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Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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fleißige Hände entdeckt werden. Ein Mordfall kann für einen Polizisten die Karriere bedeuten, besonders den Sprung vom Uniformierten zum Zivilfahnder. Man finde den Hinweis oder das Beweisstück, glänze im kritischen Augenblick, und die Leute merken auf. Aber es ist mehr als das. Mord ist die größtmögliche Erniedrigung, die schlimmste Bosheit, die man einem anderen Menschen zufügen kann. Polizisten empfinden das so, vielleicht mehr als jeder andere.
     
    Die Beamten machten Dolph Platz, die Blicke richteten sich auf mich. Die meisten kamen von Männern, und nach dem ersten Hinsehen musterten sie mich von oben bis unten. Sie kennen das. Wenn das obere Ende stimmt, müssen sie unbedingt sehen, ob die Beine so gut sind wie der Rest. Umgekehrt geht's auch. Aber die Männer, die bei den Füßen anfangen und beim Gesicht aufhören, haben sich sämtliche Extrapunkte bei mir verscherzt.
     
    Zwei kurze Flure gingen im rechten Winkel vom Wohnzimmer ab, ebenso das Esszimmer. Durch eine offene Tür sah man auf teppichbelegte Stufen, die zu einem ausgebauten Untergeschoss führten. Über diese Treppe liefen wie Ameisen Polizisten, die Beweisstücke in Plastikbeuteln hin und her transportierten.
     
    Dolph führte mich durch einen der Flure in ein zweites Wohnzimmer, das einen Kamin hatte. Es war kleiner und sah ein bisschen nach Jagdhütte aus, hatte aber eine Ziegelwand, die es wärmer und behaglicher machte. Ein Durchgang führte in die Küche. Daneben war eine große Durchreiche, sodass man in der Küche arbeiten und sich trotzdem mit den Leuten im Wohnzimmer unterhalten konnte. Das Haus meines Vaters hatte auch eine Durchreiche.
     
    Das nächste Zimmer war offensichtlich neu. Die Wände hatten noch den frischen Anstrich eines Neubaus. Die linke Wand bestand aus gläsernen Schiebetüren. Eine Badewanne nahm den größten Teil des Fußbodens ein. Auf der glatten Oberfläche reihten sich die Wasserperlen. Sie hatten zuerst die Wanne eingebaut, dann die Wände gestrichen. Man muss eben Prioritäten setzen.
     
    Vom Bad ging ein Flur ab, der noch nicht fertig war. Auf dem Boden lag noch die dicke Plastikfolie, die sie für die Handwerker ausgelegt hatten. Es gab ein zweites, größeres Badezimmer, das noch nicht ganz fertig war, und eine verschlossene Tür am Ende des Flurs. Die Tür war neu gezimmert und aus heller Eiche. Die erste geschlossene Tür, die ich in diesem Haus sah. Das war irgendwie beunruhigend.
     
    Bis auf die Polizisten hatte ich noch absolut nichts entdecken können, was fehl am Platz war. Es war ein nettes Haus der oberen Mittelklasse. Für eine Familie. Wäre ich direkt in ein Blutbad getreten, hätte es mir nichts ausgemacht, aber diese lange Vorbereitung schnürte meinen Magen zusammen, flößte mir Grauen ein. Was war in diesem hübschen Haus mit der neuen Badewanne und dem gemauerten Kamin passiert? Was hatte sich abgespielt, dass mein Urteil erforderlich war? Ich wollte es nicht wissen. Ich wollte wieder gehen, bevor ich neues Grauen sehen musste. Ich hatte dieses Jahr schon genug Leichen für ein ganzes Leben gesehen.
     
    Dolph griff an den Türknauf. Ich hielt ihn zurück. »Es sind doch keine Kinder?«, fragte ich.
     
    Er sah mich über die Schulter an. Normalerweise hätte er nicht geantwortet. Er hätte etwas Rätselhaftes gesagt wie »Sie sehen es gleich«. Heute sagte er: »Nein, es sind keine Kinder.«
     
    Ich holte tief Luft durch die Nase und atmete langsam durch die Lippen aus. »Gut.« Ich roch frischen Putz und etwas schwächer Blut. Der Geruch von frisch vergossenem Blut, ganz schwach, gleich hinter der Tür. Wie Blut riecht? Metallisch, ein bisschen künstlich. Für sich genommen hat es eigentlich kaum Geruch. Davon wird einem nicht schlecht, mehr von dem Drum und Dran. In dem naturhaften Teil unseres Selbst ist uns allen bewusst, dass Blut die elementare Sache ist. Ohne Blut sterben wir. Wenn wir unsere Feinde genug bluten lassen, rauben wir ihnen das Leben. Es gibt gute Gründe dafür, dass Blut in fast jeder Religion dieses Planeten eine Rolle spielt. Es ist der Urstoff, und egal wie keimfrei wir unsere Welt machen, im Grunde genommen erkennen wir das.
     
    Dolph zögerte mit der Hand am Griff. Er sah mich nicht an, während er redete. »Sagen Sie mir, was Sie von dem Tatort halten, dann muss ich Sie zurückbringen wegen der Aussage. Sie verstehen.«
     
    »Ich verstehe«, sagte ich.
     
    »Wenn Sie mich belügen, Anita, über irgendeinen Aspekt, sagen Sie es jetzt. Zwei

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