Anita Blake 07 - Dunkle Glut
tun. Warrick ein Meistervampir, wer hätte das gedacht? Er ist so lange Zeit Yvettes Spielzeug gewesen.« »Wie lange?«
Jean-Claude schwieg ein, zwei Augenblicke. »Er war Kreuzritter, ma petite.« »Bei welchem Kreuzzug? Es gab mehrere.« »Wie schön, mit jemandem zu sprechen, der sich in der Geschichte auskennt, ma petite. Aber du bist ihm selbst begegnet. Wie alt ist er?«
Ich überlegte. »Ungefähr neunhundert.« »Und das heißt?« »Ich kann's nicht leiden, wenn mir einer Prüfungsfragen stellt, Jean-Claude. Beim ersten Kreuzzug in den später 1090er Jahren.«
»Exactement.«
»Also war Yvette damals schon ziemlich alt«, sagte ich. »Weißt du ihr Alter nicht?« »Sie ist tausend Jahre alt. Aber das sind schlaffe tausend. Ich habe andere ihres Alters getroffen, die mir eine Heidenangst eingejagt haben. Sie nicht.«
»Ja, Yvette ist furchterregend, aber nicht aufgrund ihres Alters oder ihrer Kräfte. Sie könnte bis zum Ende der Welt leben und würde nie ein Meister werden.« »Und das stinkt ihr mächtig.«
»Ordinär aber treffend ausgedrückt, ma petite.« »Ich werde den Wanderer um Hilfe bitten.«
»Wir haben bereits alle Hilfe ausgehandelt, die wir von ihnen bekommen können, ma petite. Bring dich nicht in ihre Schuld. Ich bitte dich darum.« »Du hast mich noch nie um etwas gebeten«, sagte ich. »Dann höre jetzt auf mich. Tu das nicht.« »Ich werde nicht verhandeln«, erwiderte ich.
Er atmete erleichtert aus, als hätte er die Luft angehalten. »Gut, ma petite, sehr gut.« »Ich werde sie nur bitten.« »Ma petite, ma petite, was habe ich dir soeben gesagt?«
»Schau, wir versuchen, Vampire zu retten, nicht Menschen. In diesem Land sind Vampire vom Gesetz geschützt. Das heißt nicht, dass sie nur Rechte haben. Sie haben auch Pflichten. Zumindest sollte es so sein.« »Hast du etwa vor, an den Gerechtigkeitssinn des Rates zu appellieren?« Er gab sich keine Mühe, seine Ungläubigkeit zu verbergen. Er betonte sie sogar.
So ausgedrückt, hörte es sich dumm an, aber ... »Der Rat hat teilweise Schuld an den Vorfällen. Er hat seine eigenen Leute in Gefahr gebracht. Gute Führer tun das nicht.«
»Es hat sie noch niemand beschuldigt, gute Führer zu sein, ma petite. Sie sind, was sie sind. Gut oder schlecht interessiert nicht. Wir fürchten sie, und das reicht.« »Quatsch. Das reicht nicht. Nicht im Geringsten.«
Er seufzte. »Versprich mir nur, dass du nicht mit ihnen verhandeln wirst. Trage deine Bitte vor, aber biete ihnen für ihre Hilfe nichts an. Das musst du mir schwören, ma petite. Bitte.«
Das Bitte wirkte, und die Angst in seiner Stimme. »Ich verspreche es. Es ist ihre Pflicht, etwas zu tun. Man verhandelt nicht, um jemanden zu bewegen, dass er gefälligst tut, was er zu tun hat.«
»Du bist eine wundersame Mischung aus Zynismus und Naivität, ma petite.« »Du findest es naiv, wenn ich erwarte, dass der Rat den Vampiren dieser Stadt hilft?«
»Sie werden fragen, was für sie dabei drin ist, ma petite. Was wirst du dann sagen?« »Ich werde sagen, dass es ihre Pflicht ist, und sie ehrlose Bastarde nennen, wenn sie sie nicht erfüllen.« Darauf lachte er. »Ich würde manches geben, um diese Unterhaltung mit anzuhören.« »Wäre es förderlich, wenn du mithörst?«
»Nein. Wenn sie vermuten, dass es meine Idee ist, werden sie einen Preis verlangen. Nur du, ma petite, kannst vor ihnen so naiv auftreten und hoffen, dass sie dir das abnehmen.«
Ich hielt mich nicht für naiv, und es ärgerte mich, dass er es tat. Natürlich war er drei Jahrhunderte älter als ich.
Madonna fand er wahrscheinlich auch naiv. »Ich werde dir erzählen, wie es gelaufen ist.« »Oh, der Wanderer wird dafür sorgen, dass ich das Ergebnis erfahre.« »Bringe ich dich damit in Schwierigkeiten?« »Wir sind bereits in Schwierigkeiten, ma petite. Es kann nicht mehr viel schlimmer werden.«
»Sollte das beruhigend sein?«, fragte ich. »Un peu«, antwortete er. »Das heißt >ein bisschen<, richtig?«
»Oui, ma petite, vous dispose ä apprendre.« »Hör auf damit.« »Wie du wünschst.« Er senkte die Stimme zu einem verführerischen Flüstern, als wäre sie nicht sowieso die Stimme feuchter Träume. »Was hast du gerade getan, als ich heute aufgewacht bin?«
Ich hatte mein kleines Abenteuer im Krankenhaus schon fast vergessen. Jetzt überfiel mich die Erinnerung und trieb mir die Hitze ins Gesicht. »Nichts.«
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