Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
bin in Ohnmacht gefallen. Ich falle nie in Ohnmacht.«
     
    »Du bist nicht ohnmächtig geworden«, widersprach er. »Was immer es war, es hat dich aus Damian rausgedrängt. Ich war noch mit dir verbunden, als es passierte, Anita. Ich habe es auch gespürt.« Er schüttelte den Kopf, während er die Arme um sich schlang. »Du bist nicht ohnmächtig geworden.«
     
    Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Wand. »Mich hat es auch erschreckt.« »Tatsächlich?« Er stellte sich vor mich. »Das hat man dir nicht angemerkt.« »Hast du Angst, dich mit Jean-Claude zu vereinen?« »Das macht dir wohl mehr Sorgen, als dass ich heute Nacht zum ersten Mal jemanden töte.«
     
    »Ja.«
     
    Die Tür ging auf, bevor wir die Unterhaltung fortsetzen konnten. Es sollte mir recht sein. Wir hatten noch etwas gefunden, wo wir verschiedener Ansicht waren. Jemanden an meinen Geist, meine Seele gebunden zu haben, jagte mir viel mehr Angst ein, als jemanden umzubringen.
     
    Der Mann, der hinter Edward hereinkam, sah nicht sonderlich beeindruckend aus. Er war schlank, nur ein paar Zentimeter größer als Edward. Er hatte lockige rotbraune Haare, von denen nur ein weicher Kreis in der Kopfmitte stehen geblieben war. Er ließ beim Gehen die Schultern hängen, und ich konnte nicht erkennen, ob das eine Angewohnheit oder ein Rückenproblem war. Braunes T-Shirt, schwarze Kordhosen und Turnschuhe. Alles sah aus wie von der Heilsarmee gestiftet. Er trug eine geflickte Fliegerjacker, die vielleicht schon am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatte. Darunter sah ich seine Waffen blinken.
     
    Er trug ein doppeltes Schulterholster, sodass er unter beiden Armen eine 9mm hatte. Ich hatte solche Holster schon gesehen, aber nie einen gekannt, der sie tatsächlich benutzte. Ich dachte immer, die seien hauptsächlich zum Angeben. Sehr wenige Leute sind mit beiden Händen gleich gut. Unter dem T-Shirt bemerkte ich gekreuzte Riemen, über die ich nichts wusste, außer dass sie tödlichen Zwecken dienten. In einer Hand hielt er einen vollgestopften Seesack, der groß genug war, um eine Leiche zu transportieren. Es strengte ihn nicht einmal an. Der Bursche war kräftiger, als er aussah.
     
    Schließlich wandte er mir den Blick zu. Seine Augen waren blass graugrün und die Wimpern so hell rotblond, dass man sie fast nicht sah. Er hatte den ausdruckslosesten Blick, den ich je bei einem Menschen gesehen hatte. Wenn er mich anblickte, war es, als sähe er mich eigentlich gar nicht. Nicht, dass er wie blind gewirkt hätte, er sah durchaus, aber ich war mir nicht sicher, was. Mich jedenfalls nicht. Keine Frau. Etwas anderes. Dieser eine Blick war genug. Ich wusste, dass sich dieser Mann im Kreis seiner eigenen Schöpfung bewegte, dass er eine Version der Realität sah, bei der alle anderen anfangen würden zu kreischen. Aber er funktionierte, und er kreischte nicht.
     
    »Das ist Harley«, sagte Edward. Er stellte uns alle vor, als wäre das ein ganz normaler Besuch.
     
    Während ich auf Harleys helle Augen starrte, wurde mir klar, dass er mich erschreckte. Es war lange her, dass mir ein Mensch schon beim Betreten eines Raumes Angst eingeflößt hatte.
     
    Richard streckte ihm die Hand hin, aber Harley sah sie nur an. Ich hätte Richard gern erklärt, warum er diese Geste hätte unterlassen sollen, bezweifelte aber, ob mir das gelingen würde.
     
    Ich bot ihm keine Hand.
     
    »Ich habe den Namen des Geldgebers herausgefunden«. sagte Edward. Er gab das ohne Vorrede bekannt. Wir drei starrten Edward an, Harley starrte mich an. Beunruhigend. »Was hast du gesagt?«, fragte ich. »Ich weiß, wen wir umbringen müssen.« »Wen?«, fragte ich.
     
    »Marcus Fletcher. Den Kopf des hiesigen Werwolfrudels.« Er lächelte sehr zufrieden mit der Wirkung, die die Neuigkeit auf Richard hatte. »Bist du sicher?«, fragte Richard. »Absolut sicher?«
     
    Edward nickte, wobei er Richards Gesicht beobachtete. »Hasst er dich so sehr, dass er deswegen Anita umbringen will?«
     
    »Das hätte ich nicht vermutet.« Richard drehte sich zu mir um, mit schwer betroffener, entsetzter Miene. »Mein Gott, mir wäre im Traum nicht eingefallen, dass er so etwas tun würde. Aber warum?«
     
    »Wie gut würdest du heute Nacht kämpfen, wenn Anita jetzt tot wäre?«, fragte Jean- Claude.
     
    Richard blickte ihn an und war so sichtlich überwältigt von der Heimtücke, zu der sich Marcus fähig zeigte, dass ich ihm über den Kopf streichen und ihm sagen wollte, es sei alles in Ordnung.

Weitere Kostenlose Bücher