Anita Blake 04 - Giergige Schatten
Mondschein. »Richard?«
»Ich habe ihn gekannt, Anita. Wir haben zusammen die Vögel beobachtet. Wir haben über seine Doktorarbeit geredet. Ich habe ihn gekannt, und jetzt kann ich an nichts anderes denken als an den Blutgeruch und wie warm er noch ist.«
Er öffnete die Augen und blickte mich an. Ich sah den Gram in seinem Blick, aber hauptsächlich war da Dunkelheit. Seine Bestie schaute aus diesen Augen heraus.
Ich wandte mich ab. Ich konnte seinem Blick nicht standhalten. »Ich muss anrufen gehen. Iss nicht von dem Beweisstück.« Ich ließ ihn allein. Es war eine zu lange Nacht gewesen.
Ich benutzte den Apparat in Williams' Küche. Zuerst rief ich Garroway an, berichtete, was wir gefunden hatten. Als ihm die Luft nicht mehr wegblieb, fluchte er ein bisschen und sagte, er werde persönlich kommen. Während er sich wahrscheinlich fragte, ob die Dinge anders gelaufen wären, wenn er gleich selbst gekommen wäre. Befehlsentscheidungen waren immer hart.
Ich legte auf und wählte die Nummer auf meinem Piepser. »Hallo.« »Hier ist Anita Blake. Diese Nummer würde auf meinem Piepser hinterlassen.« »Anita, hier ist Kaspar Gunderson.« Der Schwanenmann. »Ja, Kaspar, was gibt's?« »Sie klingen schrecklich. Ist etwas passiert?«
»Eine Menge, aber warum piepsen Sie mich an?« »Ich habe Jason gefunden.« Ich richtete mich ruckartig auf. »Sie scherzen.« »Nein, ich habe ihn gefunden. Er ist jetzt bei mir Hause. Ich habe versucht, Richard zu erreichen. Wissen Sie, wo er ist?« »Bei mir.«
»Ausgezeichnet«, sagte er. »Kann er sich um Jason kümmern, bevor die Verwandlung einsetzt?« »Äh, ja, ich nehme es an, warum?« »Ich bin nur ein Vogel, Anita, kein Raubtier. Ich kann keinen unerfahrenen Werwolf in Schach halten.«
»In Ordnung, ich werd's ihm sagen. Wo wohnen Sie?« »Richard kennt den Weg. Ich muss wieder zu Jason und ihn ruhig halten. Wenn er durchdreht, bevor Richard da ist, gehe ich in Deckung. Wenn ich also nicht an die Tür komme, wissen Sie, was los ist.« »Kann er Ihnen gefährlich werden?« »Beeilen Sie sich einfach.« Er legte auf.
Richard war in die Küche gekommen. Er stand im Durchgang und machte ein abwesendes Gesicht, als
lauschte er wieder den Klängen, die nur er hören konnte. »Richard?«
Er bewegte langsam den Kopf in meine Richtung, wie ein Video in Zeitlupe. Seine Augen hatten ein helles Goldgelb, die Farbe von Bernstein.
»Himmel«, sagte ich.
Er wandte den Blick nicht ab. Er sah mich mit seinen neuen Augen groß an. »Was ist denn?«
»Kaspar hat angerufen. Er hat Jason gefunden. Er hat versucht, dich zu erreichen. Sagt, er kann ihn nicht in Schach halten, sobald er sich verwandelt.«
»Jason ist in Ordnung«, sagte er und gab dem Satz einen fragenden Tonfall. »Ja, und du?« »Nein. Ich muss bald die Gestalt wechseln, sonst bestimmt der Mond für mich den Zeitpunkt.«
Ich verstand die Bemerkung nicht so ganz, aber das konnte er mir unterwegs erklären. » Edward kann fahren, für den Fall dass der Mond den Zeitpunkt bestimmt, wenn wir gerade über die 44 fahren.«
»Gute Idee, aber Kaspars Haus liegt nur ein Stück den Berg rauf.« »Was meinst du?« »Kaspar wohnt ein Stück die Straße hinauf.« »Prima, dann los.« »Ihr werdet mich mit Jason dort lassen müssen«, sagte er. »Warum?« »Ich kann dafür sorgen, dass er niemanden verletzt, aber er wird jagen müssen. Ich werde ihn in den Wald mitnehmen. Hier gibt es Rehe. »
Ich starrte ihn an. Er war noch immer Richard. Noch immer mein Liebster, aber …..Seine Augen hatten die Farbe von hellem Bernstein, in seinem dunklen Gestalt ein bestürzender Anblick.
»Du wirst dich doch nicht im Wagen verwandeln, oder?«, fragte ich.
»Nein. Ich würde dich niemals in Gefahr bringen. Ich habe vollständige Kontrolle über mein Tier. Das ist es, was es bedeutet, ein Leitwolf zu sein.« »Ich habe nicht befürchtet, gefressen zu werden«, sagte ich. »Ich wollte nur nicht, dass du dieses durchsichtige Zeug über meine neuen Sitze verteilst.«
Er lachte mich an. Das hätte mich wesentlich mehr beruhigt, wenn seine Zähne nicht ein kleines bisschen spitzer gewesen wären als sonst. Heiliger Strohsack.
40
Kaspar Gundersons Haus war aus Stein gebaut oder damit eingefasst. Helle Granitklötze bildeten die Mauern. Die Holzleisten waren weiß, die Dachziegel hellgrau. Die Tür war ebenfalls weiß. Das Haus war makellos und adrett und wirkte dennoch rustikal. Es stand auf einer Lichtung auf der Bergkuppe. Die
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