Anita Blake 07 - Dunkle Glut
rechtfertigte sich. Oder sie hatte die Geschichte vielleicht schon zu oft wiederholt. Wahrscheinlich nicht. »Ich hätte dasselbe getan«, behauptete ich. Hätte ich vielleicht sogar.
Sie drückte mir die Hände und beugte sich ein wenig zu eifrig vor, während sie dem Kern der Geschichte näher kam. »Da war dieser Mann an der Bar. Er schien nett zu sein. Wir unterhielten uns, und er fragte mich, ob ich mich zu ihm setzen wollte. Ich habe ihm gesagt, dass ich auf meinen Freund warte. Er meinte, klar, wir würden uns nur unterhalten.« Sie sah wieder zu Boden. »Er sagte, ich hätte die schönste Haut, die er je gesehen hat.« Dann sah sie mich mit großen Augen an. »Ich meine, es war so romantisch.« Es war so einstudiert. »Erzählen Sie weiter.«
»Ich ließ mir einen Drink ausgeben. Ich weiß, das hätte ich nicht tun sollen.« Sie betupfte sich die Augen. »Ich fragte, ob er etwas dagegen hätte, wenn ich rauche, und er sagte nein.« Neben ihrem Ellbogen stand ein voller Aschenbecher. Weder Dolph noch Zerbrowski rauchten, also war Klein Vicki schon fast ein Kettenraucher.
»Er legte einen Arm um mich und beugte sich zu mir, um mich zu küssen, wie ich glaubte.« Ihre Tränen rollten schneller, sie krümmte sich ein bisschen zusammen, ihr Rücken bebte. »Er hat mich gebissen, in den Hals. Ich schwöre, ich hatte bis dahin nicht gemerkt, dass er ein Vampir ist.« Sie sah mir aus nächster Nähe in die Augen, sie bebte vor Ernst.
Ich tätschelte ihren Arm. »Viele Leute können Vampire nicht von Menschen unterscheiden. Besonders nicht, wenn sie gegessen haben.« »Gegessen haben?« Sie sah mich verständnislos an. »Wenn ein Vampir mit Blut vollgesaugt ist, sieht er menschlicher aus.«
Sie nickte. »Oh.« »Was haben Sie getan, als er Sie gebissen hat?« »Ich goss ihm meinen Drink ins Gesicht und habe ihn mit dem Feuerzeug angezündet.« »Ihn? Den Schnaps oder den Vampir?« »Beide«, sagte sie. Ich nickte. »Vampire sind sehr leicht brennbar. Er hat ziemlich gut gebrannt, finden Sie nicht?«
»Ich wusste nicht, dass er so schnell in Flammen aufgehen würde«, sagte sie. »Kein Mensch brennt derartig schnell.« »Ja«, stimmte ich ihr zu, »kein Mensch.« »Ich fing an zu schreien und rannte von ihm weg. In dem Moment kam mein Freund herein. Die Leute riefen und schrien durcheinander. Es war schrecklich.«
Ich stand auf. »Das möchte ich wetten.«
Sie blickte mich an, vollkommen ernst, aber ohne Entsetzen über ihre Tat. Sie fühlte kein Bedauern. Plötzlich nahm sie meinen Arm, sehr fest, als könnte sie mir Verständnis abzwingen. »Ich musste mich doch schützen.«
Ich legte meine Hand auf ihre und lächelte. »Was brachte Sie auf die Idee, den Schnaps anzuzünden, nachdem Sie ihn damit begossen hatten?« »Mir fiel ein, dass Vampire vor Feuer Angst haben.«
»Wenn Sie einem Menschen Schnaps ins Gesicht schütten und anzünden, würde es nur so lange brennen, bis der Alkohol verbrannt ist. Eine fauchende Flamme und alles wäre vorbei. Ein Mensch würde Sie danach in Ruhe lassen, obwohl Sie ihn verletzt haben. Hatten Sie keine Angst. dass Sie den Vampir nur umso wütender machen?«
»Aber Vampire brennen sehr schnell, das haben Sie selbst gesagt«, erwiderte Vicki. Mein Lächeln wurde breiter. »Sie wussten also, dass er in Flammen aufgehen würde?« »Ja«, antwortete sie und knetete meinen Arm, als müsste ich ihre Zwangslage endlich begreifen.
»Ich dachte, Sie hätten es nicht gewusst, Ms Pierce«, sagte Dolph. »Ich wusste es auch nicht, bis er so brannte«, behauptete sie. Ich tätschelte ihre Hand. »Aber liebe Vicki, Sie haben eben noch gesagt, Sie wüssten, wie schnell er brennt.« »Aber das haben Sie zuerst gesagt.«
»Vicki, Sie sagten gerade, Sie hätten gewusst, er würde in Flammen aufgehen, wenn Sie ihn anzünden.« »Hab ich nicht.« Ich nickte. »Oh doch.«
Sie zog mir ihre Hände weg und richtete sich gerade auf. »Sie versuchen mich zu verwirren.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Vicki, das tun Sie ganz allein.« Ich rückte ein Stück von ihr ab, hielt aber Augenkontakt.
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte sie. Jetzt mischte sich ein bisschen Ärger in die Rolle des hilflosen Dämchens. »Welches Restaurant war das?«, fragte ich, als wäre ich nicht vor zwanzig Minuten noch da gewesen. Befragungen sind oft langweilig. »Wie?«
»Wie hieß die Bar?« »Ich weiß nicht mehr.« »Dolph?« »Landhaus der
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