Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
gewusst, was neutral in Wirklichkeit heißt. Seine hellen Augen starrten mich abwartend an. Wenn ich ihn bedrohte, würde er angreifen. Wenn ich ihn in Ruhe ließ, würde er weglaufen. Die Entscheidung lag bei mir. Dem Wolf war es vollkommen gleichgültig, wie sie ausfiel.
    Ich ging weiter, aber es juckte mich zwischen den Schulterblättern. Ich wusste, wenn ich mich jetzt umdrehte, sähe ich alle Blicke auf mich gerichtet. Ich spürte sie wie ein Gewicht.
    Ich spürte den Drang, mich plötzlich umzudrehen und »buh« zu rufen, aber ich beherrschte mich. Wahrscheinlich starrten mich alle mit unmenschlichen, neutralen Augen an, und das wollte ich nicht sehen.
    Raina brachte uns an eine geschlossene Tür am Ende des Speiseraums. Sie drückte sie auf und winkte uns mit übertriebener Geste hindurch. Irving ging einfach an ihr vorbei. Ich folgte ihm, ließ *sie aber nicht aus den Augen. Dabei kam ich ihr nah genug, dass sie nur den Arm auszustrecken brauchte. Bei ihrer Schnelligkeit hätte sie mich packen können.
    Lykanthropen sind einfach schneller als gewöhnliche Menschen. Nicht durch Sinnestäuschung wie die Vampire. Sie sind schlichtweg besser. Wie schnell sie in Menschengestalt waren, wusste ich allerdings nicht. Wenn ich in Rainas lächelndes Gesicht sah, war ich mir nicht sicher, ob ich es herausfinden wollte.
    Wir standen in einem schmalen Flur. An jedem Ende gab es eine Tür, eine zeigte uns durch ihre Scheibe die kalte Nacht, die andere war undurchsichtig, ein Fragezeichen.
    Raina schloss die Tür hinter uns und lehnte sich dagegen. Sie schien zusammenzusinken, ihr Kopf sackte nach vorn, die Haare schlossen sich vor ihrem Gesicht.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte ich. Sie holte tief und zitternd Atem und sah mich an.
    Ich keuchte auf. Ich konnte nicht anders.
    Sie war sagenhaft. Die Wangenknochen saßen höher und stachen scharf hervor. Die Augen waren größer und mehr in der Mitte. So hätte ihre Schwester aussehen können, eine Familienähnlichkeit, aber nicht dieselbe Person.
    »Was haben Sie getan?«
    Sie ließ dieses Schlafzimmerlachen hören. »Ich bin Anführerin, Ms Blake. Ich kann eine Menge Dinge, die andere Gestaltwandler nicht können.«
    Darauf mochte ich wetten. »Sie haben Ihre Knochen verschoben, absichtlich, quasi eine Heim-Schönheits-OP.« »Sehr gut, Ms Blake, sehr gut.« Sie schoss Irving einen ihrer bernsteinbraunen Blicke zu. Das Lächeln verflüchtigte sich. »Bestehen Sie nach wie vor darauf, dass der da an dem Treffen teilnimmt?«
    »Ja.«
    Sie spitzte die Lippen, als hätte sie etwas Saures gekostet. »Marcus bat mich zu fragen und Sie dann hereinzubringen.« Sie zuckte die Achseln und stieß sich von der Tür ab. Sie war jetzt an die sieben Zentimeter größer. Ich wünschte, ich hätte mehr auf ihre Hände Acht gegeben. Hatten sie sich auch verändert?
    »Wozu die Gesichtsveränderung?«, fragte ich. ,Die andere Gestalt benutze ich nur bei Tag. Diese hier ist die eigentliche.« »Warum die Verkleidung?« »Für den Fall dass ich etwas Schändliches tun muss.«
    Etwas Schändliches?
    Sie ging auf die gegenüberliegende Tür zu. Ihre Bewegungen waren gleitend und voller Spannkraft wie bei einer großen Katze. Oder sollte ich sagen Wolf?
    Sie klopfte an. Es folgte keine Antwort, dennoch öffnete sie die Tür. Sie blieb stehen und verschränkte die Arme unter den Brüsten. Dabei lächelte sie uns an. Langsam wurde mir ihr Lächeln zuwider.
    Vor uns lag ein Festsaal, die Tische standen in Hufeisenform, darauf lagen Tischdecken. Eine Bühne mit vier Stühlen und einem Pult schloss die Öffnung des Hufeisens. Oben standen zwei Männer. Der eine war mindestens eins dreiundachtzig und schlank und muskulös wie ein Basketballspieler. Seine Haare waren schwarz und kurz geschnitten, dazu trug er einen Oberlippenbart und einen Spitzbart. Er stand da und hielt mit einer Hand das andere Handgelenk umfasst. Wie ein Sportler. Oder wie ein Leibwächter.
    Er trug hautenge schwarze Jeans, und ein schwarz in schwarz gemusterter Pullover klebte an seinen breiten Schultern. Am Halsausschnitt war der Rand dunkler Brustbehaarung zu sehen. Schwarze Cowboystiefel und eine klotzige Armbanduhr machten den Schläger-Look perfekt.
    Der andere Mann war nur eins siebzig groß. Seine Haare hatten diesen seltsamen Blondton, der braune Lichtreflexe erzeugt und trotzdem blond wirkt. Sie waren modisch kurz geschnitten und gefönt und wären, wenn etwas länger gelassen, ein hübscher Anblick gewesen. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher