
    »Warum?« »Das habe ich schon gesagt.« »Weil einer Ihretwegen umgebracht wurde, heißt das nicht, dass das bei jedem so sein wird.«
     
    Ich packte das Lenkrad fester, bis mir die Hände wehtaten. »Ich war acht, als meine Mutter starb. Mein Vater heiratete wieder, als ich zehn war.« Ich schüttelte den Kopf. »Die Leute verschwinden und kommen nicht wieder.«
     
    »Klingt schaurig«, sagte er sanft und leise. Ich wusste nicht, was mich zu diesen Sätzen getrieben hatte. Gewöhnlich redete ich mit Fremden nicht über meine Mutter, auch nicht mit anderen. »Schaurig«, wiederholte ich leise, »das kann man so sagen.«
     
    »Und wenn Sie keinen näher an sich heranlassen, können Sie auch nicht verletzt werden. Ist es so?« »Es gibt auch eine Menge blöder Kerle in der Altersgruppe von einundzwanzig bis dreißig«, sagte ich.
     
    Er grinste. »Das gebe ich zu. Hübsche, intelligente, unabhängige Frauen sind auch nicht gerade häufig.« »Hören Sie mit den Komplimenten auf, sonst werde ich rot.«
     
    »Sie kommen mir nicht wie jemand vor, der leicht errötet.«
     
    Da schoss es mir durch den Kopf. Richard Zeeman nackt neben dem Bett, wie er sich in seine Sporthose wurstelte. In dem Moment hatte mich das nicht verlegen gemacht. Erst jetzt, wo ich dicht bei ihm im warmen Auto saß, fiel es mir wieder ein. Warme Röte stieg mir ins Gesicht. Ich war froh, dass es dunkel war. Er sollte nicht merken, dass ich daran dachte, wie er unbekleidet aussah. Das ist sonst nicht meine Art. Natürlich kommt es gewöhnlich nicht dazu, dass ich einen Mann noch vor der ersten Verabredung splitternackt sehe. Wenn ich es mir recht überlege, sehe ich sie auch

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