Anita Blake 05 - Bleich Stille
widersprechen. Es gefiel mir nicht, dass mir befohlen wurde, was ich tragen oder nicht tragen sollte. Aber ich ließ es. Ich hatte oft genug mit Vampiren zu tun gehabt, um zu wissen, dass sie das Spektakuläre und Gefährliche bewunderten. Wenn Jean-Claude sagte, wir müssten eine Schau aufziehen, hatte er vielleicht Recht. Ich würde nicht daran sterben, wenn ich mich ein bisschen kostümierte. Eher vielleicht, wenn ich mich weigerte. Ich kannte einfach für so eine Situation die Regeln nicht. Vermutlich gab es überhaupt keine.
Ich hatte nicht für das Treffen mit einem Meistervampir gepackt, sodass meine Wahlmöglichkeiten recht begrenzt waren. Ich entschied mich für eine karmesinrote Bluse mit hochgeschlossenem Kragen und üppiger Spitze auf der Brust. An den Ärmeln hatte sie sogar kleine Rüschenmanschetten. Sie wirkte wie die Kreuzung aus einer viktorianischen Bluse und einem Oberhemd. Wäre sie nicht schreiend rot gewesen, hätte sie sehr konservativ ausgesehen. Sie anzuziehen ging mir gegen den Strich, denn ich wusste, dass Jean-Claude gefallen würde. Von der Farbe abgesehen sie aus wie aus Jean-Claudes Kleiderschrank.
Über die Bluse zog ich die schwarze Universaljacke an. Mit beiden Pistolen, beiden Messern und dem Kreuz unter der Bluse war ich ausgehfertig.
„Ma petite, dürfen wir hereinkommen?« »Sicher.« Er öffnete die Tür und nahm mit einem Blick alles in sich auf, »Sie sehen wunderbar aus, ma petite. Das Make-up gefällt mir.«
»In Rot sehe ich immer so blass aus.« »Natürlich. Haben Sie andere Schuhe?« »Ich habe nur die Nikes und hochhackige Pumps. In den Nikes kann ich mich besser bewegen.« »Die Bluse übertrifft schon meine Erwartungen. Behalten Sie die Laufschuhe an. Sie sind immerhin schwarz.«
Jason kam aus dem Schlafzimmer. Er trug so enge schwarze Lederhosen, dass ich wusste, er hatte den Slip nicht mehr an. Das Oberteil hatte etwas Orientalisches durch den Stehkragen mit dem einzelnen schwarzen Knopf, die Art, wo eine Kordelschlinge über den Knopf gezogen wird. Die Ärmel waren weit, und der Kragen hatte ein helles, leuchtendes Blau, das genau zu Jasons Augen passte, und war in einem dunkleren Blau und einem kräftigen Goldgelb bestickt. Ärmel, Manschetten und Saum waren schwarz auf schwarz bestickt. Wenn Jason sich bewegte, klaffte das Hemd ein bisschen auf, gerade so viel, dass der nackte Bauch hervor blitzte. Die weichen schwarzen Stiefel reichten ihm bis über die Knie.
»Sieh an, ich weiß, wer Ihr Schneider ist«, meinte ich. Ich würde jämmerlich schlecht angezogen dastehen.
»Wenn Sie Monsieur Kirkland holen würden. Sofern er angezogen ist, können wir gehen.« »Larry wird sich vielleicht nicht umziehen wollen.« »Dann nicht. Ich werde ihn nicht zwingen.«
Ich blickte ihn an, nicht ganz sicher, ob ich ihm das abnahm, aber ich ging Larry holen. Er war bereit, ins Schlafzimmer zu gehen und zu sehen, welche Attraktionen wir noch im Gepäck hatten, aber er versprach nichts.
Er kam mit denselben blauen Jeans und Nikes wieder heraus. Er hatte sein T-Shirt gegen ein seidenes Hemd in einem satten, lebhaften Blau eingetauscht. Dadurch wirkten seine Augen noch blauer. Eine schwarze Lederjacke, die nur einen Tick zu breit in den Schultern war, verdeckte sein Schulterholster. Ich fand, dass es nach dem zu großen Flanelljackett eine Verbesserung war. Der Hemdkragen war über den Jackenkragen gelegt und rahmte sein Gesicht ein.
»Sie sollten sich das Zeug da drinnen mal ansehen«, sagte Larry. Er schüttelte den Kopf, als könnte er es nicht glauben. »Bei manchem wüsste ich nicht mal, wie man da reinkommt.«
»Sie sehen gut aus«, sagte ich. »Danke.« »Können wir jetzt gehen?«, fragte ich. »Ja, ma petite, wir können gehen. Es wird interessant sein, Serephina nach zweihundert Jahren wiederzusehen.«
»Ich weiß, für Sie ist das ein Klassentreffen, aber wir sollten nicht vergessen, weshalb wir hier sind«, sagte ich. »Xavier hat Jeff Quinlan. Wer weiß, was er ihm gerade antut' Ich will ihn unbeschadet nach Hause kriegen. Es ist die zweite Nacht. Wir müssen heute Nacht zu ihm oder jemanden finden, der es tun kann.«
Jean-Claude nickte. »Dann auf, ma petite. Serephina erwartet uns.« Er klang beinahe gespannt, als freute er sich schon, sie zu sehen. Zum ersten Mal fragte ich mich, ob er und sie ein Paar gewesen waren. Ich wusste, dass Jean-Claude kein Heiliger war. Also jetzt mal im
Weitere Kostenlose Bücher