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Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis

Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis

Titel: Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Schwester im rosa Kittel rannte in mich hinein. Sie schrie auf, warf sich an die Wand und starrte mich mit großen Augen an. Sie hatte in jedem Arm einen Säugling. Sie waren in diese kleinen Decken gewickelt, einer hatte sogar ein rosa Mützchen auf. Sie schrien quäkend mit dem Feueralarm um die Wette.
     
    Die Säuglingsschwester starrte mich an und brachte kein Wort heraus. Vielleicht wegen der Pistole, vielleicht hatten die Sprinkler noch nicht alles Blut abgewaschen. »Ist es auf diesem Stockwerk?«, schrie ich.
     
    Zuerst nickte sie nur, dann murmelte sie etwas. Ich musste mich dicht herabbeugen, um sie zu verstehen. »Im Säuglingssaal, im Säuglingssaal, im Säuglingssaal.«
     
    Ich hatte gedacht, mein Adrenalin könnte nicht noch weiter steigen. Ich hatte mich geirrt. Plötzlich fühlte ich das Blut durch meinen Körper strömen, spürte mein Herz wie einen schmerzenden Klumpen in der Brust. Ich riss die Tür auf, spähte mit schussbereiter Browning über den Flur. Nichts bewegte sich. Er war lang und hatte zu viele Türen. Der Alarm heulte weiter, er ging mir mächtig auf die Nerven, und trotz des Lärms konnte ich die Babys weinen hören.
     
    Ich zog das Telefon aus der Tasche, drückte den Knopf, den Ramirez mir neulich gezeigt hatte, und lief weiter dem Babygeschrei entgegen. Ramirez meldete sich. »Anita?«
     
    »Bin auf der Wöchnerinnenstation, 14. Stock. Eine Schwester sagt, das Wesen ist in der Säuglingsstation.« Ich kam an die erste Abzweigung. Ich warf mich an die gegenüberliegende Wand, ohne anzuhalten. Normalerweise bin ich an Ecken vorsichtiger, doch das helle Quäken klang schon näher und herzzerreißender.
     
    »Bin unterwegs«, sagte Ramirez. Ich legte auf und hatte den Apparat noch in der Hand, als ich
     
    um die nächste Ecke kam. In einem Fenster mit Drahtglas hing ein Mensch, ich konnte nicht sagen, ob Mann oder Frau, das Gesicht war wie Hackfleisch. Ich trat auf ein Stethoskop am Boden. Arzt oder Pfleger. Ich fühlte nicht nach dem Puls. Wenn dieser Mensch noch lebte, wusste ich ohnehin nicht zu helfen. Alles andere war zweitrangig. Eine letzte Tür, dann ein langes Fenster. Ich brauchte nicht rein zusehen, um zu wissen, dass dahinter der Säuglingssaal lag. Ich hörte die Babys schreien. Der Klang der verzweifelten Stimmchen brachte meinen Puls zum Rasen, erzeugte den Drang, hinzurennen und sie zu retten. Eine fest verdrahtete Reaktion, die ich bei mir nicht vermutet hätte. Sie ließ mich auf die Tür zueilen. Ich wollte das Telefon in die Hosentasche schieben, doch die Bisswunde an der Hand machte mich ungeschickt. Es entglitt mir, ich ließ es fallen.
     
    Der Türknauf ließ sich drehen, aber die Tür war nach ein paar Zentimetern blockiert. Ich stemmte die Schulter dagegen und sah jemanden am Boden liegen, einen Erwachsenen. Ich wich zurück und stieß mit Wucht, was den Spalt um weitere Zentimeter verbreiterte. Da schrie auch eine Frau, nicht nur die Babys. Ich bekam die Tür nicht weit genug auf. Verdammt!
     
    Dann zersplitterte die Scheibe unter dem Aufprall eines Körpers. Eine Frau schlug auf dem Boden auf und blieb blutend liegen. Ich ließ von der Tür ab und sprang zum Fenster. Am unteren Rand des Loches ragten messerspitze Scherben auf. Ich hatte beim Judo schon andere Höhen übersprungen, hatte das Fallen jahrelang trainiert. Ich spähte auf die andere Seite, um mich einer Sache zu vergewissern: Ich hatte Platz, die Plastikbettchen waren zur Seite geschoben. Ich nahm Anlauf, sprang und warf mich über den Splitterrand und rollte mich im Fallen ab. Ich hatte nur eine Hand frei, um den Aufprall abzufedern, doch ich wollte schussbereit bleiben. Ich nutzte den Restschwung, um auf die Füße zu kommen, bevor ich erfasst hatte, was in dem Saal los war.
     
    Zunächst nahm ich nur einzelne Dinge in mich auf. Ich registrierte die umgeworfenen Bettchen, ein winziges Baby, das wie eine zerbrochene Puppe dalag, mit einem Loch im Bauch, angefressen; Bettchen, die noch standen, blutverschmiert, in einigen verdrehte Leichen, andere leer; dann in der hintersten Ecke das Ungeheuer.
     
    Es hielt ein kleines Bündel fest. Winzige Fäuste fuhren durch die Luft. Ich konnte das Baby nicht schreien hören. Ich konnte gar nichts hören. Ich konnte nur sehen, wie sich dieses hautlose Gesicht über das Baby beugte. Meine erste Kugel durchschlug die Stirn, die zweite das Gesicht, als der Kopf noch vom ersten Aufprall nach hinten ruckte. Das Ungeheuer hob den Säugling vor sein

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