Anita Blake 07 - Dunkle Glut
schüttelte den Kopf. Ich zog die Hand zurück. »Nein, lieber nicht.«
Nathaniel setzte zum Sprechen an, aber Stephen legte ihm die Finger auf die Lippen. »Nein, Nathaniel.« Es war fast, als wüsste Stephen, was sein Freund hatte sagen wollen. Aber er konnte es eigentlich nicht wissen, oder doch? Vielleicht, wenn Nathaniel zum Rudel gehört hätte.
»Mach die Augen zu«, bat Stephen. Ich schüttelte den Kopf. »Dafür haben wir keine Zeit«, sagte Kevin.
»Er hat recht«, meinte Teddy. »Ich verstehe ja deine unwillkürliche Abneigung, aber schon bald wird die Polizei an die Tür klopfen.«
Wenn Nathaniel nicht mit uns gehen konnte, hieß das, Leute zurücklassen, die ihn bewachen mussten, was sie ebenfalls der Gefahr aussetzen würde. Wenn wir woanders aufeinander aufpassten, würden wir wenigstens keine unschuldigen Polizisten gefährden, auch wenn die bei dieser Bezeichnung das Gesicht verziehen würden.
Ich atmete einmal tief durch. »Na gut, was hast du vor?« »Mach die Augen zu«, sagte Stephen.
Ich sah ihn böse an. Er blieb überaus geduldig, und darum schloss ich die Augen. Er nahm meine Hand, und erst als er sanft meine Faust öffnete, merkte ich, dass ich mich völlig verkrampft hatte. Er fing an, mir die Hand zu massieren.
»Lass das«, sagte ich. »Dann lass locker«, konterte er. »Es wird nicht wehtun.« »Ich habe keine Angst, dass es wehtut.«
Er ging um mich herum, so dicht, dass sein Saum meine Beine streifte, und stellte sich hinter mich. »Aber Angst hast du.« Er redete ganz leise. »Kannst du die Angst benutzen, um Macht zu beschwören?«
Mein Puls hämmerte, und ich hatte Angst, aber es war nicht die richtige. Mit der Angst, die einen bei einer Notlage überkam, ließ sich mühelos Macht beschwören. Aber ich hatte die Art Angst, die einen abhält, mit einem absolut zuverlässigen Fallschirm aus dem Flugzeug zu springen, obwohl man sich das vorgenommen hat. Die Angst war nicht ungesund, sie hielt einen bloß auf.
»Nein«, antwortete ich. »Dann lass die Angst los«, sagte er. Er nahm mich sacht bei den Armen und setzte mich auf die Bettkante.
Nathaniel gab einen kleinen Laut von sich, als hätte es ihm wehgetan.
Ich machte die Augen auf, und Stephen sagte: »Zumachen.« Das war das erste Mal, dass ich ihn so etwas wie einen Befehl geben hörte. Ich machte sie zu.
Er nahm meine Hände und legte sie mit den Fingerspitzen seitlich an Nathaniels Gesicht. »Die Haut an den Schläfen ist so weich.« Er zog meine Finger mit hauchzarten Berührungen über Nathaniels Gesicht, als wäre ich blind und müsste mir seine Züge einprägen.
Er schob sie in die Haare. Sie waren seidig und unglaublich weich, so glatt wie Satin. Ich schloss die Fäuste um diese weiche Wärme, beugte mich darüber und schnupperte. Da war ein leichter Medizingeruch. Ich grub das Gesicht in die seidige Fülle und fand ihren Eigengeruch. Sie rochen ein bisschen nach Vanille und darunter nach Wald und Feld und Fell. Er gehörte nicht zum Rudel, aber der Geruch war ähnlich. Er roch heimelig. Tief in mir rastete etwas ein, als wäre ein Schalter umgelegt worden.
Ich öffnete die Augen und wusste, was ich zu tun hatte, und wollte es sogar. Wie von Ferne nahm ich wahr, dass Stephen mich längst losgelassen hatte.
Ich starrte in Nathaniels Fliederaugen und beugte mich über diesen sensationellen Blick. Ich streifte mit dem Mund seine Lippen. Ein keuscher Kuss, aber er brachte meine Kräfte in Wallung. Sie strömten aus mir heraus wie Wasser, warm, lindernd, sättigend. Aber Macht allein genügte nicht. Sie brauchte Ziel und Lenkung, und ich wusste, wie ich das tun musste, als hätte ich Übung darin. Ich zog es nicht in Zweifel, wollte es nicht in Zweifel ziehen.
Ich strich mit den Händen über seine Brust, aber er war in das Krankenhaushemd eingewickelt. Er war klein wie Stephen und ich. Es war vorne offen, nicht hinten. Meine Hand fand die Öffnung und glitt hinein über die nackte Haut. Bis ich an die vernähte Wunde stieß.
Ich setzte mich rittlings auf Nathaniels Beine. Er gab einen kleinen Schmerzenslaut von sich, und es gefiel mir. Ich richtete mich auf, so dass nur die Innenseiten meiner Unterschenkel seinen Körper berührten. Ich schob sein Hemd nach beiden Seiten weg und entblößte ihn. Die Stiche zogen sich in einer dünnen, dunklen Linie über die blasse Haut und reichten fast von einer Hüfte zur anderen. Eine
Weitere Kostenlose Bücher