Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis
beschweren.
Tlaloci bedeutete seinem Gott, mit ihm ein paar Schritte beiseitezutreten. Ich glaube, sie flüsterten über Dinge, dich ich nicht hören sollte. Wieso war es wichtig, ob ich sie hörte oder nicht? Was konnten sie zu bereden haben, das sie vor mir geheim halten mussten? Sie hatten mir gut gelaunt mitgeteilt, dass sie mich töten würden. Es war nicht gerade so, dass sie meine Gefühle schonen wollten. Was war also los?
Der Gatte der Roten Frau löste sein Zungenhalsband und gab es dem Priester. Er schnallte die Brustplatte ab und einer der Hautträger kam und nahm sie kniend von ihm entgegen. Er legte die Gedärme ab, und ein anderer Hautträger eilte herbei, um sie zu nehmen. Der »Gott« sprach keinen einzigen Befehl aus, er setzte voraus, dass jemand kommen und ihm zur Hand gehen würde. Er war reichlich arrogant, aber sein Ego war zerbrechlich. Es war nie mit der Außenwelt konfrontiert worden. Er war wie eine Märchenprinzessin, die im Elfenbeinturin aufgezogen wurde, nur von Leuten umgeben, die ihr ständig sagten, wie schön, wie klug, wie gut sie war, bis die Hexe kommt und ihren Fluch verhängt. Vielleicht konnte ich die Hexe sein.
Allerdings hätte ich beim besten Willen keinen Fluch verhängen können. Vielleicht konnte ich der Prinz sein, der kommt und das Opfer befreit. In dem Punkt war ich nicht wählerisch.
Der »Gott« trug einen Maxtlatl wie die Angestellten im Obsidianschmetterling. Aber seiner war schwarz und hatte schwere Goldfransen. Seine schwarzen Sandalen waren mit Türkisen besetzt, was mir angesichts der vielen abgetrennten Körperteile gar nicht aufgefallen war. Seltsam, wie viele Einzelheiten einem entgehen, wenn man Angst hat.
Er kam mit selbstsicheren Schritten zu mir zurück. Der Maxtlatl ließ den Unterkörper an den Seiten frei, eine hübsche Strecke Oberschenkel. Aber Sie wissen ja, wie es heißt: Wahre Schönheit kommt von innen.
»Ist das besser?«, fragte er in leichtem Ton, beinahe neckend, die Augen wieder sanftmütig und zufrieden, als wäre immer alles gut gegangen und er sähe nicht ein, warum das jetzt anders sein sollte. Itzpapalotl war arrogant gewesen, aber nicht friedfertig.
»Viel besser«, sagte ich. Ich überlegte, zu bemerken, wie gern ich mir halb nackte Männer ansah, aber ich wollte keinen allzu sexuellen Ton hineinbringen, solange es noch anders ging.
Er stellte sich neben mich. Die Augenlider waren noch an seinen Armen und blinzelten mich an, wahllos und fremd.
»Das ist eine große Verbesserung«, sagte ich. »An den Augenlidern an den Armen kann man wohl nichts machen, oder?« Er runzelte die Stirn. »Sie sind ein Teil von mir.« »Das sehe ich«, sagte ich. »Aber man braucht keine Angst davor zu haben.« »Wenn Sie das sagen.«
»Ich will, dass du mich kennst, Anita.« Es war das erste Mal' dass er meinen Namen nannte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er ihn kannte. Allerdings hatte Paulina ihn gekannt. Der Gatte der Roten Frau griff nach meinem Handgelenk und zog den kleinen Stift heraus, der die Handschellen zusammenhielt.
Der Hautträger, der noch auf der anderen Seite des Steil-ics stand, machte einen Schritt vor und zog ein Messer aus dein Gürtel. Ich erstarrte, unsicher, ob sie mir wirklich die Hand losketten würden.
Der »Gott« zog meine Hand aus der Fessel und hob sie an seine Lippen. »Berühre sie. Überzeuge dich, dass man sie nicht zu fürchten braucht.« Ich brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass er die Lider an seinen Armen meinte. Ich war erleichtert, dass er nichts unterhalb der Hüfte meinte, und nicht so glücklich, dass es um die Lider ging. Ich wollte sie nicht anfassen. Ich wollte nicht mit den abgetrennten Körperteilen anderer Leute in Berührung kommen, vor allem nicht, da diese Leute dabei am Leben gewesen waren.
Er nahm mein Handgelenk und zog es zu seinem Arm hin, aber ich machte eine Faust. »Berühre sie, Anita, sacht. Sie werden dir nichts tun.« Er begann, meine Finger aufzubiegen, und ich konnte nichts dagegen tun. Ich hätte mehr Widerstand leisten können, ihn ein oder zwei Finger brechen lassen können, aber am Ende würde ich das Kräftemessen verlieren. Also ließ ich ihn meine Faust öffnen. Ich wollte keine gebrochenen Finger, wenn es sich vermeiden ließ.
Er führte meine Hand über seinen Arm, und die Lider flatterten wie Schmetterlingsflügel gegen meine Haut. Ich zuckte bei jeder Berührung zusammen. Die Lider fühlten
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