Anita Blake 07 - Dunkle Glut
fing ich wieder zu lachen an. »Das ist der Erinnerer einer von Odins Raben.« Er nickte. »Ja.« »Was war es nun eigentlich? Es war kein Geist. Ich weiß, wie sich ein Geist anfühlt.« »Du hast trotzdem einen von ihnen gespürt«, sagte Stephen. »Eine bessere Erklärung kann ich dir nicht geben.«
»Du spürst ihre Energie«, erklärte Teddy. »Energie wird weder geschaffen noch vernichtet. Sie ist da. Wir haben die Energie von allen, die je zum Rudel gehört haben.« »Du meinst aber nicht alle Rudel?«
»Nein«, sagte er, »aber alle aus unserem Rudel, vom ersten bis zum letzten Mitglied.« »Nicht von allen«, korrigierte Lorraine.
Er nickte. »Manchmal geht einer von uns durch einen Unfall verloren und sein Leichnam kann nicht geborgen und unter uns geteilt werden. Dann ist alles, was er gewesen ist, seine Kenntnisse, seine Kräfte, für uns verloren.«
Kevin war zu dem Stuhl zurückgegangen, saß aber auf dem Boden davor und lehnte die Schultern an die Sitzkante. »Manchmal beschließen wir auch, ihn nicht zu fressen«, sagte er. »Das ist wie eine Exkommunikation. Das Rudel lehnt ihn im Leben und im Tode ab.«
»Warum habt ihr Raina nicht abgelehnt? Sie war eine sadistische Schlange.«
»Das war Richards Entscheidung«, antwortete Teddy. »Er dachte, wenn er ihren Körper auch dieses letzte Mal ablehnen würde, würde das bei einigen, die nicht so ganz auf seiner Seite standen, Zorn wecken. Er hatte recht, aber ... jetzt haben wir sie in uns.«
»Sie ist machtvoll«, sagte Lorraine und schauderte. »Machtvoll genug, um von einem schwächeren Wolf Besitz zu ergreifen.« »Ammenmärchen«, meinte Kevin. »Sie ist tot. Ihre Macht kommt nur zurück, wenn sie gerufen wird.« »Ich habe sie nicht gerufen«, beharrte ich.
»Aber wir vielleicht«, meinte Stephen leise. Er legte sich auf den Boden und hielt sich die Augen zu, als wäre es zu schrecklich zum Hinsehen. »Was meinst du damit?« »Ich meine, wir haben, was du getan hast, nie jemand anderen tun sehen außer Raina. Ich musste an sie denken, habe mich erinnert.«
»Ich auch«, sagte Kevin. »Ja«, seufzte Teddy. Er hatte sich an die andere Wand begeben, als würde er sich in meiner Nähe selbst nicht trauen.
Lorraine saß dicht bei ihm, so dass sie sich leicht berührten. Tröstliche Nähe. »Ich habe auch an sie gedacht. War froh, dass sie nicht hier war, sondern Anita.« Sie verschränkte die Arme, als wäre ihr kalt, und Teddy zog sie an sich, drückte sie und senkte das Kinn in ihre Haare.
»Ich habe nicht an Raina gedacht«, behauptete Nathaniel. Er kam zu mir gekrochen. »Fass mich nicht an«, sagte ich.
Er drehte sich auf den Rücken wie eine große Schmusekatze, die gekrault werden will. Er reckte sich von den Zehen bis zu den Fingerspitzen. Er lachte, rollte sich auf den Bauch und stützte sich auf die Ellbogen. Er sah mich an, die langen, dichten Haare wie ein Vorhang vor dem Gesicht. Dazwischen schauten seine lila Augen hervor, wild und ein wenig beängstigend. Sein Blick blieb auf mein Gesicht geheftet, und ich merkte, dass er in neckischer Laune war. Er war nicht auf Verführen aus, aber auf Flirten. Das war anders und sogar beunruhigender. Nathaniel konnte kindlich und katzenhaft erscheinen und gleichzeitig erwachsen wirken. Man wusste nicht, sollte man ihm über den Kopf streichen, ihm den Bauch kraulen oder ihn küssen. Er war für alles zu haben. Das war mir zu verwirrend.
Ich zog mich an dem hinteren Bett hoch. Als ich sicher war, dass ich gehen konnte, ohne umzufallen, ließ ich das Bett los. Ich schwankte nur ganz leicht, aber nicht schlimm. Ich konnte laufen. Klasse. Denn ich wollte endlich weg.
»Was sollen wir jetzt machen?«, fragte Stephen. »Fahrt zu mir nach Hause. Jean-Claude ist da, und Richard war auch da.« »Was ist mit ihm?«, fragte Kevin.
Nathaniel hob den Kopf und sah uns alle an. Er sagte nichts, fragte nicht, aber ich konnte seinen Puls auf meiner Zunge fühlen. Er hatte Angst. Angst, wieder allein gelassen zu werden. Ich hoffte, seine Leidenschaft für mich war nicht von Dauer. Ich hatte schon genug Männer, die mir im Kopf rumgingen. Ich brauchte nicht noch einen dazu.
»Nehmt ihn mit«, beschloss ich. »Die Leoparden sind mein, genau wie ihr.« »Er soll beschützt und wie ein Rudelmitglied behandelt werden?«, fragte Kevin.
Ich rieb mir die Schläfen. Ich würde Kopfschmerzen bekommen. »Ja, ja. Ich habe ihn beschützt. Alle
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