Anita Blake 06 - Tanz der Toten
Mann. »Was soll das heißen?«
Jason drückte sich vor Richards Füßen auf den Boden, das Gesicht in den Teppich. »Es tut mir leid.«
Richard kniete sich hin und zog Jason in die Sitzhaltung. lief aus einer Platzwunde über den Augen das Blut übers Gesicht. Da waren sicher ein paar Stiche nötig. »Du hast ihn gegen die Wand geschleudert?«, fragte ich.
»Er wollte mich nicht zu dir durchlassen.« »Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast.«
Richard sah zu mir hoch. »Du willst, dass ich der Anführer des Rudels werde. Du willst, dass ich mich wie ein Alphamännchen verhalte. Nun, hier siehst du, was dazu nötig ist.« Er schüttelte den Kopf. »Du solltest dein Gesicht sehen. Du siehst so verdammt empört aus. Wie kannst du wollen, dass ich einen anderen Menschen töte, und dich dann wegen einer kleinen Rauferei aufregen?«
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. »Jean-Claude meint, es genügt nicht, Marcus zu töten. Du müsstest bereit sein, das Rudel zu terrorisieren, um zu es zu beherrschen.«
»Er hat recht.« Richard wischte Jason das Blut aus dem Gesicht. Die Wunde begann sich bereits zu schließen. Er steckte sich die blutigen Finger in den Mund und leckte sie sauber.
Wie gelähmt sah ich ihm dabei zu, wie ein unfreiwilliger Zeuge eines Autounfalls.
Richard beugte sich über Jasons Stirn. Ich glaubte zu wissen, was er tun würde, aber ich wollte es selbst sehen. Er leckte ihm die Wunde. Er fuhr mit der Zunge darüber wie ein Hund.
Ich wandte mich ab. Das konnte nicht mein Richard sein, mein beruhigender Richard, bei dem mir nichts passieren konnte. »Du kannst es nicht mit ansehen, wie?«, fragte er. »Hast du geglaubt, dass Töten das Einzige ist, was ich verweigert habe?«
Auf seinen Tonfall hin drehte ich mich wieder um.
Er hatte einen Blutfleck am Kinn. »Sieh dir alles an Anita. Ich will, dass du weißt, was zur Herrschaft über das Rudel nötig ist. Dann sag mir, ob es die Sache wert ist. Wenn du das nicht ertragen kannst, verlange nie wieder von mir, dass ich das tue.« Seinem Blick nach war das eine Herausforderung.
Mit Herausforderungen kannte ich mich aus. Ich setzte mich auf die Bettkante. »Na los. Du hast freie Bahn.«
Richard schob seine Haare zur Seite und entblößte seine Halsverletzung. »Ich bin Alpha, und ich nähre das Rudel. Ich habe dein Blut vergossen, jetzt gebe ich es dir zurück.« Der warme Strom seiner Macht ergoss sich in den Raum.
Jason blickte zu ihm auf, verdrehte die Augen, bis fast nur noch Weißes zu sehen war. »Marcus tut das für uns nicht.«
»Weil er es nicht kann«, sagte Richard. »Ich kann es. Sättige dich an meinem Blut, an meiner Abbitte, meiner Macht, und stell dich mir nie wieder entgegen.« Die Luft war so machtgetränkt, dass es schwer war zu atmen.
Jason erhob sich auf die Knie und setzte die Lippen an die Wunde, zuerst zögernd, als fürchtete er, abgewiesen oder geschlagen zu werden. Als Richard schwieg, drückte er den Mund an seinen Hals und saugte. Seine Kiefermuskeln arbeiteten, sein Adamsapfel hüpfte. Eine Hand schob er auf Richards Rücken, die andere auf seine Schulter.
Ich ging um die beiden herum, bis ich Richards Gesicht sehen konnte. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht friedvoll. Er musste gespürt haben, dass ich ihn betrachtete, denn er öffnete die Augen. Darin stand Zorn. Zorn, der teils mir galt. Es ging nicht nur darum, ob er Marcus töten würde oder nicht, sondern dass er einen Teil seines Menschseins aufgab. Das hatte ich nicht begriffen, nicht bis zu diesem Moment.
Er fasste Jasons Schulter. »Genug.« Jason drängte wie ein säugender Welpe umso heftiger an die Wunde. Richard zog ihn mit Gewalt von seinem Hals weg. Es hatte sich schon ein Knutschfleck gebildet.
Jason legte sich zurück in Richards Arm. Er leckte sich über die Mundwinkel, um die letzten Tropfen Blut zu erwischen. Er kicherte und wälzte sich von Richard weg auf die Knie, rieb das Gesicht an Richards Bein. »So etwas habe ich noch nie gefühlt. Marcus kann seine Macht so nicht teilen. Weiß irgendwer im Rudel, dass du dein Blut teilen kannst?«
»Sag es ihnen«, antwortete Richard. »Sag es ihnen allen.« »Du hast wirklich vor, Marcus zu töten?«, fragte Jason. »Wenn er mir keine andere Wahl lässt, ja. Jetzt geh, Jason, dein anderer Meister wartet auf dich.«
Jason stand auf und stürzte fast. Er richtete sich wieder auf,
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