Anita Blake 05 - Bleich Stille
hätte. Es ist lange her, dass ich mit jemandem zusammen war, der nicht bloß ein Mensch ist. Ich will Ihnen beiden was zu trinken spendieren, um meine Grobheit wieder gutzumachen. »
Ich schüttelte den Kopf. »Die Speisekarte wäre gut. Wir haben noch nichts gegessen.« »Die Bestellung geht aufs Haus.« »Nein«, sagte ich. »Warum nicht?« »Weil ich Sie nicht besonders gut leiden kann, und von Leuten, die ich nicht mag, nehme ich nichts an.«
Er lehnte sich zurück, mit einem seltsamen, fast erschrockenen Gesichtsausdruck. »Sie sind sehr direkt.« »Sie haben ja keine Ahnung«, meinte Larry.
Ich widerstand dem Drang, Larry unter dem Tisch zu treten, und sagte: »Könnten wir die Karte bekommen?« Magnus hob die Hand und rief: »Zwei Speisekarten, Dorrie.« Er klang sanft. Sie ließ sich nicht täuschen.
»Du lässt mich nicht mit diesen Leuten allein. Ich werde nicht ...« Sie warf einen Blick auf uns. »Ich bin mit diesen Liebesnächten nicht einverstanden. Das weißt du.« »Ich werde mich um jeden Einzelnen kümmern, bevor ich gehe. Du brauchst deine hohe Moral nicht zu besudeln.«
Sie blickte uns der Reihe nach wütend an. »Du gehst mit denen weg?« »Nein«, sagte er.
Sie drehte sich auf dem Absatz um und stolzierte zur Theke. Die Männer, die noch keine Partnerin hatten, sahen ihr zu, wie sie heran schaukelte, und passten gut auf, nur solange hinzustarren, wie sie von ihr nicht gesehen werden konnten.
»Ihre Schwester hält nichts davon, ihren Glamour zu missbrauchen?«, fragte ich.
»Dorrie hält von vielen Dingen nichts.« »Sie hat Grundsätze.« »Und ich wohl nicht«, sagte er.
Ich zuckte die Achseln. »Das haben Sie gesagt, nicht ich.« »Ist sie immer so verurteilend?« Larry nickte. »Meistens.« »Bestellen wir jetzt mal unser Essen«, sagte ich. Larry schmunzelte, blickte aber in seine Karte.
Es war ein laminiertes Stück Papier, das von beiden Seiten bedruckt war. Ich bestellte einen Cheeseburger, durchgebraten, frittierte Kartoffeln und eine große Cola. Ich hatte seit Stunden kein Koffein mehr gehabt. Allmählich wurde es knapp. Larry blickte stirnrunzelnd die Karte an. »Ich glaube nicht, dass ich jetzt einen Hamburger essen könnte.« »Es gibt auch Salat«, sagte ich.
Magnus legte die Fingerspitzen auf Larrys Handrücken. »In Ihren Augen treibt was an die Oberfläche. Etwas ...Schreckliches.« Larry sah ihn an. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
Ich nahm Magnus' Handgelenk und zog ihn von Larry weg. Er wandte mir das Gesicht zu, aber es lag nicht nur an der Farbe, weshalb sein Blick schwer auszuhalten war. Seine Pupillen hatten sich nach unten gedreht wie bei einem Vogel. Menschenaugen machten das nicht.
Ich merkte plötzlich sehr deutlich, dass ich sein Handgelenk festhielt. Ich ließ ihn los. »Hören Sie auf, in uns zu lesen, Magnus.« »Sie haben Handschuhe getragen, sonst könnte ich sagen, was Sie angefasst haben«, gab er zu.
»Es handelt sich um eine laufende polizeiliche Ermittlung. Alles was Sie mit hellseherischen Mitteln erkennen, müssen sie geheim halten, andernfalls machen Sie sich strafbar, genauso als hätten Sie Informationen aus unseren Akten gestohlen.«
»Tun Sie das immer?«, fragte er. »Was?« »Gesetze zitieren, wenn Sie nervös sind?« »Manchmal«, sagte ich. »Ich habe Blut gesehen, mehr nicht. Meine Gaben sind ziemlich begrenzt, was die Fernsicht angeht. Sie sollten Dorrie mal die Hand schütteln. Fernsicht ist ihre Stärke.«
»Danke, ich verzichte«, sagte Larry. Er lächelte. »Sie sind nicht von der Polizei, sonst hätten Sie mir nicht mit der Polizei gedroht, aber Sie waren kürzlich in deren Gesellschaft. Warum?«
»Ich dachte, Sie haben nur Blut gesehen«, erwiderte ich. Er war so anständig, verlegen zu gucken. Gut zu wissen, dass man ihn verlegen machen konnte. »Ein bisschen mehr vielleicht.«
»Hellsehen mittels Berührung ist traditionelle Elfengabe.« »Unsere vielmalige Urgroßmutter war die Tochter eines Schamanen, so heißt es.« »Ein magisches Erbe von beiden Familienzweigen«, sagte ich. »Ein übles Gemisch.« »Hellsehen ist keine Magie«, sagte Larry.
»Bei einem wirklich guten Hellseher glaubt man das aber«, sagte ich. Ich blickte Magnus an. Der letzte Hellseher, der mich angefasst und Blut gesehen hatte, war entsetzt gewesen. Er hatte mich kein zweites Mal berühren wollen. Er hatte mich nicht einmal mehr in seiner Nähe geduldet. Magnus
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