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Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis

Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis

Titel: Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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er die Foyertür auf. Bei unserer Ankunft war es mir dort düster vorgekommen, jetzt nicht mehr. Es war nicht gerade hell, aber auch nicht düster. Edward schob einen der Wandvorhänge beiseite, und dahinter war die Herrentoilette. Die stieß er auf, bevor ich protestieren konnte. Die Urinale waren unbesetzt, und ich war dankbar dafür. Die Lampen waren grell, ich musste die Augen zusammenkneifen.
     
    Edward drehte mich herum, sodass ich in den Spiegel blickte. Meine Augen waren ein festes, glänzendes Schwarz. Ohne Pupillen, ohne Weißes. Ich sah blind aus, konnte aber alles sehen, jeden Riss an der Wand, die kleinste Delle am Rand des Spiegels. Ich ging darauf zu, und Edward ließ mich gehen. Ich streckte die Hand aus, bis ich mein Spiegelbild berührte. Als ich das kalte Glas fühlte, zuckte ich zusammen, als hätte ich erwartet, hineingreifen zu können. Ich starrte auf meine Hände und konnte fast die Knochen sehen und wie meine Muskeln arbeiteten, wenn ich die Finger krümmte. Und ich sah das Blut fließen. Ich drehte mich um und sah Edward an. Ich musterte ihn bedächtig und bemerkte den kleinen Unterschied der Hosenbeine, wo der Messergriff aus dem Stiefel ragte. Da war eine schwache Erhebung am Oberschenkel, wo das zweite Messer steckte, und er konnte durch die Hosentasche greifen, um es zu ziehen. Die andere Hosentasche hatte einen kleinen Höcker. Da war vermutlich ein Derringer verborgen. Das war ein außerordentliches Sehvermögen. Fast wie bei einem Märchenzauberbei dem man durch Wände blicken kann.
     
    Wenn alle Vampire die Welt so sahen, konnte ich aufhören, meine Waffen zu verstecken. Aber ich hatte schon Vampire getäuscht, auch Meistervampire. Also sah Itzpapalotl die Welt so, nicht unbedingt auch andere.
     
    »Sag was, Anita.« »Ich wünschte, du könntest sehen, was ich sehe.« »Will ich gar nicht«, sagte er.
     
    »Die Garotte ist in deinem Hutband. Du hast ein Messer im echten Stiefel und noch eins am linken Oberschenkel. Du ;reifst danach durch die Hosentasche. In der rechten Hosentasche hast du einen Derringer.«
     
    Er wurde blass, das sah ich ebenfalls. Ich sah den Puls in seinem Hals schneller schlagen. Ich konnte die leichte Veränderung seiner Körperhaltung sehen, als ihn die Angst durchfuhr. Kein Wunder, dass Itzpapalotl mich so leicht durchschaut hatte. Aber diese Fähigkeit hätte für sie wie ein Lügendetektor wirken müssen. Alle Vampire und Wertiere nehmen sie wahr, die leisen Veränderungen an uns, wenn wir lügen. Selbst der Geruch ändert sich, sagt Richard. Warum konnte sie dann nicht feststellen, ob jemand log?
     
    Die Antwort kam mit einer Klarheit, die man sonst nur durch Meditieren erreicht. Sie konnte nichts erkennen, was sie licht selbst in sich hatte. Sie war keine Göttin, sie war ein Vampir, wenn auch anders als andere Vampire, aber mehr war sie nicht. Doch sie glaubte, sie wäre Itzpapalotl, die Personifizierung der Opferklinge, der Obsidianklinge. Sie belog sich selbst, und darum konnte sie bei einem anderen Lüge und Wahrheit nicht auseinanderhalten. Sie täuschte sich in kosmischem Ausmaß, und das schwächte sie. Aber ich würde nicht in den Saal gehen und ihr den Irrtum vorführen. Sie war bloß ein Vampir, aber ich hatte ihre Macht zu spüren bekommen, und ich wollte nicht auf ihrer Abschlussliste stehen.
     
    Jetzt, da ihre Macht durch mich wehte wie ein Wind, warm und nach unbekannten Blumen duftend, wollte ich ihr ihre Illusionen nicht nehmen. Seit Tagen hatte ich mich nicht mehr so gut gefühlt. Ich drehte mich wieder zum Spiegel hin. Meine Augen waren noch immer völlig schwarz. Ich hätte es mit der Angst kriegen und schreien müssen, aber ich hatte keine Angst, sondern dachte nur: toll.
     
    »Sollten deine Augen nicht langsam wieder normal werden?«, fragte Edward, und wieder spürte ich seine Beklommenheit.
     
    »Irgendwann, aber wenn wir wirklich Antwort auf unsere Fragen haben wollen, sollten wir wieder hineingehen und sie fragen.«
     
    Er nickte ein knappes »nach dir«, und ich begriff, dass Edward mich lieber nicht im Rücken haben wollte. Er glaubte, sie hätte mich unter ihrer Fuchtel. Ich machte keine Einwände. Ich ging als Erste hinaus und zurück in den Saal. Ich hoffte, dass Ramirez nicht versucht hatte, ihr Handschellen anzulegen. Das würde sie nicht mögen, und was sie nicht mochte, würde auch ihr Gefolge nicht mögen, und das bestand aus hundertzwei Vampiren. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Werjaguare sie hatte. Sie

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