Anita Blake 07 - Dunkle Glut
haben mit Perry gesprochen, aber ich will, dass Sie sich die Geschichte anhören, dann sagen Sie mir, was Sie davon halten.« Damit öffnete er die Tür. So war Dolph. er war nie dafür, seine Leute zu beeinflussen. Aber offen gesagt, war es diesmal ein bisschen zu abrupt. Ich hatte keine Zeit, mein professionelles Gesicht aufzusetzen. Ich bekam Augenkontakt mit der Frau, als ich mich von der Überrumpelung noch nicht ganz erholt hatte.
Vor mir sah ich zwei riesige blaue Augen, seidiges blondes Haar und feine Gesichtszüge, und groß war sie außerdem. Selbst im Sitzen war das zu erkennen. Sehr wenige Frauen können gleichzeitig groß und zierlich sein, aber sie schaffte das.
»Ms Vicki Pierce, das ist Anita Blake. Ich möchte, dass Sie ihr Ihre Geschichte vortragen.«
Ms Pierce richtete ihre großen blauen Augen auf mich, sie schwammen in Tränen - kullerten nicht, nein, aber sie glänzten. Sie betupfte sie mit einem Kleenex. Am Hals hatte sie einen Verband. »Sergeant Storr, ich habe Ihnen gesagt, was passiert ist. Mehr als einmal.« Eine einzelne Träne rollte über ihre Wange. »Ich bin so müde, und es war ein so traumatischer Abend. Muss ich wirklich alles noch mal erzählen?« Sie beugte sich zu ihm, die Arme schützend vor sich ausgestreckt, was ein bisschen flehend aussah. Viele Männer hätten dem lieblichen Druck ihrer Augen nachgegeben. Leider war das Schauspiel an Dolph verschwendet.
»Nur noch einmal für Ms Blake«, bat er. Sie sah an mir vorbei zu Zerbrowski. »Bitte, ich bin so müde.« Zerbrowski lehnte sich an die Wand. »Er ist der Boss.«
Sie versuchte es mit sämtlichen weiblichen Schlichen, aber es funktionierte nicht. Dann schaltete sie mit einem einzigen babyblauen Augenaufschlag auf schwesterliche Solidarität um. »Sie sind eine Frau. Sie wissen, wie das ist, wenn man völlig« - sie senkte vertraulich die Stimme - »allein unter so vielen Männern ist.« Sie blickte auf die Tischplatte, dann sah sie auf, und über ihre makellose Haut rollten echte Tränen.
Das war eine oscarreife Vorstellung. Ich hätte gern applaudiert, wollte es aber zuerst auf die mitfühlende Art versuchen. Für Ironie war später noch Zeit.
Ich ging um den Tisch herum zu ihr und lehnte mich mit dem Po an die Kante, ohne richtig zu sitzen. Ich war nur eine Handbreit von ihr entfernt, also ziemlich aufdringlich. Ich klopfte ihr auf die Schulter und lächelte, allerdings war ich keine so gute Schauspielerin, dass auch meine Augen lächelten. »Sie sind nicht mehr allein, Ms Pierce. Ich bin jetzt hier. Bitte erzählen Sie mir einfach, was passiert ist.«
»Sind Sie Anwältin?«, fragte sie.
Wenn sie einen Anwalt verlangte oder hartnäckig, schwieg, wäre das Gespräch zu Ende. Ich hockte mich Vor sie, nahm ihre zitternden Hände in meine und sah zu ihr auf. Einen mitfühlenden Blick bekam ich nicht hin, aber ich wirkte interessiert. Ich schenkte ihr meine ganze Aufmerksamkeit. Ich starrte in ihr Gesicht, als müsste ich es mir einprägen, und sagte: »Bitte, Vicki, ich will Ihnen nur helfen.«
Ihre Hände zitterten nun gar nicht mehr. Sie sah mich an wie ein Reh, das die Büchse gerochen hat und denkt, wenn es nur ganz still bleibt, würde die Büchse nicht schießen. Sie nickte, aber mehr für sich selbst. Sie fasste meine Hände, und ihr Gesicht war dabei ganz ernst.
»Ich hatte Probleme mit dem Wagen und bin auf der Barseite in das Restaurant gegangen, um zu telefonieren.« Sie senkte den Kopf, ohne mich anzusehen. »Ich weiß, ich hätte da nicht reingehen sollen. Eine Frau allein in einer Bar, das zieht immer Schwierigkeiten nach sich. Aber draußen war nirgends eine Telefonzelle.«
»Sie können hingehen, wo Sie wollen und wann Sie wollen, Vicki. Auch eine Frau hat das Recht dazu.« Ich brauchte mich nicht zu verstellen, um aufgebracht zu klingen.
Sie sah mich wieder an und musterte mein Gesicht. Ich konnte beinahe sehen, wie sich in ihrem Kopf die Rädchen drehten. Sie glaubte, sie hätte mich. Tja, sie war noch jung.
Ihre Finger schlossen sich um meine Hände, ein feines Zittern lief ihre Arme hinauf. »Ich habe einen Freund angerufen, damit er sich meinen Wagen ansieht. Ich gehe aufs College und habe nicht viel Geld, darum wollte ich nicht sofort eine Werkstatt anrufen, sondern erst, nachdem sich mein Freund den Wagen angesehen hätte. Ich hoffte, er könnte ihn vielleicht wieder in Ordnung bringen.«
Sie plapperte zu viel und
Weitere Kostenlose Bücher